Neuer Trainer in Gladbach: Adi sagt Pfiat di!
Obwohl Eintracht Frankfurt die Champions League winkt, wechselt Coach Hütter zur schlechter platzierten Borussia nach Mönchengladbach.
Dienstreisen in den Borussia-Park waren für Adi Hütter bislang nicht mit Glücksgefühlen verbunden. Zweimal verlor der Trainer mit Eintracht Frankfurt bei Borussia Mönchengladbach: 2:4 im Oktober 2019, 1:3 im September 2018. Und dann gab’s ja noch eine 1:6-Klatsche in den Champions-League-Playoffs mit Young Boys Bern im August 2016.
Vier Tage vorm vierten Gastspiel am Niederrhein verkündete der Fußballlehrer aus Vorarlberg, dass jene Spielstätte ab Sommer sein nächster Arbeitsplatz wird. „Die Entscheidung, zur neuen Saison ein neues Kapitel aufzuschlagen, habe ich mir nicht leicht gemacht“, teilte der Frankfurter Chefcoach mit, der in Mönchengladbach einen Dreijahresvertrag bekommt. Das Bundesligaspiel zwischen der Borussia und der Eintracht wird für den 51 Jahre alten Hütter zur skurril anmutenden Begegnung von Zukunft und Gegenwart.
„Er ist für unsere Mannschaft und unseren Verein der beste Trainer für die ab dem Sommer vor uns liegenden Herausforderungen und Ziele“, sagte Mönchengladbachs Sportdirektor Max Eberl. Ihm war es gelungen, den begehrten Coach vom Mythos eines besonderen Traditionsvereins zu überzeugen. Möglich wird der Wechsel, weil Hütter in seinem bis zum 30. Juni 2023 datierten Vertrag über eine Ausstiegsklausel über 7,5 Millionen Euro verfügt. Die Hessen lösten den vor drei Jahren bei Young Boys Bern zu Meisterehren gekommenen Österreicher übrigens für 850.000 Euro ab.
Dessen Marktwert hat sich also fast verzehnfacht, weil er das Frankfurter Team auf einen attraktiven, körperbetonten Powerfußball polte, der erstmals in der Vereinsgeschichte in die Champions League führen könnte. Dem aktuellen Achten Gladbach winkt hingegen die Premiere in der neuen Europa Conference League. Eilig versicherte Hütter, er wolle diese Saison mit einem „herausragenden Ergebnis“ abschließen. Denn: „Wir haben eine historische Chance.“
„Ich bleibe“ – nicht
Dass er entgegen eines Treueschwurs aus dem Februar („Ich bleibe“) so rasch weiterzieht, stößt in der Mainmetropole auf Unverständnis. Offenbar empfindet er „drei erfolgreiche und intensive Jahre“ als ausreichend. Zudem soll als Köder ein höheres Gehalt als bei der Eintracht gedient haben, wo Hütter bei rund drei Millionen Euro veranschlagt wird. Dass er der richtige Übungsleiter ist, um die anfangs gut greifende Marco-Rose-Lehre fortzuführen, steht außer Frage: Die Vorliebe fürs frühe Attackieren macht die beiden zu Brüdern im Geiste, wenn sie auch als Charaktere nicht viele Parallelen aufweisen.
Während Mönchengladbach den Nachfolger für den zu Borussia Dortmund abwandernden Trainer Rose gefunden hat, fangen die Bastelarbeiten in Frankfurt erst an. Sportdirektor Bruno Hübner, 60, hört nach zehn Jahren auf. Sportvorstand Fredi Bobic, 49, kündigte vor Wochen seinen Ausstieg aus dem bis 2023 laufenden Kontrakt an. Er verhandelt über die Entschädigung zur vorzeitigen Vertragsauflösung selbst, will dann mutmaßlich aus Hertha BSC in der von ihm als Lebensmittelpunkt präferierten Hauptstadt einen Big City Club formen.
Damit geht der Eintracht in einer der besten Spielzeiten der wechselhaften Historie die gesamte sportliche Leitung verlustig – ein einmaliger Vorgang. Die Fluktuation kommt zur Unzeit. Bisher ist die Unruhe nicht auf die Mannschaft abgefärbt, aber eine Niederlage in M'gladbach könnte das erste Störfeuer werden. Dann folgen Partien gegen den FC Augsburg und bei Bayer Leverkusen. Bobic teilte mit, dass dem Erreichen der Champions League „unsere gesamte Aufmerksamkeit“ gilt. Hütter versicherte: „Alles, was für mich jetzt zählt, ist der Erfolg der Eintracht. Wir wollen unseren Vorsprung verteidigen.“
Hinter den Kulissen ist derweil Aufsichtsratschef Philip Holzer gefordert. Dem ehemaligen Investmentbanker obliegt in Personalfragen die Hoheit. Er gilt als öffentlichkeitsscheuer Stratege, der aber den Blick gerne weitet. Offenbar ist der Verein bei der Suche nach einem Sportvorstand deutlich weiter als viele denken, wobei die Spur definitiv nicht zu Ralf Rangnick führt. Die Fußstapfen für jeden neuen Manager und Trainer sind im Stadtwald allerdings riesig.
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