Nutzungsrecht des Tempelbergs: Netanjahu will an Regelung festhalten
Israels Ministerpräsident will den Status quo am Tempelberg achten. In Tel Aviv demonstrierten tausende Israelis für die Wiederaufnahme der Friedensgespräche.
Mit dem Treffen in der jordanischen Hauptstadt sollte versucht werden, die Spannungen um den Tempelberg zu reduzieren, die seit Wochen in Israel und den Palästinensergebieten zu Unruhen führen. Diese entzündeten sich am Streit um die Nutzungsrechte des Geländes. Das Hochplateau in der Altstadt von Jerusalem, auf dem die Al-Aksa-Moschee und der Felsendom liegen, wird von Muslimen als Haram al-Scharif (das edle Heiligtum) und von Juden als Ort des zweiten jüdischen Tempels verehrt.
Die Palästinenser verdächtigen die israelische Regierung, die bisherige Regelung zur Nutzung des Tempelbergs verändern zu wollen, wonach Juden das Gelände zwar besuchen, dort aber nicht beten dürfen. Israel dementierte dies wiederholt. Netanjahu erneuerte nun sein Versprechen, an der bisherigen Regelung festzuhalten. Zudem sprach er sich für eine verstärkte Koordination mit der jordanischen Wakf-Stiftung aus, die für die Verwaltung der Al-Aksa-Moschee verantwortlich ist.
„Wir unterstützen den Ruf, die Ruhe sofort wiederherzustellen und alle erforderlichen Schritte zu unternehmen, damit die Gewalt aufhört, provokative Handlungen vermieden werden, und die Situation zur Normalität zurückkehrt, um die Aussicht auf Frieden zu befördern“, erklärte Netanjahu. Er hatte am Donnerstag in Berlin mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Kerry über die aktuellen Unruhen gesprochen, sich dabei aber unnachgiebig gezeigt.
Tausende demonstrieren für Friedensgespräche
Netanjahu erwähnte in seiner Erklärung nicht eine laut Kerry geplante Videoüberwachung des Tempelbergs. Der US-Außenminister hatte in Amman verkündet, dass Netanjahu dem „exzellenten Vorschlag“ des jordanischen Königs Abdullah II. zugestimmt habe, das Gelände rund um die Uhr per Kamera zu überwachen. Dies werde für „umfassende Sichtbarkeit und Transparenz“ sorgen und „jeden davon abhalten, die Unverletzlichkeit der heiligen Stätten zu stören“, sagte Kerry.
Unterdessen demonstrierten in Tel Aviv tausende Israelis am Vorabend des 20. Jahrestags der Ermordung des israelischen Ministerpräsidenten Jizchak Rabins für eine Wiederaufnahme der Friedensgespräche mit den Palästinensern. Zu der Kundgebung am Samstagabend auf dem Rabin-Platz fanden sich nach Angaben der Organisation „Peace Now“ rund 6.000 Menschen ein. Sie riefen im Chor „Israel, Palästina, zwei Staaten für zwei Völker“.
Rabin war am 4. November 1995 bei einer Friedenskundgebung von einem jüdischen Extremisten erschossen worden. Rabin hatte den Friedensprozess mit den Palästinensern maßgeblich vorangebracht, sein Mörder Jigal Amir wollte mit dem Attentat diesen Prozess torpedieren. Nach dem jüdischen Kalender fällt der Jahrestag der Ermordung auf dieses Wochenende. Sonntag und Montag sind große Gedenkveranstaltungen unter Beteiligung von Präsident Reuven Rivlin vorgesehen.
Im Westjordanland wurde derweil laut der israelischen Polizei erneut ein Palästinenser erschossen, der einen Wachmann mit einem Messer angegriffen hatte. Der Angreifer habe den Wachmann am Kontrollposten al-Dschalama nördlich von Dschenin attackiert, woraufhin das Sicherheitspersonal ihn erschossen habe, teilte die Polizei mit. Bei der seit Anfang Oktober andauernden Welle der Gewalt wurden bereits mehr als 50 Palästinenser und neun jüdische Israelis getötet.
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