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OB-Wahl in Frankfurt (Oder)Frankfurt wird unabhängig

In der Oderstadt gewinnt der Einzelbewerber Axel Strasser überraschend den ersten Wahlgang. Nun muss er in die Stichwahl mit dem AfD-Kandidaten.

Axel Strasser und sein Team feiern ihren Erfolg in Frankfurt Foto: picture alliance/dpa | Patrick Pleul

Berlin taz | In Frankfurt (Oder) haben sich die Wählerinnen und Wähler dafür entschieden, frischen Wind ins Rathaus am Marktplatz ziehen zu lassen. Mit 32,4 Prozent der abgegebenen Stimmen gewann der parteiunabhängige Einzelbewerber Axel Strasser am Sonntag die erste Runde der OB-Wahl in Brandenburgs viertgrößter Stadt. Strasser liegt damit noch vor dem AfD-Bewerber Wilko Möller, der auf 30,2 Prozent kam. Beide ziehen damit in die Stichwahl, die am 12. Oktober stattfinden wird.

„Die Wähler wollen Veränderung in der Politik und in der Verwaltung“, sagte Strasser bei einer Wahlparty im Frankfurter Rathaus. Er forderte die Wählerinnen und Wähler von CDU und SPD auf, ihm bei der Stichwahl die Stimme zu geben. „Ich bitte alle demokratischen Kräfte in dieser Stadt, mich zu unterstützen.“

Eine Wahlempfehlung für Strasser wollte die CDU-Kandidatin Désirée Schrade zunächst aber nicht aussprechen. Sie verwies auf Gespräche, die nun stattfinden müssten. Schrade, die sowohl von Ex-Oberbürgermeister René Wilke, den Grünen sowie zahlreichen Einzelpersonen unterstützt worden war, lag mit 28,8 Prozent nur knapp hinter AfD-Mann Möller. Zum Einzug in die Stichwahl fehlten ihr 349 Stimmen.

Eine bittere Enttäuschung ist das Wahlergebnis für die SPD-Kandidatin Simona Koß, die auch von der Linken unterstützt wurde. Bei der Bundestagswahl im Februar lag die SPD in Frankfurt bei den Erststimmen noch auf Platz zwei, hinter der AfD, aber vor der CDU. Nun erreichte Koß mit 8,6 Prozent nicht einmal mehr ein zweistelliges Ergebnis. Als einzige der vier Kandidierenden lebt Koß nicht in Frankfurt, sondern in Prötzel im Landkreis Märkisch-Oderland.

Wirtschaft und Polen

Für den Wahlsieger Axel Strasser beginnt nun die zweite Runde seines Werbens um das Amt des Frankfurter Oberbürgermeisters. In der ersten Runde hatte er neben seiner Unabhängigkeit vor allem auf Wirtschaftsthemen gesetzt. „In Frankfurt wird viel gegründet“, sagte Strasser der taz im August und nannte als einen der Faktoren die Europa-Universität Viadrina. „Aber viele Gründungsideen wandern schnell ab, zum Beispiel nach Berlin.“

Als Referent bei der IHK Ostbrandenburg hat sich Strasser zuletzt um das Thema Unternehmensnachfolge gekümmert. Eine Aufgabe, die viel Kommunikation und Einfühlungsvermögen erfordert. „Meine Stärke ist das Netzwerken“, sagte er und verwies auf die „Casual Fridays“, ein Format der IHK, das Unternehmen, Existenzgründer und wirtschaftsfördernde Partner zusammenbringt.

Als OB will er auch die Zusammenarbeit mit dem polnischen Słubice voranbringen. „Viele Unternehmer sagen mir, dass ihr Radius wegen der Grenze nur ein halber ist.“ Axel Strasser, dessen Partnerin in Słubice eine Anwaltskanzlei betreibt und der auch Polnisch spricht, will aus diesem halben Radius einen ganzen machen. „Auf der polnischen Seite haben wir eine rasante wirtschaftliche Entwicklung, es gibt Wachstum und Innovation“, ist er überzeugt. „Diese Chance sollte man sich in Frankfurt, wo 4.000 Polinnen und Polen leben, nicht vergeben.“

Wilko Möller hat in seinem Wahlkampf dagegen ganz auf das Thema Sicherheit gesetzt. Nun will der AfD-Politiker, der bereits 2018 zur OB-Wahl angetreten ist, um die Stimmen der CDU werben.

Das allerdings scheint wenig erfolgversprechend zu sein. Auch wenn Désirée Schrade noch keine Wahlempfehlung abgegeben hat, hat sie sich im Wahlkampf deutlich von der AfD abgegrenzt und für ein tolerantes Frankfurt geworben.

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