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Nötigungsvorwurf gegen Ex-PolizeichefStrobl kürzt Beamtensold

Baden-Württembergs Innenminister sanktioniert den suspendierten Polizeiinspekteur – und ist offenbar optimistisch, ihn ganz loszuwerden.

Von Staatsdienern wird ein Verhalten gefordert, dass das Vertrauen in das Amt nicht schädigt Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Stuttgart taz | Das baden-württembergische Innenministerium verhängt gegen den ehemals höchsten Polizisten des Landes vorläufig die beamtenrechtliche Höchststrafe. Andreas Renner, 51, der im Juli letzten Jahres vom Amtsgericht Stuttgart vom Vorwurf der sexuellen Nötigung einer ihm untergebenen Polizeibeamtin freigesprochen wurde, wird nun offiziell mit sofortiger Wirkung des Dienstes enthoben. Bisher war der damalige Polizeiinspekteur nur suspendiert. Dabei wird ihm der Beamtensold in erheblichem Umfang gekürzt. Laut Gesetz kann diese Kürzung bis zu 50 Prozent betragen.

Renner war nach Bekanntwerden der Vorwürfe im November 2021 bereits vom Dienst beurlaubt worden, hatte aber weiter seinen Beamtensold von fast 8.500 Euro brutto erhalten. Nach seinem Freispruch kündigte das Innenministerium jedoch gleich an, ein Disziplinarverfahren gegen Renner weiterzuführen, um mögliche nichtstrafbare Dienstvergehen des Polizeiinspekteurs zu prüfen. Dafür wurden zwei Richter an das Ministerium abgeordnet.

Das Beamtenrecht verlangt von Staatsdienern ein Verhalten, das das Ansehen und Vertrauen in das Amt, das sie ausüben, nicht schädigt. Das Strafverfahren gegen den ehemaligen Polizeiinspekteur hatte ergeben, dass Renner in der Vergangenheit Nacktbilder von sich in sexuellen Posen an untergebene Polizeibeamtinnen verschickt hatte. Zudem hatte er Kolleginnen im Innenministerium nach deren Aussagen offen sexuelle Avancen gemacht.

Im Untersuchungsausschuss des Landtags war zudem eine Anekdote aus seiner Zeit als stellvertretender Chef des Landeskriminalamts bekannt geworden. Während die Corona-Maßnahmen Kontakte einschränkten, hatte Renner offenbar in seinem Büro mit Kollegen eine Party gefeiert. Eine Beamtin, die die leeren Flaschen entsorgte, war von einer Polizeistreife zu Rede gestellt worden.

Verfahren wegen Bestechlichkeit

Die jetzige Entscheidung sei das Ergebnis der bisherigen Ermittlungen im Disziplinarverfahren, erklärte das Innenministerium, das offenbar optimistisch ist, Renner am Ende ganz aus dem Beamtenverhältnis entfernen zu können. Auf das Ermittlungsergebnis der Staatsanwaltschaft Stuttgart wollte das Ministerium offenkundig nicht warten.

Dort läuft noch ein Verfahren wegen Bestechlichkeit. Renner soll in einem Videotelefonat der Beamtin, die gegen ihn die Vorwürfe der sexuellen Nötigung erhoben hatte, berufliche Vorteile in Aussicht gestellt haben, falls sie eine sexuelle Beziehung mit ihm eingehe. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart prüft eine Anklage inzwischen seit fast einem Jahr.

Die Opposition von FDP und SPD hatte längst gefordert, Renner zumindest vorläufig die Bezüge zu kürzen, und warf dem Innenminister Untätigkeit vor. Renners Strafverteidigerin bezeichnete die Disziplinarmaßnahme als „rein politische Entscheidung“, die jeglicher rechtlichen Grundlage entbehre. Renner hat dagegen beim Verwaltungsgericht Klage eingereicht.

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7 Kommentare

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  • A.R. war, wie u. a. Der jetzige Staatssekretär im Justizministerium Baden-Württemberg Siegfried Lorek und der Landtagsabgeordnete Gehring Mitglied des Arbeitskreises Polizei bei der CDU.

    Dieser Kreis hatte (und hat) extremen Einfluss auf die eigentlichen Entscheidungsträger - in diesem Fall der Innenminister Strobl. Lorek galt als Stimmenfänger bei Polizei, Justiz und Feuerwehr und wurde, als gelernter Polizist, mit der Stelle bei der Justiz. Also nochmal: ein Polizist gibt im Justizressort den Ton an. Eigentlich undenkbar, in Stuttgart kein Problem.

    Und aus diesem AK Polizei heraus wurden auch die Spitzenämter bis hin zum Inspekteur besetzt. Man kennt sich, man hilft sich.

    Der frühere Präsident des LKA in Stuttgart kämpfte vergeblich dagegen ein. Ralf Michelfelder warte früh vor A.R. und belegte seine fehlende Qualifikation als Vizepräsident.

    Wie sich heute zeigt zurecht, denn im LKA machte er vor allem durch regelmäßige Saufgelage von sich reden. Als es um die Stelle des Inspekteurs ging, war das alles kein Thema mehr.

    Die fachliche Qualifikation war noch immer nicht vorhanden, der Durst war geblieben.

    Hoffentlich bereitet das Disziplinarverfahren dem Spuk ein Ende.

  • Wie wird man in vergleichsweise so jungen Jahren der ranghöchste Polizist der Landespolizei Baden-Württemberg? Er ist jetzt 51, vor drei Jahren war er dann 48 und schon im Amt. Ist (oder war) er ein Genie oder wars Protektion aus der Politik?

    • @Offebacher:

      Innenminister Strobl, CDU, hat sich seit Aufkommen der Vorwürfe gegen A. R. massiv von diesem distanziert - zuvor galt er als dessen Förderer. Strobl brachte sich auch durch die heimliche Weitergabe eines Schreibens des Anwalts von A. R. Ende 2021 an eine Zeitung selbst in die Nesseln.

      • @Janix:

        Danke für die Info.

  • Naja, Arbeitsrecht schützt vor Willkürkündigung. Vor dem Abschluss des Disziplinarverfahrens wird man eigentlich keinen Schnellschuss machen wollen.



    Und doch klingt dies wie beschrieben wie nicht ok.



    Und ihn zu etwas weniger Sensiblem versetzen und mit viel Verhaltensstraining?

    • @Janix:

      Es gibt im Beamtenrecht die Treupflicht:

      Der Beamte hat sich sowohl innerhalb als auch außerhalb des Dienstes so zu verhalten, dass sie der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, das ihr Beruf erfordert.

      Dem nach haben sie alles zu unterlassen, was dem Ansehen des Staat es, der Dienstbehörde oder dem Berufsbeamtentum schaden könnte.

      Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen (§ 77 BBG).

      „Schuldhaft" heißt, die Pflichten wurden vorsätzlich oder fahrlässig verletzt.

      Auch ein Verhalten außerhalb des Dienstes kann ein Dienstvergehen darstellen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalles besonders geeignet ist, Achtung und Vertrauen in das Amt oder das Ansehen des Beamtentums bedeutsam zu beeinträchtigen.

      Disziplinarmaßnahmen gegen Dienstvergehen reichen über eine Zurückstufung in der Laufbahn bis zur Entfernung aus dem Dienst.

      Der sollte seine Handlung nicht vergoldet bekommen, denke ich.

      • @Gostav:

        Stimmt, das ist dann doch ein Unterschiedspunkt.

        Wobei er nichts vergoldet bekäme.

        Ein solches Verhalten, wenn es denn festgestellt wird, ruft dabei auch eher nach Blech