Neues Klimaziel in Schweden: Keine „grauen“ Emissionen
Alle Parteien wollen ihr Klimaziel um die „grauen“ Emissionen erweitern. Sie entstehen durch den Konsum von im Ausland hergestellten Gütern.
Am vergangenen Donnerstag wurde der 860 Seiten umfassende Plan dazu, wie das Land seinen globalen Klimafußabdruck vermindern will, von Umweltministerin Annika Strandhäll als „bislang weltweit einmalig“ präsentiert.
Was daran ist neu? Derzeit ist die Berechnung der Treibhausgasemissionen einzelner Länder nach dem Territorialprinzip üblich. Auch Deutschland macht das so. In diesen Statistiken fallen aber die „grauen“ Emissionen unter den Tisch, die durch den Konsum von im Ausland hergestellten Gütern entstanden sind. Es gibt deshalb schon lange die Forderung, die Treibhausgasemissionen nach dem Konsumprinzip zu berechnen.
Das will Schweden nun machen. Hatte man in Stockholm schon im Klimagesetz von 2017 gesetzlich festgelegt, bis spätestens 2045 die nach dem Territorialprinzip ermittelten Treibhausgasemisssionen auf „netto null“ zu mindern, soll dieses Ziel nun für alle gelten, die die SchwedInnen insgesamt durch ihren Konsum verursachen, also auch die durch den Import von Waren und Dienstleistungen oder durch internationale Flugreisen. Ob man CO2-Emissionen nach dem Territorial- oder Konsumprinzip berechnet, kann einen gewaltigen Unterschied machen.
Auch Thailand-Reise wird erfasst
Im Falle Schwedens entfielen 2019 pro Kopf der Bevölkerung 9 Tonnen CO2-Äquivalente auf den Konsum, 63 Prozent davon auf den Konsum im Ausland hergestellter Güter. So belasten die Auslandsflugreisen der SchwedInnen das Klima genauso stark wie der CO2-Ausstoß des gesamten einheimischen Straßenverkehrs. Doch die Klimabilanz erfasst nur den sonntäglichen Ausflug mit dem Auto, nicht aber die Flugreise nach Thailand. Das will man ändern.
Umstritten bei dem ganzen Paket ist eine „Gegenrechnung“, die die Parteien des rechten politischen Spektrums zur Bedingung ihrer Zustimmung gemacht hatten. Schwedens Klimabilanz soll nicht nur aufgrund der Konsumperspektive belastet, sondern auch über den „internationalen Klimanutzen, der über nachgewiesene Emissionsminderungen durch Investitionen im Ausland oder Klimavorteile durch Exporte erzeugt wird“, entlastet werden.
Schweden – ein Vorbild?
Wenn also demnächst mit „grünem“ Wasserstoff hergestellter schwedischer Stahl, der „klimafreundlicher“ produziert wird als chinesischer, globale Marktanteile erobert, soll sich das Land das statistisch gutschreiben können. Dies führen Kritiker der Methoden auch in der deutschen Diskussion dazu an: Als Exportnation könnten die hierzulande für das Ausland produzierten Maschinen oder Autos von den Emissionen abgezogen werden.
„Es besteht da ein enormes Risiko, dass mit Zahlen getrickst wird“, befürchtet Kristina Östman von der Naturskyddsföreningen: „Den Klimafußabdruck des Konsums, der ja messbar ist, mit dem Klimanutzen durch Exporte zu vergleichen, was weithin auf bloßen Annahmen beruht, ist so, als wolle man Äpfel mit Birnen vergleichen.“
Insgesamt hofft aber auch sie, dass Schweden eine Vorbildrolle spielen wird, „der hoffentlich bald ganz viele andere Länder folgen“: „Denn natürlich ist es unumgänglich, dass wir alle die Verantwortung über unsere gesamte Klimabelastung übernehmen.“
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