piwik no script img

Neues Entlastungspaket der AmpelÜberwiegend enttäuschend

Was bringt das Entlastungspaket mit Blick auf Energie- und Klimapolitik? Wenig. So wird etwa die Mittelschicht mit den hohen Gaspreisen allein gelassen.

Nicht überzeugend: Scholz und Lindner bei der Pressekonferenz zum dritten Entlastungspaket Foto: dpa

Energie- und klimapolitisch betrachtet ist das dritte Entlastungspaket der Ampel-Koalition überwiegend enttäuschend. Denn das größte Problem für viele Haushalte sind die Gaspreise, die sich spätestens im nächsten Jahr für viele verdrei- bis verfünffachen. Die jährlichen Mehrkosten, die oft viele Tausend Euro betragen, werden auch in der Mittelschicht viele überfordern. Doch für sie stellt die Regierung keinerlei neue Hilfen in Aussicht, sondern vertagt das Problem in eine Kommission.

Nicht überzeugend ist auch die geplante Anschlussregelung für das 9-Euro-Ticket. Zwar ist es erfreulich, dass es auch in Zukunft überhaupt ein bundesweit gültiges Ticket für den Nahverkehr geben soll. Doch zum Preis von 49 oder gar 69 Euro ist nicht nur die Entlastungswirkung deutlich geringer, sondern auch der Anreiz, vom Auto auf den ÖNPV umzusteigen – und damit auch die Klimawirkung des Tickets.

Dass beim CO2-Preis für Heizen und Verkehr die Erhöhung für ein Jahr ausgesetzt wird, ist vor allem als Symbol fragwürdig – denn es sendet das Zeichen, dass der Klimaschutz doch nicht so wichtig ist und langfristig angekündigte Pfade verlassen werden, wenn es politisch opportun erscheint. In der Sache allerdings ist die Entscheidung kein großes Problem – denn marktgetrieben sind die Preise für Kraftstoff und Gas ohnehin so stark gestiegen, dass der CO2-Preis derzeit kaum ins Gewicht fällt und als zusätzlicher Anreiz zum Umstieg auf andere Technologien momentan nicht wirklich benötigt wird.

Durchaus sinnvoll erscheinen dagegen die Pläne für die Reform des Strommarktes. Durch den hohen Gaspreis verdienen die Betreiber von Kohlekraftwerken sowie neuer, großer Wind- und Solarparks derzeit Renditen, die ein Vielfaches dessen betragen, was sie für einen rentablen Betrieb benötigen. Auch wenn es der Branche nicht gefällt: Hier eine Obergrenze einzuziehen und mit dem eingenommenen Geld bei einem Grundbedarf an Strom den Preisanstieg abzumildern, das ist völlig richtig.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • Was mir auffällt: Das Urteil des BverfG zum Klimaschutz und das danach geänderte Klimaschutzgesetz sind nicht das Papier und die Cloud wert, auf das sie gedruckt wurden oder aus der sie klimabelastend abrufbar sind.



    Es wird nicht einmal der Versuch unternommen, mit Tempolimits 100/80/30, kürzeren Ladenöffnungszeiten etc. wenigstens den Teil des CO₂ einzusparen, der kostenlos und kurzfristig möglich wäre.



    Aber wie es scheint, ist das Denken über die tagespolitische Aktualität hinaus und generell in Zusammenhängen verboten. Die Krise entlastet die Regierung von diesen ungeliebten gesetzlichen Vorgaben und Pflichten. Sie sollten künftig darauf verzichten, sie vom Parlament beschließen zu lassen. Die nächste Krise kommt bestimmt.

  • Wer enttäuscht sein will, kann es gerne bleiben.



    Der Kommentator beschreibt ja Einiges an dem Entlastungspaket positiv, warum also die enttäuschende Überschrift?

  • Ich stimme Guido zu. ALLE Parteien haben die Klimakastrophe viel zu klein geredet mit dem Wunsch, den Wähler*innen unangenehme Wahrheiten zu ertragen. Es werden -immer noch und fast ungebremst- zu Gunsten der Globalisten ungeheure Energiemengen in die Atmosphäre geblasen nur zum Zwecke der Profitmaximierung. Gas, Pil und Kohle müssen billig sein, damit das überhaupt noch funktioniert in einem an einem Überangebot und Mangel an kaufkräftiger Nachfrage implodierenden 'Markt', Es ist eine Lüge, es ist wirklich eine Lüge, dass Putin als allein verantwortlicher Verursacher für die Wirtschaftskrise und Inflation verantwortlich gemacht wird und jetzt der angeblich beabsichtigte Notausstieg aus fossilen Energien verzögert werden 'muss'. Nein, die Wirtschaft schrumpfte schon vorher, sie werden ihren Scheiß nicht mehr los, wenn die mit fossiler Energie und IT geförderte Produktivität den Menschen die Möglichkeit nimmt, mit ihrem Einsatz wenigstens ihr Überleben abzusichern. Auch ein Sozialstaat kann das Problem nicht mit der Gelddruckmaschine lösen. Dass sich damit 'die Industrie' selbst das Wasser abgräbt, ist dem kapitalistischen System geschuldet. Wenn Ökonomen Karl Marx in seinen Theorien richtig studiert und verstanden hätten, hätten wir längst eine Auseinandersetzung darüber, wie wir es hinbekommen, nachhaltiger zu wirtschaften und zu leben. Wenn jetzt als neue fantasievolle 'Idee' jetzt eine Entlastung der kleinen Leute dadurch stattfinden soll, dass die 'Sozialabgaben' für alle mit weniger als 1500 € monatlichem Einkommen gestrichen werden, ist nur ein neuer Tachenspielertrick, bezahlt werden muss es ah' und der Jugend an dieser Stelle zu versprechen, es würde für sie noch eine Rente zu geben, ist doch hanebüchen, das Ganze steht vor einem Kollaps, für das Klima könnte es eine Rettung sein. Jetzt geht es um Tafel für alle und Wärmestuben in der Nachbarschaft.

  • Der Kommentar geht an der Sachlage vorbei, dass der neuere wissenschaftliche Forschungsstand für wesentlich schlimmere Szenarien des Klimawandels spricht als noch vor kurzer Zeit für wahrscheinlich gehalten haben. Während Menschen in Pakistan bei 50 Grad brüteten und jetzt ertrinken, ist das Gebot der Stunde eine massive Verschärfung des Klimaschutzes und eine Beschleunigung sämtlicher dafür erforderlicher Maßnahmen. Wenn jemand stirbt, können wir auch nicht sagen, wir kümmern uns morgen. Die Politik der Bundesregierung ist eine Katastrophe für den Klimaschutz und damit ebenso für die Menschenrechte. Jede andere Formulierung wäre eine massive Untertreibung.

    • @PolitDiscussion:

      Die Politik hat sich schon vom radikalen Klimaschutz verabschiedet, siehe heutiges Sommerinterview mit Merz. Zu denken daß das eine Einzelmeinung sei wäre blauäugig. Wohlstand und ewiges Wachstum haben Priorität bei allen Parteien, siehe die Lüge vom grünen Wachstum. Aber da die Parteien ja so von 70% gewählt werden, liegt das Problem ohnehin deutlich tiefer.