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OB-Wahl in KölnAbsolute Erleichterung

Ein klarer Sieg für Henriette Reker, die am Vortag niedergestochen worden war. Unklar ist allerdings, wann sie ihr Amt ausüben kann.

Mit ihr rückt erstmals eine Frau an die Spitze der Domstadt: Henriette Reker. Foto: dpa

Köln taz | Was für eine Wahl! Während im Kölner Rathaus am Sonntagabend die ersten Hochrechnungen verkündet wurden, wachte die Wahlsiegerin langsam aus dem künstlichen Koma auf. Der Rechtsextreme Frank S. hatte die designierte Oberbürgermeisterin Henriette Reker am Tag zuvor niedergestochen – aus fremdenfeindlichen Motiven. Reker hatte sich als Sozialdezernentin couragiert für die Unterbringung von Flüchtlingen eingesetzt.

Knapp 53 Prozent der Stimmen erhielt die 58-jährige Parteilose, SPD-Spitzenkandidat Jochen Ott kam gerade einmal auf 32 Prozent. Politiker quer durch die Parteien zeigten sich erleichtert über die absolute Mehrheit. Trotz der Empörung über die Messerattacke gaben nur 40 Prozent der Wähler ihre Stimme ab. Bei der letzten Wahl lag die Wahlbeteiligung noch bei knapp 50 Prozent. Noch ist unklar, wann Reker ihr Amt ausüben kann.

Reker ist in mehrfacher Hinsicht ungewöhnlich: nicht nur, dass mit ihr erstmals eine Frau an die Spitze der Domstadt rückt. Im Wahlkampf wurde sie zudem durch eine Jamaikakoalition aus CDU, FDP und Grünen unterstützt. Die Sozialdezernentin machte nie ein Geheimnis daraus, dass ihr Herz grün schlägt. Heikel für die Sozialdemokraten: Denn seit Frühjahr ist die hauchdünne rot-grüne Mehrheit im Kölner Stadtrat dahin. Nach der Wahl gibt es also erst mal Koalitionsverhandlungen.

Das Team um Reker appellierte an alle Parteien, die Genesung abzuwarten und sicherzustellen, dass die designierte Oberbürgermeisterin „sich persönlich an den politischen Weichenstellungen beteiligen kann“. Reker stellte sich ohnehin darauf ein, mit wechselnden Mehrheiten regieren zu müssen. Sie verkaufte es als Stärke, nicht an Parteitagsbeschlüsse gebunden zu sein. Doch das Tagesgeschäft dürfte beschwerlich werden. Die Grünen werden ihr sicherlich auch weiterhin den Rücken stärken.

Bleibt die Frage, inwieweit Henriette Reker die CDU hinter sich vereinen kann. Erstmals in ihrer Geschichte hatten die Kölner Konservativen keinen eigenen Kandidaten aufgestellt. Reker war ihnen nur in wenigen Punkten entgegengekommen, etwa bei der Ablehnung einer höheren Gewerbesteuer.

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