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„No Kings“-Proteste in den USAErfrischender Energieschub gegen Trump

Bernd Pickert
Kommentar von Bernd Pickert

Klar: Ein paar Demonstrationen halten Trumps Pläne nicht auf. Aber sie können der Auftakt dafür sein, sich endlich effektiv zu organisieren.

Sogar in Deutschland, wie hier in Frankfurt am Main, gab es „No Kings„Proteste Foto: Boris Roessler/dpa

D ieser Samstag war in den USA ein Tag der Widersprüche. Trumps Geburtstagsparade in Washington, erschossene demokratische Abgeordnete in Minnesota – und die größten und kreativsten Proteste gegen den autoritär faschistischen Staatsumbau seit dem Beginn von Trumps zweiter Amtszeit.

Vermutlich hat Trump zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht viel von der Unterstützung eingebüßt, die ihm im November zum Wahlsieg verholfen hatte. Aber es ist ein hoffnungsvolles Zeichen, dass diejenigen, die jeden Morgen mit der Angst aufwachen, was der orange angemalte Mann im Weißen Haus jetzt wieder ausgeheckt haben könnte, endlich gemeinsam auf die Straße gehen und Widerstand organisieren.

Es ist definitiv noch nicht zu spät, Demokratie und Rechtsstaat in den USA vor dem Untergang zu retten – es wird nur jeden Tag schwieriger. Dass ein demokratischer Senator aus einer Pressekonferenz der Heimatschutzministerin abgeführt und auf dem Gang von drei Polizisten zu Boden gebracht wird wie am vergangenen Donnerstag, wirkte wie ein apokalyptischer Vorbote der entstehenden Diktatur. Nur, eine permanente Doomsday-Stimmung zieht Energie und verfängt bei Trump-An­hän­ger*in­nen überhaupt nicht.

Gerade deshalb war es so schön zu sehen, welche humorvollen, lustigen Sprüche sich die Demonstrierenden landauf, landab ausgedacht hatten, um Trump unter dem Protestmotto „No Kings!“ daran zu erinnern, dass die USA keine Monarchie sind und auch keine werden wollen.

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Natürlich halten ein paar Demonstrationen Trumps strategischen Plan nicht auf. Aber sie können der Auftakt dafür sein, sich endlich effektiv zu organisieren. Wo auch immer demokratische und liberale Kräfte nachgeben, stoßen die MAGA-Leute sofort nach und schaffen Hegemonie. Selbst wenn man sich in der Anti-Trump-­Bewegung einfach erst einmal nur gegenseitig neue Kraft geschenkt hat, waren die Demos am Samstag ein voller Erfolg. Und mal schöne Bilder aus den USA tun auch auf der anderen Seite des Atlantiks wirklich gut.

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Bernd Pickert
Auslandsredakteur
Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. Bluesky: @berndpickert.bsky.social In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org
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9 Kommentare

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  • Erstens ist mir nicht ganz klar, was denn nun die Forderungen der Demonstranten sind. Eine Amtsenthebung? Rücktritt? Anklage wegen Verrat?

    Zweitens war mir noch nie klar, warum in den USA Schilder auf Demos immer so aussehen, als hätten Grundschüler sie im Bastelunterricht mit Karton und Buntstift angefertigt.

    • @Suryo:

      Na, das sind ja wirklich gute Fragen.😉 Möglicherweise hat das mit einer von unserer abweichenden amerikanischen Protestkultur zu tun.



      Übrigens haben gerade die frühen Grünen (Petra Kelly) - lang, lang ist‘s her! - zu Beginn der 80er Jahre mit wenig Erfolg versucht, Elemente dieser Protestkultur hier bei uns zu etablieren.



      Hier hätten wir vielleicht wirklich von den Staaten lernen können.

    • @Suryo:

      Und mir war noch nie klar, warum Menschen gerechtferigte Demos mit irgendwelchen Wischiwaschiargumenten (Schilder sehen aus wie von Grundschülern) zu verunglimpfen versuchen. Die Forderung der Demos ist doch mehr als eindeutig "No Kings!" was verstehst du daran nicht? Die Leute wollen keine Diktatur / Monarchie, sondern einen Erhalt der Domokratie, das ist die Forderung.

      • @PartyChampignons:

        Sie sind jedenfalls sehr viel humorloser als die amerikanischen Plakate.

        Die Forderungen sind ja ehrenwert, aber sie werden die MAGA-Republikaner nicht interessieren. Und die verbliebenen anständigen Republikjaner leben inzwischen selbst in Angst um sich und ihre Familien und mucken nicht auf.

        Und die Demokraten? Ein Präsident missachtet völlig offen den Supreme Court - und es passiert NICHTS. Zumindest die verfassungswidrige Anordnungen ausführenden Beamten , die ja nicht immun sind, könnte man ja mal strafverfolgen. Es scheint aber nichts konkretes getan zu werden. Auch in den USA werden die Demokraten derzeit als ziemlich impotente Opposition wahrgenommen. Nicht zu unrecht!

    • @Suryo:

      Gerade solche "Bastelschilder" wirken authentisch und eben nicht industrialisiert. Und die Forderungen sind auch formuliert: No Kings!!

      • @Perkele:

        Und - was folgt aus dieser Forderung?

        Es ist doch nicht so, als forderten die Republikaner tatsächlich die Einführung einer Monarchie.

        Was sind konkrete Forderungen? Mir würde da viel einfallen: Abschaffung des Gerrymandering, Abschaffung des Electoral College, Rückabwicklung von Citizens United vs. U.S.A. (Begrenzung von Spenden), usw. usf.

        • @Suryo:

          So viel Ich verstanden habe, geht es mit der Parole „No Kings!“ darum, den republikanischen/antimonarchistischen Spirit von 1776 in der amerikanischen Gesellschaft wieder zu beleben.



          Das kann natürlich in die Hose gehen - und ich kritisiere das ebenfalls -, da erstens die Zeiten des Absolutismus längst vorbei sind und zweitens die Parole nicht mit konkreten politischen Forderungen nach Veränderung unterlegt ist.



          Man möchte einfach eine breite gesellschaftliche Sammlungsbewegung - so interpretiere ich das - unter Einschluss der Republikaner, die von Trump enttäuscht sind oder denen er zu weit gegangen ist.



          Ein breites Bündnis gegen den - das demokratische Establishment einschließenden - Neoliberalismus, der autoritäre Charaktere wie Trump überhaupt erst hervorbringt, scheint jedenfalls nicht die Intention der Proteste zu sein.



          Vielleicht ist an der Basis dieser Bewegung doch noch mehr politische Substanz vorzufinden - aber wie heißt es doch: sich an die Spitze einer Bewegung zu setzen, um eben jene Spitze zu brechen.

          • @Abdurchdiemitte:

            Die Epoche, für die Absolutismus namengebend war, ist vorüber, aber nach wie vor gibt es Nationen mit Alleinherrschaft (so die deutsche Übersetzung). Mit Absolutismus bezeichnet man im Allgemeinen nur Monarchien, das wären aktuell u.a.Saudi-Arabien, Brunei, Vatikan, aber letztlich ist auch Nordkorea nichts anderes, auch wenn der absolute Herrscher dort offiziell nur den Titel „Oberster Führer und Vorsitzender des Komitees für Staatsangelegenheiten“ hat.



            Im übrigen gehe ich davon aus, dass eine breite Mehrheit gegen die kapitalistisch-marktwirtschaftliche Wirtschaftsordnung in den USA weit und breit nicht zustande käme. Da würden im Gegenteil einige der aktuell protestierenden fernbleiben, wenn das Teil der Forderungen wäre.

          • @Abdurchdiemitte:

            Ja, das ist auch mein Eindruck, aber gleichzeitig muss es irgendwann ja auch konkrete forderungen geben - und zwar schnell, denn der Umbau des amerikanischen Staates geht ja schon längst voran, es werden jeden Tag Fakten geschaffen. Da reicht es meiner Ansicht nach nicht, nur seinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen, es muss konkreter Widerstand geleistet werden. Dabei müssten die Demokraten im Kongress an vorderster Front stehen und so viel verhindern und behindern, wie es nur geht - so, wie es die Republikaner in der Opposition auch gemacht haben. Aber bislang kommt da wirklich erschreckend wenig. Sich nur gegenseitig für originelle Sprüche auf selbstgemalten Plakaten auf die Schulter zu klopfen und sich gut zu fühlen, reicht nicht.

            Notabene: Ähnlich sehe ich es auch im Hinblick auf die Bekämpfung des Rechtsextremismus in Deutschland. Plakate mit "XY ist bunt" (in Deutschland hat man's bekanntlich nicht mit originellen Sprüchen) reicht nicht mehr.