Neustart der Frauen-Bundesliga: Bühl schneller als Ronaldo
Am Pfingstwochenende setzen die Fußballerinnen ihre Meisterschaft fort. Weil in Thüringen Teamsport noch nicht erlaubt ist, steigt Jena später ein.
Die Anmerkung kam mit einem Augenzwinkern. „Frauen gehen konstruktiver an die Problemstellen“, stellte Friedrich Curtius, der Generalsekretär des Deutschen Fußball-Bundes, am Dienstag in einer Videoschalte fest. Curtius war gerade darauf zu sprechen gekommen, dass in der Frauen-Bundesliga weitgehend Einigkeit herrscht, die Saison fortzusetzen, während das Meinungsbild in der 3. Liga der Männer weiterhin ziemlich zerrüttet ist. Am Tag darauf sprachen sich alle zwölf Vereine der Frauen-Bundesliga „in großer Geschlossenheit“, wie der DFB mitteilte, für die Fortsetzung der Saison aus.
Läuft alles wie geplant, setzt der enteilte Spitzenreiter VfL Wolfsburg am Freitag, dem 29. Mai (14 Uhr), den 17. Spieltag mit seiner Partie gegen den Tabellenvorletzten 1. FC Köln fort. Am selben Abend soll die Partie 1. FFC Frankfurt gegen den SC Sand (19.15 Uhr) live auf Eurosport übertragen werden. Nicht nur Spötter sagen, dass die Atmosphäre gar nicht so viel anders sein wird, als wenn sich die üblichen knapp 1.000 Zuschauer ins Stadion am Brentanobad begeben.
Frankfurts Manager Siegfried Dietrich in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Ausschusses Frauen-Bundesligen frohlockt gleichwohl: „Der Re-Start ist ein historischer Moment, als erste europäische Profiliga der Frauen wieder in den Spielbetrieb einsteigen zu können.“ Seine Haltung: Auch die Frauen-Bundesliga müsse in Krisenzeiten wieder Gesicht zeigen. Von einem starken Signal für den Frauenfußball und „die Gleichbehandlung für Berufssportlerinnen und Berufssportlern“ spricht die DFB-Vizepräsidenten Hannelore Ratzeburg.
Eine gewisse Bewunderung wäre dem deutschen Fußball zum Pfingstwochenende gewiss: Bevor Cristiano Ronaldo mit Juventus Turin, Lionel Messi mit dem FC Barcelona oder Mo Salah mit dem FC Liverpool am Ball sind, kämpfen Pernille Harder, Melanie Leupolz oder Klara Bühl mit ihren Teams um Punkte. Möglich ist das, weil das Hygiene- und Sicherheitskonzept, das sich die 1. und 2. Bundesliga der Männer verpasst hat, von Anfang an für die höchsten Profiligen unter der Ägide des DFB mitgedacht war. Nur in organisatorischen Nuancen wurde es angepasst. So kommt zum Beispiel weniger Personal am Spieltag zum Einsatz.
Für die Einheit des Fußballs
Für den DFB ist das ein Zeichen, das vor allem Verbandspräsident Fritz Keller herbeigesehnt hat, der immer wieder klargestellt hat, dass er keine Unterschiede machen will zwischen Männern und Frauen, Amateuren und Profis: „Genau dieses Miteinander benötigen wir in der Krise.“ Geholfen haben konkret die Champions-League-Vereine FC Bayern, Borussia Dortmund, Bayer Leverkusen und RB Leipzig, deren bereitgestellte 7,5 Millionen Euro die Coronatests für die Frauen finanzieren. Eine der bereits angelaufenen Testreihen mit 40 Personen bei einem Frauen-Bundesligisten kostet bis zu 6.000 Euro. Dafür steht diese Finanzquelle allen Klubs zur Verfügung.
Erst danach wird das übrig gebliebene Geld anteilig nach Spieltagen an die fünf reinen Frauenfußballvereine (zu denen vor der Fusion mit Eintracht Frankfurt auch der 1. FFC Frankfurt gehört) und den MSV Duisburg ausgeschüttet. Der SC Sand hätte zwar lieber sofort eine sechsstellige Summe als Überbrückungshilfe bekommen, aber mit diesem Kompromiss können die meisten leben. Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg findet die Saisonfortsetzung „unsagbar toll“. Sie führt überdies an: Bei einem Saisonabbruch hätten die Nationalspielerinnen womöglich ein halbes Jahr kein einziges Spiel bestritten.
Thüringer Sonderfall
Doch noch sind nicht alle Probleme, die sich mit dem Re-Start ergeben, gelöst. Zwar liegen inzwischen die positiven Verfügungslagen für die Wiederaufnahme des Spielbetriebs aus den meisten Bundesländern vor, aber eben nicht aus allen. Thüringen erlaubt bis zum 5. Juni keinen professionellen Mannschaftssport – daher soll der USV Jena erst am 7. Juni einsteigen.
Ein ambitionierter Plan. „Die Vorbereitung auf den Einstieg in den Wettbewerb ist so eindeutig nicht möglich“, sagt der Vereinsvorsitzende Torsten Rödiger. Der Schutz der Gesundheit der Spielerinnen sei „bei einem Kaltstart“ kaum möglich, das Verletzungsrisiko sei viel zu hoch. Der Rechtsanwalt spricht zudem von „einer Art Wettbewerbsverzerrung“ für den Tabellenletzten, der bis zum letzten Spieltag am 28. Juni sieben Spiele binnen drei Wochen bestreiten soll.
Viel Puffer bietet der neue Frauen-Plan auch für andere Eventualitäten nicht: Für den 4. Juli ist das DFB-Pokalfinale in Köln angesetzt. Das mal mit dem Motto „20.000 (Zuschauer) für 2020“ beworbene Endspiel wird natürlich vor leeren Rängen ausgespielt.
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