Nigers Bruch mit dem Westen: Ende der alten Allianzen
Die Zeit des Blockdenkens ist in Afrika vorbei: Die meisten Staaten wollen sich geopolitisch nicht vereinnahmen lassen.
A mis raus, Russen rein: So lautet offenbar die Devise der Militärherrscher in Niger. Eine Überraschung ist die Kündigung der militärischen Zusammenarbeit zwischen Niger und den USA nicht. Alle anderen westlichen Militärmissionen in dem Sahelstaat wurden bereits beendet, ebenso in den Nachbarländern Mali und Burkina Faso. Die Generäle in Bamako, Ouagadougou und Niamey formieren eine neue antiwestliche Achse, in der das ebenso antiwestliche Moskau ein willkommener Partner ist.
Ob die Militärjuntas der Sahelstaaten und ihre Unterstützer wirklich begeisterte Anhänger des Putin-Regimes sind, steht allerdings auf einem anderen Blatt. Die Zeit des Blockdenkens ist in Afrika schon lange vorbei. Man löst sich nicht von einer Abhängigkeit, um die nächste einzugehen. Fragt man tonangebende Politiker in Afrika, ob sie prowestlich oder prochinesisch oder prorussisch oder was auch immer sind, lautet die Antwort fast immer sinngemäß: Nichts – wir sind proafrikanisch.
Auf die eigenen Interessen setzen und sich möglichst wenig geopolitisch vereinnahmen lassen, ist für die meisten Staaten Afrikas, die im globalen Vergleich besonders schwach sind, die einzige realistische Überlebensmethode im Zeitalter der neuen geopolitischen Konfrontation, die die regelbasierte Weltordnung abgelöst hat. Allianzen gibt es nur noch auf Zeit, und nur solange der eigene Vorteil gewahrt bleibt. Wie so oft sind politische Veränderungen in Afrika auch in diesem Bereich ein Seismograf größerer Erschütterungen im Weltmaßstab. Frühzeitig hat man erkannt, dass es nichts bringt, sich einer anderen Macht hundertprozentig anzuschließen.
Das heißt nicht, dass es eine besonders gute Idee wäre, russische Marodeure und Geschäftemacher als angeblich progressive Alternative zu ihren westlichen Gegenstücken willkommen zu heißen. Das Gegenteil ist der Fall. Aber für Niger ebenso wie für die anderen Putschregierungen Westafrikas gilt: Das wissen sie schon selbst, und wenn nicht, werden sie es schnell herausfinden. Und daraus Konsequenzen ziehen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Angriffe auf Neonazis in Budapest
Ungarn liefert weiteres Mitglied um Lina E. aus