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Neugründung von PEN BerlinWille zur praktischen Solidarität

In Berlin wurde nun also tatsächlich die zweite deutsche PEN-Sektion gegründet. Sie soll von größtmöglicher Offenheit getragen werden.

Eva Menasse und Deniz Yücel am Freitag in Berlin Foto: Christoph Soeder/dpa

Das deutsche Vereinsrecht sorgte zunächst für ein wenig Abkühlung. Eben gerade noch konnte man sich als Beobachter aufgekratzte Aufbruchsstimmung im Garten des Berliner Literaturhauses abholen, wo am Freitagvormittag die Gründungsversammlung des PEN Berlin e. V. stattfand. Man sah viele aufbruchsbereite und manche leicht abgekämpfte Gesichter; hinter den Kulissen war noch lange über die Details der Gründung debattiert worden. In einem konstruktiven Geist, wie versichert wurde.

Und dann wurde von einer Juristin erst einmal knapp eine Stunde durch die zu verabschiedende Satzung geführt, unter besonderer Berücksichtigung der Gesichtspunkte Gemeinnützigkeit und Kompatibilität mit dem internationalen PEN, wie es nun einmal sein muss. Was ja aber auch nur zeigt, dass diese Gründung kein spontanes Nachtreten nach den Eklats auf der inzwischen fast legendären Mitgliederversammlung von Gotha ist, sondern eine valide und sorgfältig vorbereitete Sache.

Etwa 150 Gründungsmitglieder waren versammelt, leibhaftig oder auch per Zoom. Der 84-jährige Herbert Wiesner war darunter, Jan Brandt, Daniela Seel, Helge Malchow, Margarete Stokowski, Elke Schmitter, zugeschaltet waren unter anderen Hinrich Schmidt-Henkel und Ronya Othmann, eine illustre Runde. Sie verabschiedete die Satzung schließlich einstimmig.

Auch wenn sich viele Details nun erst in der praktischen Umsetzung klären werden, kann man dieser Satzung schon mal eines nicht vorwerfen: dass sie nicht vom Willen zu größtmöglicher Offenheit getragen ist. Alle auf Deutsch schreibenden oder in Deutschland lebenden Schriftsteller*innen, Pu­bli­zis­t*in­nen und auch Über­set­ze­r*in­nen können Mitglied werden. Statt von einem Präsidenten wird der Verein von einem paritätisch besetzten Board geführt, als dessen Spre­che­r*in­nen im Literaturhaus Eva Menasse und Deniz Yücel gewählt wurden.

Aversion gegen Vereinsmeierei

Das Wort, das an diesem Vormittag am emphatischsten zu hören war, war das von einer „praktischen Solidarität“. Au­to­r*in­nen seien Individualisten mit einer Aversion gegen Vereinsmeierei, sagte Deniz Yücel auf der Versammlung, doch es gebe Dinge, die man allein nicht gut lösen könne, insbesondere wenn die Freiheit des Wortes gefährdet und Solidarität unter Au­to­r*in­nen gefordert sei.

Tatsächlich konnte man den Eindruck gewinnen, dass dieser Wille zur praktischen Hilfe das ist, was die Anwesenden bewegte. Die Autorin Simone Buchholz brach auch gleich nach der Versammlung zum Flughafen auf, um den Schriftsteller Dmitry Glukhovsky, der in Russland zur Fahndung ausgeschrieben worden war, im Namen des PEN Berlin ins Exil abzuholen.

Diejenigen Autor*innen, die dieser Neugründung skeptisch gegenüberstehen, waren naturgemäß nicht anwesend. Die Bedenken, die man hört, richten sich etwa dagegen, dass konservative Publizisten wie Jan Fleischhauer den neuen PEN Berlin zur eigenen Anerkennungssteigerung nutzen könnten. Auch das wird man sehen. Tonangebend waren solche fragwürdigen Manöver auf der Gründungsversammlung jedenfalls nicht.

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4 Kommentare

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  • "von Willen zu größtmöglicher Offenheit getragen"? Es ergibt sich im Vergleich der Satzungen von PEN Deutschland und PEN Berlin vom Wortlaut her ein interessanter Unterschied, was die Aufnahme neuer Mitglieder betrifft: Bei PEN Deutschland muss der Vorstand eine begründete Empfehlung abgeben (es steht nicht in der Satzung, dass diese positiv ausfallen muss. Wie die Praxis war, weiß ich nicht), bei PEN Berlin muss das Board "eine Empfehlung zur Zuwahl" aussprechen, also eine positive Stellungnahme abgeben. Mit anderen Worten: Das Board kann nicht von der Mitgliederversammlung in diesem Punkt überstimmt werden.

  • Yücel war der Einzige, der Kritik an den "Werten des Westens", auf die sich ja alle so gerne berufen, kritisiert hat und dies in Zusammenhang mit der 11-jährigen Haft von JULIAN ASSANGE gestellt hat.



    DAFÜR DANKE ICH IHM!

  • Der PEN war und ist mir relativ egal.Ich fand die Entscheidung, Herrn Yücel zum Päsendenten zu machen höchst fragwürdig und habe alle meine Vorbehalte in einer sehr kurzen Zeit bestätigt gefunden.

    Die Gründung des PEN Berlin ist aus einem anderen Grund ein Skandal. Berlin ist damit also kein Teil von Deutschland mehr. Berlinner leben eh schon in einer Blase (meistens genau die, die nicht hier geboren sind) und Presse und Politik scheinen hier auch anders zu ticken nur war Berlin bisher halt immer ein Teil Deutschlands.

    Hätte es nicht ein etwas weniger provokativer Name sein können? Angesichts der Mitglieder wäre "Alternativer PEN Deutschland" durchaus passend gewesen.

  • Wenn ich mir die Mitgliederliste ansehe, gebe ich dem "neuen" PEN ein halbes Jahr bis er sich wieder zerteilt.