piwik no script img

Nothilfe für SyrienNicht nur aus Nächstenliebe

Jürgen Gottschlich
Kommentar von Jürgen Gottschlich

Mit gut 1,7 Milliarden Euro ist Deutschland bei der Hilfe für Syrien dabei. Langfristige Lösungen sind für die Menschen allerdings nicht in Sicht.

Zerstörte Gebäude in Duma, einem östlichen Bezirk von Damaskus Foto: Omar Sanadiki/reuters

D ie Not ist kaum vorstellbar. Millionen Menschen sitzen in den Trümmern ihrer früheren Existenz ohne Möglichkeit, sich selbst zu versorgen, ohne medizinische Hilfe, von Schule oder Ausbildung ganz zu schweigen. Vielen fehlt sogar Brot und Wasser. Mit Unterstützung der EU sammeln die Vereinten Nationen nun zum fünften Mal Geld für Nothilfe in Syrien und den umliegenden Ländern, wo viele syrische Flüchtlinge leben.

Die UN spricht von 10 Milliarden Dollar, die notwendig wären, doch schon bei der letzten Runde kam nur die Hälfte dessen zusammen, was notwendig gewesen wäre. Dass es so schwierig ist, Geld für Syrien aufzutreiben, liegt nicht nur daran, dass nach zehn Jahren Bürgerkrieg die Aufmerksamkeit der Welt längst anderen Tragödien gilt, sondern auch an der heiklen politischen Situation, die mit der Hilfe verbunden ist.

In dem größten Teil des Landes, den Baschar al-Assad mittlerweile wieder kontrolliert, wird die Nothilfe über das Regime abgewickelt. Da der Westen Assad keine Hilfe beim Wiederaufbau zugesteht, sollen nur Lebensmittel und Medikamente verteilt werden. Die akute Not wird damit zwar gelindert, aber eine Hilfe zum Aufbau neuer Existenzgrundlagen wird nicht geleistet. Die westlichen Gebernationen binden eine politische Lösung an den Wiederaufbau.

Assad verweigert sich dem Druck. Lieber lässt er seine Bevölkerung im Elend verharren. Auch in den Gebieten, die noch von sogenannten Rebellen kontrolliert werden, ist es schwierig. Die Macht liegt entweder in den Händen von extremen Islamisten oder der Türkei, die einige Gebiete in Nordsyrien besetzt hält. Will man diese Zustände unterstützen?

Es ist ein schwerwiegendes Dilemma. Dennoch bleibt insbesondere der EU derzeit keine Alternative zu den Zahlungen für humanitäre Hilfen. Nicht aus Mitmenschlichkeit, oder jedenfalls nur zum Teil, sondern vor allem aus der Angst, dass sich sonst wieder vermehrt Verzweifelte auf den Weg nach Westen machen. Um das zu verhindern, lässt Deutschland gut 1,7 Milliarden Euro springen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Jürgen Gottschlich
Auslandskorrespondent Türkei
Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Sorry, aber das ist doch totaler Humbug. Wie wollen die Geberländer sicherstellen das nicht zusätzliche Mittel das Assad-Regime unterstützen. Die Zivlisten bekommen maximal ein paar Brosamen.