Südafrikas Präsident: Ramaphosa bleibt im Amt

Das Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten hat die ANC-Mehrheit im Parlament abgewendet. Mit schmutzigen Tricks, sagt die Opposition.

Ramaphosa hebt die offenen Hände

Ramaphosa (Mitte) soll Gelder veruntreut haben Foto: Jerome Delay/ap

JOHANNESBURG TAZ | Haben Todesdrohungen gegen Parlamentsabgeordnete Südafrikas Präsidenten Cyril Ramaphosa vor einem Amtsenthebungsverfahren (Impeachment) bewahrt? Diese Darstellung mag weit hergeholt sein. Doch Ramaphosas Verbleib im Amt steht nun im Zwielicht.

Ramaphosa überstand ein Votum im Parlament am Dienstagabend, die Schlüsse eines kritischen Untersuchungsberichts gegen ihn anzunehmen und damit den Weg zu einem Impeachmentverfahren zu ebnen, mit 214 zu 148 Stimmen, bei zwei Enthaltungen. Nur fünf Abgeordnete des regierenden ANC (African National Congress) stimmten gegen ihren Präsidenten – viel weniger als die 30 bis 60, mit denen manche Oppositionelle gerechnet hatten.

Das lag vor allem daran, dass es keine geheime Abstimmung gab: Jedes Parlamentsmitglied wurde im Plenum namentlich aufgerufen und musste dann „Ja“ oder „Nein“ sagen.

Die Parlamentsberatungen am Dienstag im Rathaus von Kapstadt – das Parlamentsgebäude in Kapstadt wurde zur Jahreswende von einem Brandstifter abgefackelt – zeugten vom zunehmend schmutzigen politischen Klima in Südafrika.

„Eure Tage am Leben sind gezählt“

Noch vor ihrem Beginn wurden Todesdrohungen gegen einzelne Abgeordnete publik, darunter die Parteiführer Bantu Holomisa vom UDM (United Democratic Movement) und Mzwanele Nyhontso vom PAC (Pan Africanist Congress of Azania), zwei schwarze Oppositionsparteien.

“Wir warnen euch, Holomisa und Nyhontso,“ lautete die SMS-Drohung, die Medien zugespielt wurde. Sollten die beiden das von der Oppositionspartei ATM (African Transformation Movement) eingebrachte Votum am Dienstag unterstützen, „werden wir euch erledigen. Eure Tage am Leben sind gezählt.“ Ramaphosas politische Zukunft wurde damit zu einer Sache von Leben und Tod. Die Polizei ermittelt.

Im Parlament verlangten Oppositionsabgeordnete daher am Dienstag eine geheime Abstimmung, damit das Votum angstfrei stattfinde. Doch Parlamentspräsidentin Nosiviwe Mapisa-Nqakula, ein ANC-Mitglied, lehnte das ab.

Die „Speaker“ habe die Drohungen ignoriert und damit „irrational und rücksichtslos“ gehandelt“, kritisiert Mzwanele Manyi, Sprecher der nach Ramaphosas Vorgänger benannten Jacob-Zuma-Stiftung. „Sie hat ihre Verantwortung gemäß der Verfassung ignoriert, Abgeordnete zu schützen, die nach ihrem Gewissen entscheiden wollen.“

Die alte Dame sagt „Ja“

Die namentliche öffentliche Abstimmung war nicht ohne Drama: Wer traut sich, „Ja“ zum Impeachment zu sagen? Die ANC-Fraktionsführung hatte ihren Abgeordneten für diesen Fall mit Ausschluss gedroht.

Die erste, die sich traute, war Nkosazana Dlamini-Zuma, Exfrau von Jacob Zuma, ehemalige Außenministerin und Ramaphosas wichtigste Gegenkandidatin bei der letzten parteiinternen Führungskür 2017, als Jacob Zuma wegen Korruptionsvorwürfen abgesetzt wurde. Sie hatte damals knapp gegen Ramaphosa verloren.

„Als diszipliniertes ANC-Mitglied stimme ich mit Ja“, erklärte die stattliche alte Frau jetzt im Plenum. Ihre Parteikollegen schwiegen entsetzt, die Opposition jubelte.

Für das Impeachmentverfahren stimmten aus den Reihen des ANC außerdem Mervyn Dirks, Thandi Mahambehlala, Supra Mahumapelo und Mosebenzi Zwane. Der wichtigste Gegenkandidat Ramaphosas beim bevorstehenden Parteitag, Zweli Mkhize, sowie die öffentlich zu Ramaphosas Rücktritt aufrufende Lindiwe Sisulu waren abwesend.

Sozialaktivist Sacky Elago nennt Dlamini-Zumas Entscheidung, sich öffentlich ihrer Parteiführung zu widersetzen und für weitere Untersuchungen des „Phala Phala“-Korruptionsskandals einzutreten, mutig. „Dies dürfte alle jungen Politiker daran erinnern, dass wir immer unseren Prinzipien treu bleiben müssen, auch wenn uns das etwas kostet“, sagt er.

Bargeld im Präsidentensofa

Phala Phala ist der Name von Ramaphosas Farm. Im Jahr 2020 wurden dort große Mengen ausländisches Bargeld aus ihrem Versteck in einem Sofa gestohlen. Eine nach dem Publikwerden dieser Affäre eingesetzte Untersuchungskommission unter dem pensionierten Richter Sandile Ngcobo kam am vergangenen Dienstag zu dem Schluss, dass der Präsident seine verfassungsgemäßen Pflichten zu gesetzestreuem und ethischem Verhalten verletzt haben könnte, indem er undeklarierte 4 Millionen US-Dollar in seinem Sofa aufbewahrte und nach deren Verschwinden mutmaßliche Verdächtige in Namibia kidnappen und in der Farm verhören ließ, bevor sie Schweigegeld bekamen.

In Reaktion auf den Untersuchungsbericht soll Ramaphosa zunächst zum Rücktritt entschlossen gewesen sein, aber nach Beratungen änderte er seinen Kurs und geht nun juristisch gegen den Bericht vor. Am vergangenen Wochenende erklärte Ex-Geheimdienst Arthur Fraser, dessen Anzeige gegen Ramaphosa die Untersuchung ins Rollen gebracht hatte, es gebe ein Komplott, ihn umzubringen. Fraser ist ANC-Mitglied und einst enger Vertrauter von Jacob Zuma.

All dies erinnert an das giftige Klima im ANC 2017-18, als Jacob Zuma über Korruptionsvorwürfe stürzte und Cyril Ramaphosa seine Nachfolge antrat. Ramaphosa setzte sich damals mit seinem Versprechen durch, Korruption zu bekämpfen. Seine Gegner warfen ihm jedoch Stimmenkauf und eine Säuberung des ANC vor.

Erst am Montag schloss der ANC seinen ehemaligen Sprecher Carl Niehaus aus. Der weiße ANC-Veteran, der zu Apartheidzeiten im Gefängnis saß und später Nelson Mandelas Sprecher wurde, hatte zuletzt ANC-Demonstrationen gegen Ramaphosa angeführt.

Das Parlamentsvotum hat Ramaphosa nun gerettet und ihn zugleich geschwächt. Er verdankt sein politisches Überleben der ANC-Fraktion und musste sich am Ende bei ihr bedanken. Die nächste Kraftprobe steht bevor: Am Freitag beginnt ein ANC-Wahlparteitag, um den Präsidentschaftskandidaten der Regierungspartei für Südafrikas Wahlen 2024 zu küren.

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