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Notre-Dame feiert WiederauferstehungMacron als weltlicher Bauherr und Zeremonienmeister

Nach nur fünf Jahren wird die von einem Brand 2019 schwer beschädigte Pariser Kathedrale am Samstag wieder eröffnet. Das freut besonders Emmanuel Macron.

Zeremonienmeister Macron in Notre Dame Foto: Christoph Petit Tesson via reuters

Paris taz | Es geschah am 15. April 2019: Viele waren gerade von der Arbeit nach Hause gekommen oder noch unterwegs, als sie die schier unglaubliche Szenen auf ihren Telefon oder im Fernsehen sahen. Ein Großbrand, der die mitten in Paris auf der Seine-Insel Ile-de-la-Cité gelegene Kathedrale Notre-Dame zu zerstören drohte. Die Bilder des lodernden Feuers im Dach der Kathedrale haben sich buchstäblich ins kollektive Gedächtnis eingebrannt. Noch Jahre später reden die Augenzeugen davon.

Viele waren eigens gekommen, um dieses spektakuläre Flammeninferno anzuschauen, als müssten sie sich davon überzeugen, dass es wahr und wirklich war, weil ihnen die Idee, dass die Notre-Dame, symbolisch die Mutter der Stadt Paris, einfach so zerstört werden könnte, ganz und gar unglaublich erschien. Als dann auf dem lichterloh brennenden Dom die Flèche, der steil in den Himmel ragende Spitzturm wie ein Streichholz in sich zusammenstürzte, weinten sie.

Brandursache immer noch unklar

Die Bilder gingen um die Welt. Der Schock war immens, sowohl bei den Katholiken, die mit ansehen mussten, wie eine ihrer heiligsten Stätten ein Raub der Flammen wurde, aber auch weltweit über Frankreich hinaus bei unzähligen Menschen, für die Notre-Dame ein Symbol gotischer Baukunst und ein unersetzbarer Bestandteil des Kulturerbes darstellt.

Für die Touristen ist und war diese Wahrzeichen der Stadt an der Seine stets ein Muss. 13 Millionen Besucher pro Jahr, bis zu 45.000 täglich wurden gezählt, drei Mal so viel beim Eiffelturm.

Die Ursache des Brands ist trotz einer intensiven Untersuchung noch immer weitgehend ungeklärt. Eine unvorsichtig weggeworfene, aber noch glimmende Zigarette oder doch eher ein Kurzschluss bei Reparaturen auf dem Dach? Eine mutwillige Brandstiftung oder gar einen Terroranschlag haben die Behörden aufgrund ihrer Spurensuche ausgeschlossen. Dass sie dies der Öffentlichkeit aber schon wenige Stunden nach dem Brand, mitteilten, weckte sogleich Verdacht in Verschwörerkreisen und förderte wilde Gerüchte.

Macron hält sein Wiederaufbau-Versprechen

Schon am Tag danach meldete sich Staatspräsident Emmanuel Macron zu Wort, der von der Brandkatastrophe ebenso betroffen war wie die übrigen Landsleute. Er gelobte ihnen: „Wir werden die Notre-Dame wieder aufbauen, noch schöner als bisher. Und ich will, dass dies in fünf Jahren vollendet wird.“

Eine so kurze Zeit für die Wiederherstellung, das klang angesichts der enormen Schäden fast wahnwitzig. Aber in diesem Fall hat Macron doch einmal ein Versprechen gehalten: Fünf Jahre nach dem Brand kann die restaurierte Kathedrale am Samstagabend mit einer religiösen Feier und einer weltlichen Show mit prominenten Gästen aus aller Welt und Vertretern aller Konfessionen wieder eröffnet werden.

Etwa 50 Monarchen sowie Staats- und Regierungschefs wollen mit ihrer Präsenz zeigen, dass auch in ihrem Land die Notre-Dame ein Begriff ist und wie sehr ihnen am Wiederaufbau gelegen war. Auch Donald Trump, der eigentlich gar nicht eingeladen war, will dazu nach Paris kommen. Der noch amtierende US-Präsident Joe Biden lässt sich durch seine Gattin Jill vertreten.

Papst Franziskus kommt nicht zur Wiedereröffnung

Entschuldigen ließ sich Papst Franziskus. Der Grund: Er will ja eine Woche später die französische Mittelmeerinsel Korsika mit einem Besuch beehren. Doch die Beziehungen zwischen der betont laizistische Staatsführung und der Kirche sind nicht erst unter Macron gespannt.

So wurde gemunkelt, der Vatikan störe sich an der Art und Weise, wie sich der französische Präsident ins Rampenlicht stellen und den religiösen Charakter der Feier mit seiner weltlichen Zeremonie in den Hintergrund drängen wollte. Franziskus ließ daher zu Beginn der Zeremonie, und vor der Rede des Präsidenten auf dem Platz vor der Kathedrale, eine Grußbotschaft verlesen.

Auch für die weltweit übertragene Show am Abend scheinen diverse international bekanntere Stars abgesagt zu haben. Die Teilnahme von Paul McCartney wurde zunächst im Fernsehen gemeldet, dann wieder dementiert.

Wiederaufbau durch Spenden finanziert

Dass die Kathedrale in so kurzer Zeit wiederauferstehen kann, stellt eine außerordentliche Leistung dar, für die der „Bauherr“ Macron alle verfügbaren Talente einsetzen konnte. Vielleicht fiel es dem Präsidenten der Republik etwas leichter, so ehrgeizige Versprechen zu machen, weil es nicht seine Staatskasse war, die finanziell für die aufwändigen Arbeiten aufkommen musste, mit denen die Kathedrale „identisch“ wiederhergestellt werden musste.

Unter dem Eindruck des schrecklichen Brands wollten 340.000 Spender aus der ganzen Welt mit mehr als 800 Millionen Euro den Wiederaufbau finanzieren. Zu den Unternehmen, die mitmachen und sich so einen Namen als Mäzene machen wollten, gehörten namentlich die großen französischen Luxuskonzerne mit besonders großen Beträgen (mit 200 Millionen im Fall von Bernard Arnault von der Gruppe LVMH Moët Hennessy – Louis Vuitton SE).

Das Vorhaben stellte eine unglaubliche Herausforderung dar. Zwar blieb ein wesentlicher Teil der Fassade, vor allem die beiden Glockentürme und das Hauptportal, erhalten, und auch im Inneren konnte Unersetzbares vor der totalen Zerstörung gerettet werden: Die Hauptorgel, die meisten Statuen und die historischen Glasfenster.

Das ganze Ausmaß des Schadens musste zuerst erfasst werden, dazu wurde ein Roboter mit Kamera eingesetzt. Auch musste die ganze Umgebung auf der Ile de la Cité und jenseits des Seine-Ufers, die bei dem Brand mit Blei kontaminiert worden war, vor Beginn der Arbeiten zuerst gereinigt werden.

Chef des Wiederaufbaus war ein ehemaliger Militär

Danach konnten die Gerüste für den Wiederaufbau des Dachs und für die Renovierung des Innenraums aufgebaut werden. Als Chef des gigantischen Unterfangens ernannte Macron den früheren Generalstabschef der Armee, Jean-Louis Georgelin. Er kommandierte zusammen mit dem Chefarchitekten der Kirche ein Heer von Ingenieuren, Handwerkern, Stein- und Bildhauern, Designern und Spezialisten für Licht und Innenausstattung.

Er starb 2023 und erlebte so die Einweihung selber nicht. Es war seinem Stellvertreter und Nachfolger Philippe Jost überlassen, nun in den ersten Dezembertagen mit berechtigten Stolz einigen Medien das Ergebnis vorzuführen: eine wiedergeborene Notre-Dame in neuem Glanz und einem so hellen Inneren, wie man es seit dem Beginn vor acht Jahrhunderten nicht mehr gesehen hatte.

Rückblickend sagt er, dass es die wohl schwierigste Aufgabe gewesen sei, die mehr als tausend Eichen zu finden, um aus neu gefertigten Holzbalken nach den historischen Plänen den Dachstuhl zu konstruieren: „Das ist stabil, luftig und altert in bewundernswerter Weise. 800 Jahre hat das gehalten. Und wir haben das in identischer Weise nachgebaut, weil es so (wieder) auf lange Zeit halten wird. Der Erfindungsgeist der Kathedralenbauer war außerordentlich.“

Ab Montag ist nach einer ersten öffentlichen Messe die altehrwürdige, aber völlig renovierte Notre-Dame wieder zu besichtigen. Und dies übrigens gratis wie bisher.

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9 Kommentare

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  • Erst die Olympischen Spiele, jetzt Notre Dame: Macron versucht offenbar mit dem alten probaten Mittel - Brot und Spiele - von seinem Versagen als Präsident abzulenken. Quasi im Alleingang sein Land (Meine Wahlheimat) vor den rechten Bus zu werfen, dabei den Wählerwillen fleißig ignorieren, muss man ja auch erst mal hinkriegen.

    • @Minelle:

      Warum muss man über solche Dinge eigentlich immer irgendwelche Kommentare lesen, die von Missgunst triefen? Macron war als Präsident nicht schlechter als seine Vorgänger. Der "Wählerwille" alleine ist auch nicht immer der beste Ratgeber. Die einzelnen BürgerInnen haben von dem, was sie entschieden sollen, in einem modernen Staat zu wenig Ahnung. Dass es da eine Art kollektiver Intelligenz gäbe, ist ein hartnäckiges Gerücht, aber leider ein weit verbreiteter Irrglaube und Unsinn. Aus diesem Grund übernehmen in repräsentativen Demokratien Profis das Geschäft. Dass da vielen vieles nicht passt, ist normal. Dass sich viele trauen, dagegen offen zu protestieren, nur ein Zeugnis davon, dass sie in einem ziemlich liberalen Staat leben. Wobei genau hätte Macron angeblich versagt?

      • @Aurego:

        Welche eine hehre Verteidigung der Demokratie. Und natürlich, wie Macron auch selber sagt, er hat nirgendwo versagt, das Volk hat ihn nur nicht verstanden.

      • @Aurego:

        Gönnt da eineR den MitbürgerInnen keine Mitsprache, traut den MitbürgerInnen nicht über den Weg und glaubt sich von individueller Intelligenz gesegnet? Letzteres vielleicht nicht so ganz, wenn eineR sich lieber von den von WahlgewinnerInnen Ausgewählten regieren lässt, als mitzubestimmen.

        Repräsentative DemokratInnen sind als PolitikerInnen Profis ihres Geschäfts (und verdienen damit nicht schlecht). Das heißt aber nicht, dass sie von dem, was sie entscheiden sollten, viel Ahnung hätten. Da kann man getrost von weniger ausgehen, da selbst sogenannte FachpolitikerInnen, (i) komplexe Themenfelder nicht überblicken können, (ii) oft über keinerlei relevante Fachausbildung und -erfahrung verfügen und (iii) die vermeintliche Fachkompetenz oft offensichtlich erst der Ernennung zur/m FachpolitikerIn auf dem Fuß folgt.

  • 5 Jahre und nur 700-800 Millionen. In dieser Zeit wäre in D noch nicht Mal die Baugenehmigung erteilt. Und die Kosten lägen schon doppelt so hoch.

    Gratulation an Frankreich.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Nur 700-800 Millionen Euro in 5 Jahren für den Wiederaufbau eines in Stein gegossenen Monuments klerikaler Bevormundung und weltlicher Herrschaft. Davon hätte man in zentraler Lage viele Sozialwohnungen bauen können, um mal ein Zeichen gegen die Ghettoisierung der ärmeren Bevölkerung in den Pariser Vorstädten zu setzen. Frankreich verfügt über andere herausragende und historisch bedeutsamere Beispiele gotischer Sakralbauten und könnte auf Notre-Dame verzichten. Die Chance wurde vertan, weil Politik, Kirche, Stadt, Wirtschaft und Medien sich diese Gelegenheit fürs Marketing nicht entgehen lassen wollten. Macron kann sich doppelt freuen: (i) Mit dem Wiederaufbau bekommt er doch noch seine präsidiale Gelegenheit eine architektonische Landmarke zu setzen, auch wenn die im Vergleich zu Mitterrands La Defense und Nationalbibliothek mickrig ausfällt. (ii) Er kann hoffen, bei den französischen WählerInnen ein paar Promille an Zustimmung zurückzugewinnen.



      Armes Frankreich !

      • @Stoersender:

        Der Wiederaufbau wurde durch Spenden aus aller Welt finanziert.

        Das Geld hätte nicht für Sozialwohnungen zur Verfügung gestanden.

        Und Notre-Dame steht eben auch für die Leistungen der Menschen vor 800 Jahren. Darunter viele Arme.

        • @warum_denkt_keiner_nach?:

          Warum denkt keiner nach?



          Weil er denkt, einmal gedacht reicht völlig aus?

          Gab es einen Zwang, das Geld für den Wiederaufbau von Notre-Dame zu spenden? Hätten die Hauptspender, französische Milliardärsfamilien, keine Wahl gehabt?

          Wenn Notre-Dame für irgendetwas steh, dann für die Macht seiner Bauherren. dalso der Kirche und dem König, dann noch für die Kaiserkrönung Napoleons I. und damit dem Ende der 1. Französischen Republik, aber ganz sicher nicht für Bettelleistungen der Armen.

          • @Stoersender:

            „ Gab es einen Zwang, das Geld für den Wiederaufbau von Notre-Dame zu spenden?“



            Gab es nicht, haben die Menschen aber. Wenn die für die gespendeten Gelder für den Wiederaufbau der Kirche nicht verwendet werden nennt man das Betrug.