Noch mehr Fluglärm: Wenn sich ein Pilot verfliegt
Die vom Fluglärm betroffenen Gebiete um den Neu-Flughafen Schönefeld sind offenbar deutlich größer als bisher bekannt.
Der Fluglärm des künftigen Hauptstadtairports in Schönefeld dürfte weitaus mehr Leute treffen als bisher bekannt. Hintergrund sind verbreiterte Korridore für die An- und Abflüge. Die Deutschen Flugsicherung hält die Aufregung für überzogen.
„Wenn es wirklich so kommt, wird es richtig übel“, sagt Joachim Quast, einer der Sprecher der Friedrichshagener Bürgerinitiative (FBI). Die Initiative wirft der Deutschen Flugsicherung (DFS) vor, im Nachhinein die Korridore für An- und Abflüge erweitert zu haben. Bisher sei man in Berlin und Brandenburg von 830.000 Lärmbetroffenen ausgegangen, nun sei mit rund 1,5 Millionen zu rechnen, nachdem die DFS Einsicht in die sogenannten Hindernisbetrachtungsgebiete gewährt habe. Diese Räume sollen Piloten in Notfällen ein Abweichen von den Flugrouten ermöglichen, weshalb in besagten Gebieten keine hohen Gebäude errichtet werden dürften. Doch die FBI befürchtet, dass diese Notfallregelung großzügig ausgelegt werde und die Airlines kürzere Strecken innerhalb der Gebiete wählen könnten, um Treibstoff zu sparen. „Eine Flugroute, die einmal genehmigt ist, bleibt genehmigt – egal ob Notfall oder nicht“, meint FBI-Sprecher Quast.
Gebiete „nicht relevant“
Nach Angaben der Initiative dürften vor allem der Südosten und der Südwesten Berlins deutlich mehr Lärm abkriegen, aber auch Oranienburg und Bernau wären betroffen. Die DFS weist den Vorwurf zurück, im Nachhinein die Flugkorridore verbreitert zu haben. „Solche Hindernisbetrachtungsgebiete sind international vorgeschrieben“, sagte DFS-Sprecher Axel Raab der taz. Sie seien bei der Vorstellung der Flugrouten Ende Januar nicht bekannt gegeben worden, da sie „schlichtweg nicht relevant“ seien, so Raab. Nur in Einzelfällen würde ein verbreiterter Korridor genutzt, wie etwa bei Gewittern: „Ein Pilot kann sich ja immer mal verfliegen.“
Bei der Lärmminderung setzen viele Gemeinden ihre Hoffnung auch auf das Brandenburger Volksbegehren für ein schärferes Nachtflugverbot. Bisher ist nur eine Nachtruhe zwischen 23.30 und 5.30 Uhr vorgesehen, das Volksbegehren möchte diese von 22 bis 6 Uhr ausweiten. In Berlin war ein solches Volksbegehren vor wenigen Wochen gescheitert, in Brandenburg müssen bis zum 3. Dezember 80.000 gültige Unterschriften zusammenkommen. Allerdings darf hier anders als in Berlin nicht auf der Straße gesammelt werden. Laut Matthias Schubert, einem Sprecher der Initiative, seien jedoch schon mehr als 52.000 Unterschriften zusammengekommen. Seit einigen Wochen seien in einigen Brandenburger Orten auch Freiwillige mit Listen unterwegs, auf denen sich Interessierte zur Zusendung der Unterlagen eintragen können. „Wir sind optimistisch, dass wir die 80.000 noch schaffen“, so Schubert.
Unterdessen bestätigte die Flughafengesellschaft, dass die Geschäfsführung gegen mögliche Haftungsansprüche versichert ist. Der Aufsichtsrat hatte bei seiner letzten Sitzung eine juristische Prüfung von Haftungsfragen gegen die Geschäftsführung bestätigt. Einen Bericht der Bild, wonach Flughafenchef Rainer Schwarz im Schadensfall unter bestimmten Umständen mindestens 10 Prozent des Schadens tragen muss, wollte Flughafensprecher Ralf Kunkel auf taz-Anfrage nicht kommentieren.
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