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Neues Mode-Wort aus Dänemark„What's hyggin?“

Nora Belghaus
Kommentar von Nora Belghaus

Die angelsächsische Sphäre hat einen neuen Neologismus – „hygge“, das dänische Wort für „gemütlich“. Es fördert Konsum wie Eskapismus.

Ist das „hygge“! Ein dänisches Wort macht Karriere im angelsächsischen Sprachraum Foto: Imago / Jochen Tack

D ie diesjährige Liste der Neologismen des Oxford Dictionary ruft nicht gerade positive Gefühle hervor, stellte das Magazin The New Yorker unlängst fest. So spiegeln „post-truth“, „alt-right“ und „brexiteer“ die weltpolitische Entwicklung im Jahr 2016 umfassend wider. Doch ein kleines, herrlich unpolitisches Wort darf sich unter das neologistische Wortgewitter mischen – das dänische „hygge“. Aus dem 16. Jahrhundert und ursprünglich aus Norwegen stammend bedeutet das Adjektiv so viel wie „cosy“ oder zu deutsch „gemütlich“ und ist mit dem englischen Wort für Umarmung, „hug“, verwandt.

„Hygge“ hat sich also von seinem heimeligen Herkunftsland gelöst und sich in den angelsächsischen Sprachraum aufgemacht. Dort wurde es herzlichst willkommen geheißen und seine Ankunft zum Anlass genommen gleich neun Bücher mit ihm zu betiteln, darunter vor allem Kochbücher und Wellness-Ratgeber. Dass die angelsächsische Zunge es schwer hat, das Wort überhaupt über die Lippen zu bringen, scheint dabei nicht zu stören.

Die Meinungen zum Ursprung der Hyggeligkeit gehen indes auseinander. Der World Happiness Report kürte Dänemark heuer wiederholt zur weltweit glücklichsten Nation, vor lauter sozialer Gerechtigkeit, Selbstbestimmung, und eben Gemütlichkeit?! Gleichzeitig zeigen Studien der letzten Jahre, unter anderem der OECD, dass in Skandinavien besonders viele Antidepressiva verschrieben werden. Ist „hygge“ heutzutage also eigentlich nur noch ein Psychopharmaka-induziertes Gefühl der Geborgenheit?

Auch als Geniestreich der Marketingindustrie ließe sich das kleine „hygge“ verunglimpfen. So taucht es als Hashtag vor allem in Verbindung mit kuscheligen Kaschmirsocken, Sofakissenbezügen in dänischem Design, gefütterten Pantoffeln und teurem Süßkram auf.

Schließlich lässt es sich als ein weiterer Ausdruck gesellschaftlichen Eskapismus' deuten: dem Rückzug aus der Welt der bösen Nachrichten und der Rückkehr vor den Kamin. Hierzulande haben wir für „hygge“ jedoch keine Verwendung. Das norddeutsche Wort „muggelig“ reicht aus, um den hiesigen Neologismen, den „Gefährdern“ und „Abgehängten“, die Stirn zu bieten.

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Nora Belghaus
Redakteurin und Reporterin für die wochentaz. Jahrgang 1988, Studium der Sozial- und Kulturanthropologie, Ausbildung an der Reportageschule Zeitenspiegel. Im Ressort der wochentaz zuständig für lange Lesestücke zu Gesellschaft und Politik.
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1 Kommentar

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  • Dass man mit "Gemütlichkeit" auch Geld verdienen will, ist doch nicht neu, allerhöchstens das Wort "Hygge". Von daher verwundert auch das Aufspringen der HändlerInnen auf diese Schiene nicht. Die Frage ist doch eher: machen wir das als BürgerInnen und VerbraucherInnen mit?

     

    Ein kleines Kissen hat so ziemlich jedeR im Haus, Kerzen, Tee oder Kakao häufig auch. Sich eine kurze 'Auszeit' zu gönnen, so hiess das nämlich bis vor kurzem, ist also ohne grossen Aufwand möglich. Also einfach mal mit einem guten Tee hinsetzen, Kissen in den Rücken und eine Kerze anzünden. Oder eben so, wie jedeR das Wort füllt.

     

    Man kann daraus eine grosse Nummer machen und auch eine unbestimmte Anzahl an Artikeln und Bücher schreiben. Tatsächlich ist es aber lediglich ein Vorschlag zum kurzen bewussten Innehalten, um dann weiterzumachen mit den Anforderungen des Tages.