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Neues aus AsseBergung des Atommülls notwendig

Bleibt der nukleare Müll unter Tage, werde das Grundwasser verseucht, fürchten Anwohner. Wann eine Rückholung stattfindet, ist noch unklar.

Atommüllager Asse: Wann wird die Rückholung eingeleitet? Bild: dpa

HANNOVER taz | Das Bundesamt für Strahlenschutz BfS hatte die Bergung des Atommülls vor zwei Jahren nach einem Vergleich mehrerer Varianten als einzig sichere Möglichkeit zur Schließung der Asse beurteilt. Zwei Tage vor Weihnachten gelangte ein interner Vermerk aus dem BfS an die Öffentlichkeit. Ein Abteilungsleiter der Behörde erklärte darin die Rückholung für unwahrscheinlich. Aus Zeitgründen: Das Bergwerk im niedersächsischen Kreis Wolfenbüttel droht einzustürzen und voll Wasser zu laufen, Standsicherheit gibt es demnach nur noch für wenige Jahre.

Heike Wiegel vom Asse-Koordinationskreis, in dem ein Dutzend Initiativen und Vereine aus der Region mitarbeiten, besteht auf einer Rückholung. Blieben die Abfälle unter Tage, komme es früher oder später zu einer Kontaminierung der Biosphäre, sagte sie gestern in Hannover. Das Grundwasser bis hin zu Elbe und Weser werde radioaktiv verseucht. "Deshalb ist jeder geborgene Kubikmeter Atommüll ein Sicherheitsgewinn."

"Die Rückholung muss jetzt beginnen", verlangte auch Wiegels Mitstreiter Andreas Riekeberg. Er forderte Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) auf, die Bergung "zur Chefsache" zu machen. Die Anwohner des Bergwerks erwarteten vom Minister, "dass er dieses größte radioaktive Problem in Deutschland als solches anerkennt" und nicht weiter verzögere.

Michael Fuder kritisierte die Rolle des niedersächsischen Umweltministeriums, das für die atomrechtlichen Genehmigungen zuständig ist. Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) wechsele fast täglich seine Meinung und mache eine "erbärmliche Figur". Das Ministerium sei passiv. An das BfS richteten die Bürgerinitiativen den Appell, an der Organisation der Bergung zu arbeiten. Bislang gebe es in der Behörde "kein Projekt namens Rückholung", bemängelte Wiegel.

In das ehemalige Salzbergwerk Asse II wurden zwischen 1967 und 1978 rund 126.000 Fässer mit schwach und mittelradioaktivem Atommüll gebracht. Nach Einschätzung des Koordinationskreises sind die meisten Fässer inzwischen korrodiert und vom Salz zerfressen worden: "Wir sprechen über 50.000 Kubikmeter Brei aus Atommüll, Behälterresten und Salz."

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6 Kommentare

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  • PS
    Paul Schoeps

    Ein paar Fakten die im Artikel unerwähnt bleiben:

    1. Das in die Asse einsickernde Wasser ist kein Grundwasser, sondern fossiles Wasser aus einer Salztasche.

    2. Aus der Asse wurde früher Kalisalz gefördert. Dieses ist radioaktiv (genauer gesagt der Anteil Kalium-40). Die Summe der entnommenen Radioaktivität in Form von Kalium-40 ist deutlich höher als die Summe der eingelagerten Radioaktivität aus Atomabfall.

    3. Der schwach- und mittelradioaktive Abfall in der Asse ist zwar Atommüll, aber nur 4,5% des schwach- und mittelradioaktiven Abfalls in Deutschland stammt aus der Kernenergie. 95,5% stammen aus Materialforschung, Medizin und anderer Stromversorgung (radioaktive Kohlestäube).

    Ein Endlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle wird also auch dann benötigt, wenn die Kernenergie weg fällt.

     

    Quelle BfS: http://www.bfs.de/de/endlager/abfaelle/prognose.html

  • G
    Gaudi

    Von Gaudi an Gundi und Co.: "In das ehemalige Salzbergwerk Asse II wurden zwischen 1967 und 1978 rund 126.000 Fässer mit schwach und mittelradioaktivem Atommüll gebracht."

     

    Da möchte ich wissen, wie groß der Anteil von AKW, bza. von Medizintechnik/Chemieindustie stammte (immer ist Atomstrom schuld).

  • O
    OPS

    Ein paar Fakten die im Artikel unerwähnt bleiben:

    1. Das in die Asse einsickernde Wasser ist kein Grundwasser, sondern fossiles Wasser aus einer Salztasche.

    2. Aus der Asse wurde früher Kalisalz gefördert. Dieses ist radioaktiv (genauer gesagt der Anteil Kalium-40). Die Summe der entnommenen Radioaktivität in Form von Kalium-40 ist deutlich höher als die Summe der eingelagerten Radioaktivität aus Atomabfall.

    3. Der schwach- und mittelradioaktive Abfall in der Asse ist zwar Atommüll, aber nur 4,5% des schwach- und mittelradioaktiven Abfalls in Deutschland stammt aus der Kernenergie. 95,5% stammen aus Materialforschung, Medizin und anderer Stromversorgung (radioaktive Kohlestäube).

    Ein Endlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle wird also auch dann benötigt, wenn die Kernenergie weg fällt.

     

    Quelle BfS: http://www.bfs.de/de/endlager/abfaelle/prognose.html

  • G
    Gundi

    Zwei Dinge hat man uns versprochen:

    Ohne Atomstrom gehen die Lichter aus - das wäre schrecklich

    und

    Der Atommüll ist überhaupt kein Problem - es wird rechtzeitig gelöst

  • FB
    Freimut Bittner

    Hallo Redaktion ... hallo ... ist da jemand...?

     

    "Neues aus der Asse" hätte es heißen müssen, und das ist für sich genommen auch nicht so schlimm, es ist nur ein Beispiel dafür, dass Redaktion und Lektorat in der taz immer mehr an Qualität verlieren. Rechtschreibfehler, Bildunterschriften ohne rechten Bezug zum Text (oder entgegen der Aussage im Text), Übersatz - in der Summe wirkt das auf mich schon fast ein bisschen wie Desinteresse an der LeserIn.

  • B
    Branko

    Die Asse wird unser Tschernoshima, und ist nur ein kleiner Vorgeschmack auf das, was uns mit Gorleben dann blüht.

     

    Dort soll dann kein schwach- oder mittel-, sondern hochradioaktiver Müll versenkt werden.

    Also keine Proben aus Röntgenlaboratorien, sondern abgebrannte Brennelemente.

     

    Gorleben wird genauso absaufen, wie die Asse.

    Aber das sagen ja nur Gutachten von Geologen, nicht die Politiker - also wird man in Gorleben einfahren.

     

    Wer den neuesten Arnie gesehen hat

    http://vimeo.com/34349565

    hat eine ungefähre Ahnung davon, was in den nächsten Jahrzehnten auf die Menschen in Japan zukommen wird.

     

    Glaubt mal nicht, daß ein absaufendes Atommüllendlager weniger schlimm ist, als ein havariertes KKW.

    Im Gegenteil.

    Wenn Gorleben mal absäuft, wird Fukushima dagegen ein Kindergeburtstag gewesen sein.

    Weil da viel, viel mehr Material drin sein wird, und überhaupt gar keine Chance mehr hat, da jemals wieder ran zu kommen.