Nicht schwuler, sondern kreativer: Poschardt peinlich homo-panisch
In einem Trump-Kommentar forderte „Welt“-Chef Poschardt, Deutschland solle „schwuler“ werden. Nach einem Shitstorm änderte er es zu „kreativer“.
Es folgte: Ein Shitstorm. Oder mehrere, und zwar von links und rechts. Die einen fanden seinen Neoliberalismus unmöglich, seinen Aufruf zu mehr Ehrgeiz in einer ambitionierten globalen deutschen Politik. Die anderen kritisierten vor allem seine Aufrufe zu Weltoffenheit, besonders zu „schwuler“ und „multikultureller“. Via Twitter maulte Poschardt bald: „wenn man wegen „schwul“ & „multikulturell“ die toitschen an der backe hat und wegen „neoliberal“ die linke: es ist die selbe humorlosigkeit“.
Seine Lösung: „Kreativer“ ist ja fast das gleiche wie „schwuler“. Also ersetzt Poschardt einfach das Wort. Klammheimlich, man muss es ja niemandem auf die Nase binden. Im Text steht nun „kreativer“, im Facebook-Meme „schwuler“. Gegen „kreativer“ kann ja nun wirklich niemand etwas haben.
Genervtes Augenrollen in der Homo-Presse. Das Newsportal queer.de weist darauf hin, dass man „schwuler“ wenigstens durch „toleranter“ oder „vielfältiger“ hätte ersetzen sollen. So sei es „ein doppelt peinlicher Griff in die Klischeekiste“.
Das stimmt. Auf den Schritt voran – gelebte Homosexualität gehört auch bei Springer zum Alltag und mehr noch zum Ausdruck einer offenen, fortschrittlichen Gesellschaft, yeah! – ein Schritt zurück, vielleicht sogar zwei: Nicht nur, dass Poschardt und die Welt-Redaktion vor dem Shitstorm der Homo-Hasser einknicken. Sie tun es auch nur hier, nicht bei ihren anderen (von verschiedenen Seiten) beshitstormten Aussagen.
Homo-Freundlichkeit ist wieder mal Verhandlungsmasse, kann ausgeschaltet werden, wenn der öffentliche Druck zu groß wird. Wenigstens sind Poschardt und die Welt bei „multikulturell“ nicht eingeknickt.
Update 18.1.17: Ulf Poschardt hat seinen Kommentar erneut geändert, „by popular demand“, also wegen der großen Nachfrage (schreibt er auf Facebook): Aus „kreativer“ ist nun „schwuler, lesbischer“ geworden. Der nächste Shitstorm kommt bestimmt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Die Wahrheit
Der erste Schnee
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen