Neuer Premierminister in Kambodscha: Hun Manet folgt seinem Vater
Kambodscha hat nach 38 Jahren einen neuen Regierungschef: den Sohn des bisherigen Premierministers. Hat der Erbe überhaupt Spielraum?
Dass am 22. August das Parlament Hun Manet das Vertrauen ausspricht, steht außer Frage. Weil sein Vater die Opposition ausgeschaltet hatte, gewann seine Volkspartei (CPP) bei der Wahl Ende Juli 120 der 125 Sitze.
Der 45-jährige Hun Manet wurde an westlichen Universitäten und Militärakademien ausgebildet. Die meisten Politiker der Generation seines Vaters hatten weder solide Bildung noch internationale Erfahrung. Sie wurden durch den Vietnamkrieg, als Kader der oder als Widerständler gegen die Roten Khmer oder im Bürgerkrieg nach deren Vertreibung sozialisiert. Ihre Politik prägte ein Freund-Feind-Denken.
Hun Sen ließ Kritiker gnadenlos verfolgen und scheute wohl auch nicht vor Mord zurück, auch wenn nie belegt werden konnte, dass Morde wie 2016 an Kem Ley, der die Korruption des Hun-Sen-Clans kritisierte, von höchster Stelle angeordnet wurden. Doch ist Bildung per se kein Garant für eine liberale, demokratische Herrschaft. Pol Pot und andere Führer der mörderischen Roten Khmer hatten an der Sorbonne in Paris studiert.
Papa bleibt der eigentliche Chef
Hun Sen hat die Übergabe der Macht an seinen Sohn seit Jahren sorgsam vorbereitet. Nach und nach machte dieser Abschlüsse in Wirtschaftswissenschaften an Universitäten in den USA und Großbritannien und war der erste kambodschanische Absolvent der US-Militärakademie West Point. Er bekam daraufhin hohe Posten in der CPP und im Militär.
Auffällig ist jedoch das Fehlen jeglicher Regierungserfahrung des mit der Tochter eines hohen Politikers verheirateten Mannes. Zugleich ist nichts von seinen Vorstellungen über Kambodschas Zukunft bekannt. Er gab bisher kaum Interviews und seine Auftritte im Wahlkampf wurden als freundlich, aber unverbindlich beschrieben.
Offen ist, welchen Spielraum Hun Manet als Premier überhaupt haben wird. Wiederholt betonte sein Vater in den vergangenen Monaten zwar, dass er dem Filius nicht reinreden wolle, er selbst aber als CPP-Chef und ab 2024 als Senatspräsident weiter für das „politische Management“ des Königreichs zuständig sein werde.
Sebastian Strangio, Autor des Buches „Hun Sen’s Cambodia“, hat fast etwas Mitleid mit dem neuen Premierminister: „Hun Manet erbt das von seinem Vater geschaffene System, das nicht auf Institutionen ruht, sondern auf einer sorgfältig austarierten Machtverteilung und Vetternwirtschaft zwischen Politikern, mächtigen Familien und Firmenbossen.“ Strangio ergänzt: „Manet ist in gewisser Weise ein Gefangener des Systems. Ich sehe nicht, dass sich etwas ändert.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Umgang mit nervigen Bannern
Bundesrat billigt neue Regeln für Cookies