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Obdachlose im TiergartenGesucht wird: ein „Maßnahmemix“

Die Task Force Tiergarten soll Freitag starten. Sozialverwaltung kündigt mehr Geld für soziale Wohnhilfen für Obdachlose an.

Kein neues Phänomen, aber wieder in aller Munde: die Obdachlosen im Tiergarten Foto: dpa

Am Freitag soll die Task Force Tiergarten erstmals tagen – doch noch ist völlig offen, wie das Problem mit den Obdachlosen dort angegangen werden kann. Senatssprecherin Claudia Sünder sagte der taz am Mittwoch, sie sei „in gesundem Umfang“ optimistisch, dass es gelingen kann, die in dem Park campierenden Männer zu überreden, Hilfsangebote anzunehmen, etwa in Wohnungslosenunterkünfte zu gehen. Dies würde allerdings bedeuten, dass Angebote dieser Art ausgebaut werden müssen – eine Forderung, die Träger solcher Einrichtungen seit einiger Zeit stellen.

Das solle nun auch geschehen, sagte Regina Kneiding, Sprecherin von Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke), der taz. So seien im neuen Doppelhaushalt 2,5 Millionen Euro mehr für Notübernachtungsplätze, Unterkünfte für obdachlose Familien und mehr Sozialarbeit geplant. Allerdings wies Kneiding auch darauf hin, dass die meisten Obdachlosen aus dem Tiergarten als EU-Bürger keinen Anspruch auf staatlich finanzierte Unterbringung haben. „Eine Lösung für diese Gruppe zu finden wird nicht einfach.“

Der grüne Bürgermeister von Mitte Stephan von Dassel hatte kürzlich stadtweit für Aufregung gesorgt mit seiner Forderung, Obdachlose aus dem Tiergarten abzuschieben. Eine Lösung sei das nicht, so Sünder – weil es sich um EU-BürgerInnen handelt, die Freizügigkeit genießen. Auch juristisch gebe es wenig Handhabe: Wenn die Männer pöbeln, saufen oder Parks verunreinigen sei das zwar unschön, „aber kein Grund, sie festzunehmen“, so die Senatssprecherin. Dennoch sei die Polizei im Tiergarten präsent, jetzt auch „spürbar“. Zelte abräumen könne sie aber nur, wenn der Bezirk sie dazu ersucht. Das sei aber geplant, so dass „wir den BürgerInnen das Gefühl geben, man sorgt für Sicherheit und Ordnung.“

Mit der Task Force sollen die Senatsverwaltungen Inneres, Gesundheit, Soziales, Justiz sowie die betroffenen Bezirke Mitte und Charlottenburg-Wilmersdorf und die Polizei nach weiteren Lösungen für den Tiergarten suchen. In Neukölln geht man derweil seit einem Jahr andere Wege. Dort wurden bislang drei Mal obdachlose Menschen aus Rumänien und Bulgarien, die im Bezirk in Parks übernachtet hatten (insgesamt 62 Personen), mit Bussen zurück in ihre Heimat gebracht.

Dies geschehe natürlich auf rein freiwilliger Basis, erklärte Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) der taz. Das Vorgehen sei mit dem Landesflüchtlingsamt abgesprochen, die Menschen bekämen ein Nahrungspaket mit auf den Weg.

Giffey fordert eine gesamtstädtische Lösung. Die Zahl der Obdachlosen, die in Gruppen in Parks campierten, nehme seit einigen Jahren konstant zu. Man brauche einen „Maßnahmemix“ aus mehr Plätzen in der sozialen Wohn- und Kältehilfe, „aber auch Rückkehrhilfen für EU-Bürger“.

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3 Kommentare

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  • Die Soziale Wohnhilfe des Bezirks Mitte ist zuvörderst dabei, geflüchtete Menschen rechtswidrig obdachlos auszusetzen, denen nach Polizei- und Sozialrecht unstrittig ein Unterbringungsanspruch zusteht.

     

    Auch die Problemlagen von Menschen aus der EU lassen sich nicht dadurch lösen, das man ihnen - in den meisten Fällen gleichfalls rechtswidrig! - ein Dach über dem Kopf verweigert und sie stattdessen aus der Stadt hinausjagt.

     

    Zwar könnte man nach Einzelfallprüfung in wenigen Fällen evtl. Ausweisungen verfügen. Eine Wiedereinreisesperre wegen Wohnungs- und Mittellosigkeit gibt es nach EU-Recht aber nicht, die Menschen dürfen an nächsten Tag wieder kommen. Das grüne Geschwätz von Abschiebungen ist daher pure Propaganda.

    • @stadtlandmensch:

      Ein Erwerbsloser aus anderen EU-Ländern hat hier nur Ansprüche, wenn er hier zuvor hier sozialversicherungsrechtlich gearbeitet hat. Das lässt sich relativ leicht überprüfen.

       

      Ansonsten darf sich der EU-Ausländer hier für 3 Monate aufhalten, hat aber in dieser Zeit keinerlei Ansprüche. Den Nachweis über das Datum der Einreise hat der EU-Ausländer zu erbringen, lässt sich also ebenfalls schnell nachprüfen.

       

      Liegt nach dem Ergebnis der Prüfung kein Bleiberecht vor, ist das Heimatland zuständig. Sollte der Betreffende erneut wieder einreisen, geht das Ganze halt wieder von vorne los. Es ist jedoch nicht hinnehmbar, wenn der Staat ohne rechtliche Grundlage und gegen das EU-System Steuergelder verschwendet. Das damalige Versprechen lautete "keine Einreise in das Sozialversicherungssystem". Auch unsere Parks müssen sauber gehalten werden. Kritiker hatten vor dem Beitritt gewisser Länder vor dieser Entwicklung gewarnt.

  • Ganz überwiegende Teile des Senates übersehen oder verschweigen, dass es sich bei der EU-Freizügigkeit um eine ARBEITNHEMERfreizügigkeit handelt, nicht um eine Bettlerfreizügigkeit. Die Leute dürfen herkommen um sich einen Job zu suchen. In dieser Zeit haben sie keinen Anspruch auf Sozialleistungen gegen den deutschen Staat (einschließlich Unterbringung in einer Wohnungslosenunterkunft). Daher muss in solchen Fällen die sofortige Rückführung eingeleitet werden. Andernfalls werden nur weitere Pull-Effekte gesetzt. Dann reichen innerhalb kürzester Zeit auch die 2.000 Schlafplätze nicht mehr aus. Hier werden Steuergelder vergeudet. Es braucht eine gesamtstädtische Lösung uns zwar nicht nur auf freiwilliger Basis sondern auf Basis geltenden Rechts.