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Neues Oppositionsbündnis in Südafrika30 Jahre ANC-Herrschaft beenden

In Südafrika vereinbaren sieben Oppositionsparteien eine „Mehrparteiencharta“. Sie wollen damit bei den Wahlen 2024 den ANC besiegen.

Oppositionsdemonstration der DA (Democratic Alliance) im Januar in Johannesburg Foto: Kim Ludbrook/epa

Johannesburg taz | Eine neue Oppositionskoalition in Südafrika soll die Chancen auf einen Machtwechsel bei den nächsten Wahlen und ein Ende der fast 30jährigen Herrschaft der ehemaligen Befreiungsbewegung ANC (African National Congress) erhöhen. Führer der Democratic Alliance (DA), ActionSA, Freedom Front Plus (FFP), Independent South African National Civic Organisation (ISANCO), Inkatha Freedom Party (IFP), Spectrum National Party (SNP) und United Independent Movement (UIM) einigten sich vergangene Woche bei einem Treffen nahe Johannesburg auf eine „Mehrparteiencharta“ für Südafrika.

In Südafrika wird 2024 gewählt. Die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der explodierenden Kriminalität, der Korruption und der andauernden Stagnation der Wirtschaft steigt, tägliche Stromausfälle unterstreichen die Krise des Landes. Der ANC ist von Flügelkämpfen erschüttert: Staatspräsident Cyril Ramaphosa, der sich dann als ANC-Chef zur Wiederwahl stellen wird, steckt in einem Skandal, nachdem gigantische Mengen Bargeld auf seiner Farm gefunden wurden.

„Es geht nicht um Politiker, es geht um das südafrikanische Volk“, sagte DA-Chef John Steenhuisen. „Unsere Aufgabe ist, konkrete Lösungen anzubieten, um das Leben der Südafrikaner zu verbessern.“ Man müsse nicht nur den ANC besiegen, sondern Südafrika retten.

Es bestehen verbreitete Zweifel an dem Bündnis, das auch als „Moonshine Pact“ bekannt ist. Südafrikas Opposition ist entlang ethnischer und ideologischer Linien tief gespalten. Für Steenhuisen ist jetzt aber „die Zeit gekommen, Kleinlichkeiten und Egoismen und die Vergangenheit zu überwinden und uns auf die Zukunft zu konzentrieren“.

Linke Opposition steht für Frust der Jugend

Herman Mashaba, ehemaliger DA-Bürgermeister von Johannesburg und Anführer von ActionSA, ist zuversichtlich, dass damit die Ära der Dominanz des ANC in Südafrikas Politik seit dem Amtsantritt des allseits verehrten Nelson Mandela 1994 zu Ende geht. „Der ANC wird seine Mehrheit verlieren und das wissen alle Südafrikaner“, sagte Mashaba. „Aber sie haben noch nie erlebt, dass die Oppositionsparteien ihre Differenzen beiseitelegen. 91 Prozent aller Südafrikaner wünschen den Erfolg dieses Projekts,“ behauptete er.

Mashaba war selbst im Jahr 2019 aus der DA, einst hervorgegangen aus der weißen liberalen Opposition, ausgetreten, um seine eigene Partei zu gründen. Die neue Koalition markiert nun eine Wiederannäherung.

Nicht dabei ist allerdings die linke Oppositionspartei EFF (Economic Freedom Fighters), aktuell Südafrikas drittstärkste Kraft hinter ANC und DA. Sie feierte vor kurzem ihren 10. Gründungstag. Gegründet vom ehemaligen ANC-Jugendführer Julius Malema, zieht sie vor allem Jung- und Erstwähler an. Sie steht für den Frust der Jugend und der schwarzen Bevölkerungsmehrheit mit der andauernden ökonomischen Ungleichheit in Südafrika und geriert sich gerne als die schärfste Opposition gegen die ANC-Regierung.

Lebensumstände haben sich noch mal verschlechtert

Ob die neue Oppositionskoalition ANC und EFF überflügeln kann, wird sich 2024 zeigen. Die Unterzeichner der „Mehrparteiencharta“ werden bei den Wahlen 2024 getrennt antreten und verpflichten sich, nach den Wahlen nicht mit ANC oder EFF zusammenzuarbeiten oder für deren Kandidaten zu stimmen. „Unsere Mission besteht darin, den ANC abzusetzen, die EFF draußen zu halten und den Weg für eine Mehrparteienregierung nach den Wahlen 2024 zu ebnen“, heißt es in der Charta.

Bei den Kommunalwahlen 2021 war der ANC erstmals seit Südafrikas Demokratisierung 1994 unter die Marke von 50 Prozent gefallen. Da die Lebensumstände sich seitdem weiter verschlechtert haben, dürfte die Wahl 2024 eine Testwahl für den ANC werden.

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2 Kommentare

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  • "Sie [die Oppositionspartei EFF (Economic Freedom Fighters)] steht für den Frust der Jugend und der schwarzen Bevölkerungsmehrheit mit der andauernden ökonomischen Ungleichheit in Südafrika"

    Die Partei hat nur etwa 7% der Stimmen bei Wahlen bekommen, steht also mit den paar Prozent mit Sicherheit nicht für die Unzufriedenheiten in einer zu 80% schwarzen Bevölkerung. Kennzeichnend sind eher Hassreden (bspw. gegen die indischstämmige Bevölkerung de.wikipedia.org/w...93494#Kontroversen ) militaristisches Auftreten und antidemokratisches Gehabe mit der Drohung ggf. sich auch mit Waffengewalt an die Macht zu putschen ( de.wikipedia.org/w...=221093494#Politik ). Die Partei ist ein gefährliches aggressives "Zuma reloaded"

  • Die ANC von heute ist absolut nicht mehr die ANC von Nelson Mandela. Unter seinen Nachfolgern, besonders Zuma, ist die Partei zu einem korrupten gewalttätigen Gebilde verkommen, das Südafrika direktemang in einen autoritären Staat a'la Parteifreund Nr.1 Putin führen wird. ( "Wir sind Putin" - taz.de/Suedafrika-...s-Gipfel/!5951803/ )