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Öffentlicher RaumOranienplatz bleibt Zeltplatz

Friedrichshain-Kreuzberg will das Protestcamp der Flüchtlinge dauerhaft dulden. Doch die CDU fordert, die Grünfläche für die Anwohner freizumachen.

Das Flüchtlingscamp Anfang Januar Bild: dpa

Die Flüchtlinge am Oranienplatz in Kreuzberg können bleiben: "So wie die Sachlage aussieht, werden wir die Duldung verlängern", sagte der Grünen-Bezirksbürgermeister Franz Schulz am Dienstag im Gespräch mit der taz. Ursprünglich war die Duldung bis Ende Februar befristet. "Solange wir den Eindruck haben, dass es dort um den Kampf für ein besseres Asylrecht geht, sprechen wir die Duldung aus", so Schulz.

"Wir stimmen überein mit den Forderungen aus dem Camp, das Flüchtlingsrecht zu verbessern und die Behandlung von Flüchtlingen als Menschen zweiter Klasse zu beenden", so Schulz weiter. Für Änderungen beim Asylbewerberleistungsgesetz, der Unterbringung in Lagern und der Residenzpflicht sei der Bund zuständig. "Wenn man da eine Veränderung will, muss man das in Berlin machen, weil hier die politischen Entscheidungen fallen."

Vor zwei Wochen hatten Unterstützer der Flüchtlinge zu Sachspenden aufgerufen, die zum dauerhaften Campieren gehören: Zelte, Stoffe, Stromkabel, Folien, Matratzen, Bettwäsche, Schränke, Regale, Bücher, Musikinstrumente, Radios und Lautsprecherboxen.

Der Kreuzberger CDU-Chef Kurt Wansner will die Flüchtlinge vertreiben. Er stelle fest, "dass sich dort die bekannten linken Sympathisanten die Zeit vertreiben und ein paar Flüchtlinge als Alibi nehmen". Wansner verwies zudem auf die Residenzpflicht, die es Asylbewerbern verbietet, ihren Landkreis beziehungsweise ihr Bundesland zu verlassen: "Wir haben Asylgesetze, und die sind einzuhalten. Ich habe mich an die Gesetze dieses Landes zu halten, und jeder, der in diesem Land lebt, hat sich daran zu halten. Wir zwingen ja keinen, nach Deutschland zu kommen."

Spätestens zum Frühlingsbeginn müsse der Platz geräumt werden, fordert Wansner: "Die Anwohner haben ein Recht auf diese Parkanlage. Gerade in diesem Bereich gibt es nur sehr wenig Grün. Derzeit sieht es dort aus wie in einer Dreckhöhle, über die man nur den Kopf schütteln kann." Wansner hat zudem Strafanzeige wegen Untreue gegen das Bezirksamt erstattet, weil die Flüchtlinge den Platz kostenlos nutzen dürfen, anstatt dafür das nach Ansicht von Wansner vorgeschriebene Entgelt zu bezahlen.

Im Dezember hatten einige der Flüchtlinge eine ehemalige Schule in der Nähe des Görlitzer Parks besetzt, um eine kältegeschützte Unterkunft zu haben. Der Bezirk hatte zugesagt, dies bis zum Ende der Kälteperiode zu dulden. Um die weitere Nutzung haben sich rund 40 Projekte beworben, darunter ein Turnverein, eine Freie Schule und ein Pflegeteam. Auch die Flüchtlinge wollen einige Räume weiter nutzen, für einen Kindergarten und ein Café. Der Bezirk will die Anwohner entscheiden lassen. Unter den Flüchtlingen wird noch diskutiert, ob sie sich auf diesen Prozess weiter einlassen oder ob sie die Schule zur Not auch gegen den Willen der Anwohner und des Bezirks besetzt halten.

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14 Kommentare

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  • BV
    barbie vom balkan

    @ Barbar vom Balkan

     

    migrant? reichsdeutscher oder warum auf der "flucht" ?

  • T
    Tenedor

    @von Blueeyedevi

     

    Keiner fragt danach, diese Flüchtlinge bei Ihnen zu ein zu quartieren. Genau so wenig wie bei mir zu Hause. Schließlich arbeite ich für meine Miete und zahle Steuern. Würde ich gegen Arbeitlosigkeit demonstrieren, würde ich auch keine Suppenküche zu Hause einrichten. Und diese Leute würden auch gerne arbeiten. Dass die nicht faul sind, sieht man. Natürlich sind Gesetze Gesetze. Und natürlich, in einer Demokratie darf man auch gegen Gesetze protestieren und demonstrieren. Wenn kein Gesetz in Frage gestellt würde, dann wäre wohl die Sklaverei niemals abgeschafft. Und die Betroffenen machen davon einen Gebrauch. Und dabei stören sie nicht und machen keinen Schaden. Denn, die Leute, die hier sich dadurch gestört fühlen, meiden sowieso meilenweit Multi-Kulti alternative Bezirke wie Kreuzberg.

  • N
    nick

    @Blueeyedevil und viele andere:

    Es lässt sich ein Protest natürlich leicht dadurch verunglimpfen indem man Teilnehmden als Berufsdemonstranten oder ähnliches bezeichnet. Nur trifft dies in wohl den meisten Fällen einfach nicht zu. Gerade im Camp und der Schule habe ich sowohl Deutschunterricht als auch beispielsweise Theaterpädagogische Kurse gesehen die freiwillig und ungeldlich angeboten wurden. Da man helfen möchte.

    Als Fotograf weiß ich auch genug Halb- und Vollprofessionelle FotografInnen die viel Zeit in die Dokumentation gesteckt haben, ohne viel Geld für die Veröffentlichung gesehen zu haben. Es ging ihnen darum den Protest öffentlich zu zeigen und dadurch ihre Solidarität zu zeigen. Aber wie soll man auch von solchem Einsatz erfahren wenn man sich nicht vor Ort begibt? Es wird ja nur über jede Demo berichtet und weniger über den alltäglichen Kampf vor Ort.

     

    Zu dem Thema der Gesetze:

    Wohl jedes Land der Welt hat Gesetze. Gesetze sind einfach ausgedrückt allgemeine Regeln die in einem komplizierten Aushandlungsprozess zwischen den Herrschenden und in kleinem Prozentsatz auch Beherrschten entstehen. Dabei haben manche Menschen mehr Einfluss auf andere. Somit muss es nicht bedeuten, dass eine Mehrzahl das Gesetz für gut bedeutet noch dass dieses Gesetz gerecht, fair oder menschenwürdig ist. Es gibt genug Gesetze in vielen Ländern die wir mit unserem moralischem Verständnis als menschenverachtend einschätzen wollen. Dazu zählt wohl z.b. die Inhaftierung von Oppositionellen in Kuba. Nach der hier vorherrschenden Argumentation sind die Gesetze aber rechtens und gerecht. Es sind ja Gesetze. Und Gesetze sind immer dazu da um Menschen zu läutern. Und diese in Kuba dazu um die Regimegegner zu läutern. Ich hoffe mein Punkt wurde klar. Jedes Gesetz muss immer kritisch betrachtet und reflektiert werden. Und bei der Asylbewerbergesetzgebung in der BRD muss diese ganz massiv kritisiert werden da es sich um rassistische, nämlich aufgrund der Herkunft kategorisierende und diskriminierende, Gesetze handelt (etwas verkürzt dargestellt). Und um das bekannte Zitat von Berholt Brecht zu bemühen: „Wo Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht“ gibt es auch das Recht auf Überschreiten der Gesetze um höhere Rechte (z.B. Artikel 1 des Grundgesetzes oder Menschenrechte) zu verteidigen. Nur gibt es für dieses Recht zum Widerstand keine Gesetzesgrundlage. Daher muss dieses durch Moral legitimiert werden.

     

    Ich würde mich freuen wenn Antworten auf inhaltlicher und keiner beleidigenden Ebene formuliert werden.

  • H
    hugo

    @ bluedevil: na dann mal her mit dem respekt! "Was mich nur immer stutzig macht...warum demonstrieren sie aber helfen den Flüchtlingen nicht direkt...lassen sie bei sich wohnen, lernen ihnen die deutsche Sprache und versorgen sie mit Geld. Dann hätte ich Respekt vor Ihnen..."

    es gibt viele leute die da praktische solidarität leisten: sie spenden essen, klamotten, geld etc. und -tolles beispiel- bieten auch sprachkurse an... Soliunterkünfte gibt es auch (leider zu wenig), aber für die grundversorgung von menschen gibt es ja das staatliche sozialsystem, und damit das seine aufgabe endlich wahr nimmt, gibts die demos ;-p

  • B
    Blueeyedevil

    @Tenedor

    es wäre ja langweilig kontrovers über diese Themen mit Gleichgesinnten zu diskutieren, sondern gerade die Debatte mit den linken multikulti Gutmenschen macht besonders Spaß.

    Was mich nur immer stutzig macht...warum demonstrieren sie aber helfen den Flüchtlingen nicht direkt...lassen sie bei sich wohnen, lernen ihnen die deutsche Sprache und versorgen sie mit Geld. Dann hätte ich Respekt vor Ihnen...aber immer nur fordern und demonstrieren...

  • BV
    Barbar vom Balkan

    @Tenedor

     

    Bekommen Sie den Satz auch in anständigem deutsch hin?

    Das kann ich als Migrant ja besser!

  • T
    Tenedor

    Schön anzusehen, wie viele Rechte sich auf TAZ Webseiten tummeln, aber habt ihr wirklich kein eigenes Forum, um sich aus zu tauschen?

  • C
    cepaxx

    @hugo

    Tja hugo, zum einem sieht man an deinem Beitrag, das Poster tobi offenbar vollkommen recht mit seiner Aussage hat, zum anderen bliebe dir, wärest du Besitzer eines kleinen Ladens, eigentlich nur zu wünschen, dass deine Existenzgrundlage mal von Dieben heimgesucht wird, diese von der Polizei geschnappt werden und der Anwalt der Beschuldigten vor Gericht mit den Worten:

    „Diese Gesetze gegen Diebstahl sind irgendwie alt und rechts und haben deshalb für meine Mandanten keine Bedeutung“ einen Freispruch für die Angeklagten erwirkt.

    Anders werden solche Menschen wie du mit ihren anscheinend aus der Urgesellschaft stammenden Ansichten zu Recht und Gesetz wohl nicht geläutert.

  • H
    hugo

    Spannend dass sich bei diesem "reizthema" nur die üblichen stammtischparolenklopfer_innen zu wort melden... im kiez selber wird das camp von den meisten durchaus positiv gesehen. und ja, ein blindes pochen auf bestehende gesetze empfinde ich durchaus als dämlich, konservativ und häufig ziemlich weit rechts.... gesetze sind veränderlich, und die asylgesetzgebung der brd ist definitiv veraltet! schön dass es doch leute in der etablierten politik gibt, die das begreifen.

    weg mit abschiebung, residenzpflicht, arbeitsverbot und dem ganzen anderen staatsrassismus!

  • B
    Blueeyedevil

    Ich kann diese Aktion nicht verstehen.Ich bin dafür das verfolgte Asylbewerber in Deutschland so lange bleiben bis der Konflikt sich im Heimatland entspannt hat und diese wieder zurückkehren können.Ich dachte auch immer das eine politische Betätigung als Asylbewerber nicht gestattet ist. Warum werden die Asylbewerber nicht wieder in ihre Heime zurückgebracht um sich dort um ihr Asylverfahren zu kümmern.Meiner Meinung nach sollten die Asylbewerber auch zu allgemeiner Arbeit ähnlich wie die 1€ Jobs verpflichtet werden, es ist meiner Meinung nach schlecht gesunde erwachsene Menschen an einer geregelten Tätigkeit zu hindern. Diese Tätigkeit sollte auch angemessen honoriert werden.Ich finde auch die alte Regelung gut, das viele Bundesländer Gutscheine/Coupons ausgegeben haben anstatt Geld auszuzahlen.In vielen Gesellschaften aus denen die Asylbewerber kommen sind die Ehemänner absolutes Oberhaupt der Familie und entscheiden eventuell das Bier und Zigaretten eine höhere Priorität genießen als Lebensmittel, Obst, Gemüse und Babywindeln.

  • D
    D.J.

    Den Asylberwebern mache ich kaum einen Vorwurf, eher den deutschen üblichen Linksaußen-Hobbyrevoluzzer-Witzfiguren, die jene für Ihre Spielchen missbrauchen. Und dem Bezirksbürgermeister, der offenbar im ganz linken trüben Wasser fischen möchte.

  • RK
    Ralf K.

    „Refugees Revolution Bus Tour“- das sagt eigentlich schon alles.

    22 Städte werden in vier Wochen angefahren.

    Wer bezahlt eigentlich den ganzen Spaß?

    Die angeblich mittellosen und unterdrückten Flüchtlinge?

    Wohl eher nicht.

    Wie hier wieder das übliche halbseidene Berufsbetroffenen-Milieu Asylbewerber vor seinen Propagandakarren spannt, ist einfach nur widerlich.

    Und dass Herr Schulz als Vertreter des Staates sich offenkundig einen Dreck um Recht und Gesetz schert, setzt dem Ganzen noch die Krone auf.

  • T
    tobi

    "Wansner verwies zudem auf die Residenzpflicht, die es Asylbewerbern verbietet, ihren Landkreis beziehungsweise ihr Bundesland zu verlassen: "Wir haben Asylgesetze, und die sind einzuhalten. Ich habe mich an die Gesetze dieses Landes zu halten, und jeder, der in diesem Land lebt, hat sich daran zu halten. Wir zwingen ja keinen, nach Deutschland zu kommen."

     

    Das interessiert aber weder die Flüchtlinge, noch deren Unterstützer, noch Herrn Schulz und, ich vermute, auch nicht die Mehrheit der taz- Leser.

    Hier gilt ja das Pochen auf Einhaltung der Gesetze in den Augen etlicher Kommentatoren schon als "rechte Propaganda".

  • S
    Socke

    Entshceidne jetzt schon die Flüchtlinge über dne Kopf der anwohner was mit den Gebäuden da passieren soll?

     

    so machen die sich aber wirklich keine Freunde...