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Neues Werbevideo für DortmundDoartmund Ciddey

Drei Künstler zeigen, wofür Dortmund gut ist: Baustellen, Schwarzwälder Kirschtorte und Kronen-Bier. Die Hymne ist eine subversive Kampfansage.

„Wir leben hier“: Sängerin Jo Marie vor schicker Stadtkulisse Screenshot: youtube.com/user/StadtDortmund

Berlin taz | Ich war noch nie in Dortmund. Aber Dortmund überrascht. Mich. Am Wochenende soll es auf dem Stadtfest „Dortbunt“ zu einer Premiere kommen. Im Rahmen der städtischen Imagekampagne „Dortmund überrascht. Dich“ sind die „einheimischen Künstler“ Der Wolf & Rich Boogie feat. Jo Marie angekündigt. Sie werden eine neue Hymne auf die Stadt aufführen: „Dortmund zweipunktnull“. Ein Vorab-Video wurde nun geleakt.

Jo Marie „startet musikalisch gerade durch“, sagt BILD. Die 19-jährige Lünenerin wurde durch ihre A-cappella-Hymne auf den BVB „Leuchte auf mein Stern“ berühmt. In dem neuen Stadtschlager singt Dortmunds Helene Fischer nun: „Einst ging es nur um Stahl und Bier. Doch jetzt nicht mehr. Wir leben hier. In Dortmund.“

„Dortmund zweipunktnull“, antwortet der Lüdinghausener Rapper Der Wolf voll modern. „Dortmund Ciddey. Dortmund Ciddey“ antwortet der Ghanaer Rapper Rich Boogie voll englisch. Aber auch Jo Marie zeigt, dass sie nicht nur blonde Stadienhymnen, sondern auch echten Streetstyle kann. Wer sie einmal „Doartmund“ und „Doartmund Ciddey“ hat singen hören, wird sofort nach Dortmund-Nordstadt reisen wollen.

Den krassesten Auftritt in dieser Hymne hat Der Wolf: Er lobt die technologische Innovationsleistung Dortmunds, betont aber, dass trotz dieses Wandels „unsere Traditionen“ gewahrt werden. Man sieht ihn dabei vor einem Café sitzen und Schwarzwälder Kirschtorte essen: „Die offene Mentalität, die Ehrlichkeit, die Herzlichkeit, die Butter-bei-e-Fische-Attitüde find ich herbe tight“.

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Rich Boogie, der das schöne „Doartmund Ciddey“ beisteuern durfte, weist aber auch auf Probleme der Stadt hin. Als er hierher kam, habe er große Schwierigkeiten gehabt. Mit Slang und Wetter. Dann aber habe er so viele gute Freunde gefunden und wollte nicht mehr wegziehen.

Dass er auch davon singt, dass er lieber Kronen-Bier statt Becks trinkt, zeigt, wie viel Gedanken sich die einheimischen Künstler über ihren Stadt und ihr Lied gemacht haben. Um Bier sollte es ja eigentlich nicht mehr gehen. Aber was hat die Stadt unter dem großen U neben BVB und Technischer Universität wirklich zu bieten außer Bier? Jo Marie flaniert vor ein paar hässlichen Baustellen, Der Wolf isst Schwarzwälder Kirschtorte und Rich Boogie kauft schließlich eine Flasche Bier im Kiosk.

Man muss dieses Lied als subversive Strategie begreifen. Als Hymne von der Stadt gefördert und beworben, ist es eigentlich eine Kampfansage an Doartmund Ciddey. Anders jedenfalls lässt sich nicht verstehen, warum ausgerechnet die Schwarzwälder Kirschtorte als kulturelles Kapital der Stadt beworben wird.

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12 Kommentare

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  • ... auf arte war kürzlich ein schönes Stadt-Portrait der Dortmunder Nordstadt, mit ihrem aufblühenden, alternativen Kulturleben und jungen Leuten aus allen Himmelsrichtungen, die sich dort längst heimisch fühlen - und kreative "Markierungen" setzen...

     

    Das gefiel mir doppelt, weil ich einerseits gern arte schaue - und andererseits in den 70ern zwischen Mallinckrodtstraße und Münsterstraße lebte. Und das gern...

    • @Gion :

      die doku habe ich auch gesehen, aber ging es da nicht eher um das neuerdings so genannte unionviertel ? wenn ich mich recht erinnere, war einer der protagonisten frank von 'kinkys', der friseur in dem ehemaligen toilettenhäuschen des westparks.

      immer wenn ich mal in dortmund bin, lasse ich mir dort die haare schneiden ;-)

  • 2G
    27741 (Profil gelöscht)

    Unsere Künstler müssen ja wieder sehr kreativ gewesen sein. Die Überschrift lädt jedenfalls nicht zum weiterlesen ein.

    Baustellen, Schwarzwälder Kirschtorte und Kronen-Bier wird es bestimmt auch woanderswo geben. Dafür muss man nicht nach Dortmund fahren.

    • @27741 (Profil gelöscht):

      ... probieren Sie es doch wenigstens mal:

       

      - das Kulturzentrum Depot

      - das U - und Umgebung

      - Café Orchidée im Rombergpark

      - u. v. a. m.

      • 2G
        27741 (Profil gelöscht)
        @Gion :

        Na gut, wenn sie mich so nett bitten. Dann nehme ich aber auch jede Menge Gegen-Nazis-Aufkleber mit.

        • @27741 (Profil gelöscht):

          sowieso eine gute idee…und den weg vom U bis nach dorstfeld schaffen sie locker zu fuß…'nen paar spuckies auf dem weg schaden auch nichts.

  • great dear. I like it very much

  • "Anders jedenfalls lässt sich nicht verstehen, warum ausgerechnet die Schwarzwälder Kirschtorte als kulturelles Kapital der Stadt beworben wird."

     

    nun ja, ein ortskundiger erkennt natürlich, dass es nicht um die torte, sondern um die location geht - das cafe orchidee im rombergpark.

     

    aber alles in allem ist das video zum fremdschämen.

    "Einst ging es nur um Stahl und Bier. Doch jetzt nicht mehr. Wir leben hier. In Dortmund"

    echt gez? früher haben sie alle also nur malocht, aber nicht gelebt? und diese 'erkenntnis' singt mir eine 19jährige mit nervender stimme vor?

     

    und was für eine funktion ein englischer rap in einem werbevideo für dortmund hat, würde ich auch gerne erklärt bekommen.

     

    in diesem sinne…so fast as Düörpm!

    • @sofamystiker:

      Korrekt! Zur Not sollte man Pfefferpotthast denglishen. Vielleicht hilft das dem Überalterungsproblem. Oder mehr für Arbeitspllätze auch für die 50+ tun; dann würde ich sogar wieder in die alte Heimat zurück ziehen...

      • @Vidocq:

        ... au na Doastvällt - oder do' lieba na Höade an See?

        • 2G
          25726 (Profil gelöscht)
          @Gion :

          " ... au na Doastvällt - oder do' lieba na Höade an See?"

           

          Da bleibt mir Nordlicht nur die Frage:

          Hä??

          • @25726 (Profil gelöscht):

            doastvällt = dorstfeld

             

            früher ein interessantes arbeiterviertel dortmunds. alternative, punks, hausbesetzer, türken, doch jetzt leider die hochburg der autonomen nationalisten.

             

            do' lieba na höade an see = doch lieber nach hörde an den see

             

            hörde hat die gegenteilige entwicklung gemacht. früher war hörde eher bekannt für zB die problemsiedlung clarenberg und an einigen schulen bekamen lehrer, die dort unterrichtet haben, einen bonus. in den letzten 20 jahren wurde der stadtteil aufgewertet zb durch den neuen see.