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Norwegischer PensionsfondsErneuerbare statt Fossiles

Neue Auflagen für den größten Staatsfonds der Welt: Er soll weniger in kohlelastige Unternehmen und dafür mehr in grüne Firmen investieren.

Der Fonds wird künftig das Doppelte in „grüne Infrastruktur“ investieren Foto: dpa

Stockholm taz | „Einen gelungenen Frühjahrsputz“ nennt Anja Bakken Riise, die Vorsitzende der norwegischen Umweltschutzorganisation „Framtiden i våre hender“, den Beschluss, den die Regierung in Oslo am Freitag fasste. Das Großreinemachen, was Aktien des Pensionsfonds in der Fossilbranche angeht, geht nämlich in die nächste Etappe.

Der auch „Ölfonds“ genannte größte Staatsfonds der Welt bekam neue Auflagen, die dazu führen werden, dass er sich von Anteilen in Höhe von umgerechnet 4 Milliarden Euro in der Kohlewirtschaft trennen muss.

Schon bislang waren dem Fonds Firmen, die mehr als 30 Prozent ihrer Einkünfte mit Kohle generieren, nicht mehr erlaubt. Jetzt wird diese Grenze mit zwei neuen Kriterien ergänzt: Es fliegen auch die Unternehmen aus dem Fonds, die jährlich mehr als 20 Millionen Tonnen Kohle für Kohlekraftwerke produzieren oder über 10.000 Megawatt Kohlestromkapazität haben. Ersteres trifft internationale Grubenkonzerne wie Glencore, Anglo American oder BHP Billiton, Letzteres beispielsweise RWE und Uniper.

Datum für die allerletze Kohleaktie

Der Fonds ist damit zwar noch immer nicht ganz kohlefrei, aber er steigt aus drei Viertel der von ihm bislang mitfinanzierten Kohleproduktion aus. „Es hätte gerne mehr sein können“, sagt Martin Norman von Greenpeace-Norwegen.

Vor allem sollte Oslo ein Datum beschließen, bis zu dem auch die letzte Kohleaktie verkauft sein muss. Die Festlegung konkreter Produktionsgrenzen anstelle bloßer Prozentzahlen stopft ein bisheriges Schlupfloch, das der Verwaltung des Fonds ermöglicht hatte, Kohleaktien neu zuzukaufen. So hatte der Fonds im vergangenen Jahr seine RWE-Anteile mehr als verdoppelt.

Die Richtung, wenn auch nicht unbedingt das Tempo stimmt nach Einschätzung der Umweltorganisationen auch bei einem weiteren Beschluss der Regierung. Bislang hatte der Fonds das Mandat, bis zu 6 Milliarden Euro in nicht an der Börse gehandelte Firmen zu investieren, die „grüne Infrastruktur“ – etwa erneuerbare Stromproduktion – aufbauen. Diese Grenze wurde jetzt auf 12 Milliarden oder maximal 2 Prozent des Fondsvermögens verdoppelt.

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6 Kommentare

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  • Schon irre - der staatliche Fonds wäscht sich moralisch rein von dem 800 Mrd. Finanzstock aus Der Gas- und Ölförderung, der ihn erst ermöglicht hat.



    Norwegen ist nach innen ein „Saubermann“, was CO2 angeht, intern verbraucht wird fast nur Strom aus Wasserkraft, e-Autos werden so hoch subventioniert, dass tatsächlich 50% der Neuzulassungen schon heute e-Autos sind - aber keiner spricht über das offensichtliche andere Gesicht Norwegens: 70% des Exportvolumens stammen aus Gas- und Ölexporten, ohne diese würde die Wirtschaft schlicht zusammenbrechen - Norwegen ist knietief im Business fossiler Brennstoffe, und nur das sichert den Wohlstand der NorwegerInnen.

    Deutschland deckt 30% seines Gasverbrauchs mit norwegischem Gas. Ja, es wird in Deutschland verbrannt, und uns wird das CO2 zugerechnet - profitieren tut davon aber Norwegen. Etwas überspitzt kann man sagen, dass Norwegen der Drogendealer ist der selbst clean ist: „Don‘t get high on your own supply“ - innen wasserkraft und e-Autos, für den Rest der Welt norwegisches Öl und Gas.

    Wenn Norwegen aber wirklich die Welt retten oder Vorbild sein will, dann sollte es aufhören Öl und Gas zu fördern - denn es wird nur gefördert um es zu verbrennen. Ob das in Norwegen oder anderswo passiert ist dem Weltklima egal. Nur mit einem „sauberen“ Staatsfonds macht man sich nicht tatsächlich sauber, und Norwegen und die NorwegerInnen wird auch nie Leistungslos nur von Kapitalgewinnen des Fonds leben können. Das ist wieder zu 95% ein Greenwashing Märchen.

    Auch die ölfinanzierten Staatsfonds der Saudis diversifizieren ihre Portfolios, klar, denn kapitalistisch gesehen heisst Dekarbonisierung zumindest langfristig weniger Geld aus dem Geschäft mit Öl und Gas. Das ist aber kein ökologischer Tripp, sondern ein rein ökonomischer.

    • @hup:

      Schon irre - wir blasen den Dreck ja nur deswegen in die Luft, weil diese Schweine ihn an uns liefern.

      • @Gregor Tobias:

        Nein, liefern müssen sie nichts - es ist die Wahl der Norweger fossile Brennstoffe zu fördern - sie wollen Geld damit verdienen. Das ist eine Wahl. Natürlich liefert es dann jemand anders wenn Norwegen es nicht tun - aber das kann an immer sagen: wir tun das böse, sonst tut es jemand anders - das Mantra aller Waffenexporteure...

        Nur wenn man das Weltklima retten will, dann kann man nicht die Kohlenwassestoffe fördern und liefern die gerade das Klima kaputt machen.

        Ich hab noch nicht mal was dagegen, dass Norwegen Öl und Gas liefert. Was lächerlich ist, das ist das Saubermann-Image Norwegens und seine angebliche Vorbildfunktion. Um das aufrecht zu erhalten muss man wirklich alle offensichtlichen Widersprüche des Öl- und Gasförderlands ignorieren.

    • @hup:

      Richtig!



      Und wenn Sie dann noch die aktuelle Spiegel Geschichte zum Thema Tesla (meistverkauft in Norwegen) anschauen, mit dem Resultat, dass man als Tesla Käufer quasi andere CO2-Schleudern weiterhin möglich macht.... es kann einem nur noch schlecht werden bei dieser Scheinheiligkeit.

      www.spiegel.de/wir...del-a-1261689.html

  • Was für unglaubliche Pharisäer!



    Sie leben davon, das sie ÖL verkaufen, aber das kaufen ja die anderen, sie selbst spielen lieber grünes Vorzeigeland. Und die Umweltorganisationen klatschen noch dazu.

    • @el presidente:

      Haben sie sich schon jemals mit erneuerbarer Energie und ihrer Verbreitung beschäftigt?