Neuer Präsident von Niger: Bazoum gewinnt Wahl in Niger
Der Hardliner erhielt bei der Stichwahl knapp 56 Prozent der Stimmen in dem westafrikanischen Land. Sein Gegner Ousmane erkennt das Ergebnis nicht an.
Zwischen den beiden Wahlgängen besuchte Mohamed Bazoum Frankreich. Zur selben Zeit war dort auch der scheidende Präsident Mahamadou Issoufou zu Gast. Nigers Zivilgesellschaft nannte die Reise eine Einmischung der einstigen Kolonialmacht: Bazoums einzige „offizielle Funktion“ war zu diesem Zeitpunkt, Kandidat der Stichwahl zu sein. Sein Amt als Innenminister hatte er Ende Juni 2020 aufgegeben, um sich auf den Wahlkampf vorzubereiten. Aber in Paris war er schon der kommende Präsident.
Mit 55,75 Prozent der Stimmen ist Bazoum am späten Dienstag zum Sieger der Stichwahl vom vergangenen Sonntag erklärt worden. Sein Gegner Ousmane erkennt das Ergebnis nicht an, in der Hauptstadt Niamey gab es am Mittwochmorgen Straßenschlachten. Kein guter Auftakt für den Mann, der für Nigers innere Sicherheit zuständig war und jetzt das Land führen soll.
Drehkreuz für Migration
Das europäische Interesse an einem stabilen Niger ist groß. Lange Zeit war Agadez in Nigers Wüste Sahara das Drehkreuz der westafrikanischen Migration Richtung Europa. Vergangene Woche erklärte die Internationale Organisation für Migration, dass in diesem Jahr mehr als 135.000 Migrant*innen in Niger auf Hilfe angewiesen sein werden.
Die Migration bewegt sich in beide Richtungen: Es gibt Rückkehrer*innen aus Nordafrika sowie weiterhin viele Tausend Menschen, die trotz aller Schwierigkeiten hoffen, die Sahara durchqueren zu können. Ein Präsident, der durchgreift, könnte dies eindämmen. Niger ist außerdem ein Schlüsselland im Kampf gegen islamistische Terrorgruppen in der Sahelzone. Deutschland arbeitet dabei besonders eng mit dem Land zusammen. Bazoum steht in diesen Bereichen für Kontinuität. Schon als Innenminister galt er als Hardliner.
Geboren wurde der Angehörige der arabischen Minderheit in der Region Diffa am Tschadsee und wuchs in Tesker in der Nachbarregion Zinder auf. In den 1990er Jahren war er kurzzeitig Außenminister und machte seit Issoufous Wahl zum Präsidenten im Jahr 2011 politische Karriere, zuerst erneut als Außenminister, ab 2015 als Innenminister.
In dieser Funktion geriet er 2017 in die Kritik. Nach Informationen von Amnesty International kam es zu einer Welle von willkürlichen Verhaftungen von Oppositionellen und Journalist*innen. In einem Interview mit der Zeitschrift Jeune Afrique wies Bazoum die Kritik zurück: Die Aktivist*innen hätten zu Straftaten aufgerufen, sagte er. Auch sei das Land nach drei Staatsstreichen innerhalb von zehn Jahren verwundbar. Jetzt will Bazoum ein „Präsident für alle Nigrer“ sein. Es bleibt offen, ob alle Nigrer das wollen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour