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Neuregelung der GrunderwerbsteuerModell Holland gegen Share Deals

Die Grünen legen ein Gutachten zur Bekämpfung der Grundstücksspekulation vor. Das könnte Finanzminister Scholz bei einem neuen Gesetz helfen.

Wer nur Anteile an Wohnungen kauft, spart sich die Steuer Foto: dpa

BERLIN taz | Mit einem neuen juristischen Gutachten wollen die Grünen die Debatte um das Vorgehen gegen sogenannte Share Deals neu beleben. In dem 55-seitigen Papier erörtern die Professoren Heribert Anzinger und Ekkehart Reimer die Möglichkeit einer Besteuerung nach dem niederländischen Modell. Danach würden ausschließlich Gesellschaften belastet, die mindestens 50 Prozent unbewegliches Immobilienvermögen halten.

Ende Juli hatte das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf zur Eindämmung der Share Deals beschlossen. Damit soll eine Praxis unterbunden werden, mit der die Grunderwerbssteuer beim Kauf von Häusern und Grundstücken umgangen wird. Wer kein komplettes Grundstück erwirbt, sondern nur bis zu 94,9 Prozent der Anteile daran, muss bisher keine Grunderwebssteuer zahlen. Zudem kann er nach fünf Jahren die restlichen Anteile steuerfrei erwerben. Diese Umgehungsmöglichkeit der Grunderwerbssteuer erleichtert die Spekulation mit Grundstücken.

Der Gesetzentwurf, die Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) zusammen mit den Länderfinanzministern erarbeitet hat, senkt nun die Schwelle für steuerfreie Anteilskäufe auf 89,9 Prozent. Die restlichen Anteile können erst nach zehn Jahren steuerfrei hinzuerworben werden.

Allerdings wären von dieser Regelung auch ganz gewöhnliche börsennotierte Unternehmen betroffen, wenn 90 Prozent ihrer Aktien innerhalb von zehn Jahren den Besitzer wechseln. Der Chemiekonzern BASF äußerte daher im Juli Bedenken gegen das geplante Gesetz. Vor allem auf Unionsseite gibt es nun Überlegungen, börsennotierte Unternehmen von der Neuregelung auszunehmen. Damit hätten auch börsennotierte Immobilienunternehmen wie die Deutsche Wohnen freie Hand bei Share Deals.

Das niederländische Modell, das die Grünen nun zur Diskussion vorlegen, böte einen Ausweg. Börsennotierte Immobilienunternehmen könnten mit der Grunderwerbssteuer belastet werden, ohne dass andere Börsenunternehmen einbezogen würden. Zudem würde die Steuer schon ab einem Erwerb von 33,3 Prozent der Anteile einsetzen.

Die finanzpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Lisa Paus, zeigte sich bei der Vorstellung des Gutachtens skeptisch, ob die von der Regierung geplante Neuregelung jetzt noch zu verändern sei: „Ich bin Realistin“, sagte sie. „Die Regierung hat das nach langer Diskussion beschlossen.“ Die geplante Neuregelung sei jedoch eine „Pseudo-Lösung“, die Share Deals nicht beenden werde. Eine Debatte um eine weitere Novelle werde kommen, das Gutachten böte dann eine Diskussionsgrundlage.

Wichtig ist für Paus zunächst, dass der vorliegende Gesetzentwurf nicht weiter verwässert wird. Ende September steht die erste Lesung auf der Tagesordnung des Bundestages.

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2 Kommentare

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  • Gut, dass es jetzt dieses Gutachten gibt und es künftig als Diskussionsgrundlage dienen kann.

    Ich frage mich, warum es der Opposition bedarf, wenn es doch in einem Nachbarland, das auch noch zur EU gehört, bereits eine (bessere) Lösung gibt. Ist es zu viel verlangt von der Regierung und der Ministerialbürokratie, sich bei erforderlich werdenden Rechtsänderungen im benachbarten Ausland umzuschauen und umzuhören, wie es dort gehandhabt wird? Oder geht das deshalb nicht, weil man darstellen will, dass man die Regierung eines souveränen Staates ist und deshalb Nachhilfe woanders nicht nachfragen will? Vielleicht ist Scholz zu stolz. Dann erfindet man das Rad eben wieder neu: als Sechseck. Das holpert dann zwar heftig, aber es ist eine neue Erfindung von uns!

    • @ReiPar:

      Weil die Regierung die Share Deals nicht verhindern will ...

      Der Sinn eine Pseudo-Lösung ist es ja, Geschäftigkeit vorzutäuschen, dabei aber nichts zu ändern.

      #NieWiederCDU



      (oder die Anhängsel CSU, FDP, SPD oder AfD)