Neuer Trend beim Fleischkonsum: Schlachten und teilen
Beim „Crowdbutchering“ wird ein Tier erst getötet, wenn alle seine Einzelstücke verkauft sind. Nachhaltig ist das trotzdem nicht.
Die Idee wird angenommen: „Unser Kundenstamm wächst täglich“, erklärt Maier. Derzeit liefert das Unternehmen etwa einen Monat nach der Bestellung. „Wer Qualität will, muss auch warten können“, sagt der Firmengründer. Damit die Kunden die Herkunft ihres Fleischs überprüfen können, veröffentlicht Kuhteilen Beef Ohrenmarkennummern, Fotos der Tiere sowie Hintergrundberichte.
Das Schlachten und Verarbeiten findet im eigenen Betrieb statt. Mit 169 Schweizer Franken für 4 Kilogramm Fleisch ist der Preis deutlich höher als der für anderes Bio-Rindfleisch. Was in unserem Kulturkreis kaum verzehrt wird – wie der Pansen der Kuh – lassen die Schweizer zu Tierfutter verarbeiten. Markknochen werden zur Schmalzherstellung an Restaurants in der Region abgegeben.
Auch in Deutschland gibt es Versuche, Crowdbutchering zu etablieren. Seit Anfang des Jahres betreibt Dennis Vetter im rheinland-pfälzischen Frankenthal die Webseite geteiltes-fleisch.de, nebenberuflich und als Einzelkämpfer. Über sie verkauft er in ganz Deutschland Anteile von Rindern und Schweinen. „Mit der gesteigerten Anforderung an die Fleischqualität ist auch in Deutschland der Wunsch nach Transparenz groß“, sagt der 29-Jährige.
Er arbeitet mit Höfen zusammen, die nicht unbedingt bio-zertifiziert sein müssen. Entscheidend seien Qualität, Regionalität und Freilauf für die Tiere. „Die Partner werden von mir persönlich ausgewählt“, sagt Vetter. Die Kundschaft muss ihm hier vertrauen.
„Auf Versprechen und Siegel ist kein Verlass“
Der Gedanke, „alle Teile des Tiers zu verwenden“, reiche nicht, um den Nachhaltigkeitsgedanken zu erfüllen, sagt zwar die Agrarsprecherin der Umweltorganisation Germanwatch, Reinhild Benning. Schließlich verwendeten auch industrielle Fleischproduzenten die Reste aus der Tierproduktion und exportierten sie in die „Kleinbauernmärkte in den Süden“.
Sie befürwortet deshalb eine „Pflichtkennzeichnung der Tierhaltung“, wie es sie bei Eiern gibt. Wenn sie auf diese Weise kontrollierbar seien, könnten „Crowdbutchering und andere Tierschutz-Initiativen aus der Nische herauswachsen“ und sich gleichzeitig vor Nachahmern aus der konventionellen Landwirtschaft schützen, so Benning.
Kritisch beurteilt Edmund Haferbeck, Leiter der Wissenschafts- und Rechtsabteilung der Tierrechtsorganisation Peta, den Trend. „Ich bezweifle, dass viele Nutzer wirklich die Möglichkeiten der Transparenz nutzen“, sagt er. Wer fahre schon Hunderte Kilometer zum Hof „seiner Rinder“?
Zwar sei es gut, wenn Crowdbutchering „zu besseren Bedingungen für die Tiere führe“, aber seine langjährige Arbeit für Peta habe ihn gelehrt, „dass auf Versprechen und Siegel kein Verlass ist“. Daher empfiehlt er der Crowd lieber: fleischlose Kost.
Korrektur: In der ersten Fassung des Artikels hatten wir Frankenthal von Rheinland-Pfalz nach Baden-Württemberg verlegt. Das ist jetzt korrigiert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?