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Neues rechtliches LebensmodellVerantwortung statt Ehe ab 2023

Das gesetzliche Modell zur unbürokratischen Eintragung einer Verantwortungsgemeinschaft im Standesamt soll später kommen. Es seien noch Abstimmungen nötig.

Wirbt für das neue gesetzliche Modell: Justizminister Marco Buschmann (FDP) Foto: Kay Nietfeld/dpa

Berlin afp | Das von der Ampel-Koalition geplante gesetzliche Modell für Lebensgemeinschaften soll frühestens Ende 2023 kommen. „Ein Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens ist nicht vor der Mitte der Legislaturperiode zu erwarten“, sagte ein Sprecher des Justizministeriums der Welt. Zuvor seien noch viele Abstimmungen zwischen den beteiligten Ressorts nötig. Als Orientierung soll demnach ein 2020 vorgelegtes Eckpunktepapier der FDP-Fraktion dienen.

Dem Eckpunktepapier zufolge soll eine „Verantwortungsgemeinschaft“ durch zwei oder mehrere Erwachsene unbürokratisch durch Eintragung beim Standesamt geschlossen und wieder aufgelöst werden können, wie die Welt berichtete. Grundvoraussetzung ist demnach lediglich ein „tatsächliches persönliches Näheverhältnis“. Die Ausgestaltung von Rechten und Pflichten soll stufenweise erfolgen.

Die Spanne reicht von gegenseitigen Auskunfts- und Vertretungsrechten bis hin zu Pflege- und Unterhaltsleistungen. Ob, unter welchen Umständen und in welchem Umfang finanzielle Vorteile in Anspruch genommen werden können, müsse aber wie alle anderen inhaltlichen Fragen noch geklärt werden, betonte das Justizministerium der Welt gegenüber.

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) warb erneut für seine Pläne: „Menschen wollen füreinander Verantwortung übernehmen“, sagte er der Zeitung. Die Zukunftsfähigkeit der Ehe stehe zwar nicht in Zweifel, sagte Buschmann, der selbst verheiratet ist. Doch die Ehe passe eben nicht zu jedem Lebensentwurf. „Auch im Rahmen von Freundschaften und Wohngemeinschaften tragen Menschen Verantwortung füreinander, die sie rechtlich abgesichert sehen wollen.“

„Dieses neue Rechtsinstitut wird niemandem etwas wegnehmen. Aber es wird vielen den Alltag erleichtern“, erklärte Buschmann. „Es geht darum, der Vielfalt der Lebensentwürfe Rechnung zu tragen.“

Protest gegen die Pläne kam aus der Union. Sie halte das Vorhaben für ideologisch motiviert, verfassungsrechtlich problematisch und im Ergebnis für überflüssig, sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Andrea Lindholz (CSU). „Damit schwächt die Ampel das durch unser Grundgesetz besonders geschützte Institut der Ehe, indem sie eine Art ‚kleine Ehe‘ mit weniger Bindungswirkung für die Partner eröffnet“, sagte sie der Welt. „Damit öffnet die Ampel der Beliebigkeit Tür und Tor.“

Wer heute dauerhaft Verantwortung füreinander übernehmen möchte, könne dies unabhängig vom Geschlecht durch eine Eheschließung tun. „Wem die Bindungen der Ehe zu weitreichend sind, kann jetzt schon Vertrauenspersonen auch außerhalb von Paarbeziehungen bestimmte vertragliche Sonderstellungen einräumen, zum Beispiel medizinische Vollmachten oder Vollmachten bei Bankgeschäften.“

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5 Kommentare

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  • 0G
    03998 (Profil gelöscht)

    Ein neues Aufgabengebiet für Anwälte, besonders, wenn die Rechte von Ehepartnern, Eltern und Kindern noch stärker einschränkt werden, als es bisher der Fall ist. Im Moment wird ja häufig der gesetlichen Betreuung der Vorzug gegeben. Dein erwachsenes Kind landet in der Psychatrie oder jemand hält deiner dementen Mutter eine Betreuungsverfügung unter die Nase. Die Wohnung/Haus wird verkauft bzw aufgelöst und die persönlichen Sachen landen auf dem Müll. Manchmal gibt es auch Besuchsverbote. Daran verdienen Anwälte, die hunderte von Betreungsfällen bearbeiten und nicht das geringste Interesse am Einzelschicksal haben. Man wird das in Zukunft also nur umgehen können indem allerlei Verträge zwischen Menschen abgeschlossen werden, die aber jederzeit wieder geändert werden können. D.h. familiäre Bindungen werden durch beim Notar geschlossene Vereinbarungen ersetzt. Kann man ja gut finden. Jeder, der schon Mal mit Erbschleichern zu tun hatte, weiß wie schlau schon die jetzigen Regelungen genutzt werden.

  • Wenn sich Menschen untereinander außerhalb der Ehe absichern wollen, dann können Sie dies durch entsprechende Vollmachten ohne weiteres machen. Wofür braucht es einen gesetzlichen Rahmen?

    • @DiMa:

      Weil diese Vollmachten nicht ausreichen.



      Das war jetzt einfach.

      • @Bouncereset:

        Was wäre neben Vollmachten noch notwendig?

        Und selbst wenn noch irgendetwas regelungsbedürftig erscheinen sollte, ließe sich dies ohne weiteres in einem privatschriftlichen Vertrag regeln.

        Die einzige Regelungslücke, die es möglicherweise geben könnte, wäre eine etwaig fehlende Möglichkeit zur Übertragung von Rentenversicherungsansprüchen. Dies könnte der Gesetzgeber ohne weiteres ändern. Fraglich ist, ob dies überhaupt gewollt ist.

        Also nochmals, in welchem Bereich sollten Vollmachten nicht ausreichen?

  • Eine überraschend gute Idee. Schon jetzt, ohne steuerliche Vorteile.



    Frau Lindholz möchte sich dazu äußern, wenn sie ihren Kopf aus ihrer Bubble bekommt. Ich würde mit meiner Partnerin sehr bald beim Standesamt vorstellig werden, eine klassische Ehe möchten wir hingegen nicht.