Neuer Anlauf für Bücherei-Umzug: Die ZLB ist kein Mittel zum Zweck
Zum Galeria-Retten an den Alexanderplatz? Das sollte für einen neuen Standort von Berlins wichtigster Bibliothek nicht entscheidend sein.

E s ist zumindest eine auffällige Parallelität von Ereignissen: Neue Leitung in der Kulturverwaltung des Senats, neuer Anlauf für einen Umzug der Zentral- und Landesbibliothek (ZLB) an den Alexanderplatz. Was nahe legen würde: Wer auch immer Interesse daran hat, will es einfach noch mal versuchen. Dabei hat sich an der Ausgangslage nichts dadurch geändert, dass statt des zurückgetretenen Joe Chialo nun die vormalige Staatssekretärin Sarah Wedl-Wilson in der Landesregierung fürs Kulturelle zuständig ist. Berlin hat maximal Geld für Notlagen, wenn sprichwörtlich etwas zusammenzubrechen droht, aber nicht mehrere hundert Millionen für einen ZLB-Umzug.
Auch nichts ändert sich dadurch, dass die Sache am Standort Alex angeblich deutlich billiger sein soll als jene rund 600 Millionen Euro, die für einen Umzug ins vormalige Galeries-Lafayette-Kaufhaus an der Friedrichstraße im Gespräch waren. Das ist eben der Unterschied zwischen relativer und absoluter Betrachtung: 50 Prozent Rabatt auf eine Millionenvilla helfen niemanden bei der Haussuche, der nur ein paar tausend Euro auf dem Konto hat.
Andere Dinge mögen sich seit den Kürzungsankündigungen der schwarz-roten Landesregierung im Frühjahr nach vorne geschoben haben. Doch spätestens, wenn der Senat seinen Haushaltsentwurf beschließt – üblicherweise noch vor der Sommerpause –, wird wieder klar sein: Da ist schlicht kein Geld für einen ZLB-Umzug.
Da kann es auch kein Argument sein, mit einer Verlegung an den Alexanderplatz das Überleben des dortigen Galeria-Kaufhauses zu sichern – was an sich ja in Sachen Arbeitsplätze und Einkaufsangebot nicht zu kritisieren ist. Doch es macht die ZLB zu einem bloßen Mittel zum Zweck. Eine Bibliothek ist aber keine Behörde, die sich zur Wirtschaftsförderung verlagern lässt, um Jobs und Kaufkraft an andere Orte zu bringen. Zur Galeria-Rettung muss sich sich die Wirtschaftsverwaltung des Senats anderes einfallen lassen.
Ein neuer Standort müsste ein Hingucker sein
Wenn es einen Umzug gäbe, müsste im Vordergrund stehen, was für das zwischenzeitlich erhoffte Friedrichstraßen-Domizil galt: ein echter Hingucker, ein Anziehungspunkt für all das, was eine Bibliothek bietet, weit über die namensgebenden Bücher hinaus.
Vielleicht gibt es ja den aktuell von der immer noch neuen Bundesregierung viel beschworenen wirtschaftlichen Aufschwung, vielleicht sorgt der dann für mehr Steuereinnahmen und somit mehr Möglichkeiten für den Berliner Landeshaushalt. Das ist dann der Zeitpunkt, Geld in einen Umzug oder Neubau zu stecken, der wirklich begeistert oder zumindest etwas Besonderes darstellt.
Eine halbgare Lösung, die vorrangig andere Ziele verfolgt, ist der Berliner Zentral- und Landesbibliothek schlicht nicht angemessen. Zu hoffen ist bloß, dass die jetzigen Bauten am Blücherplatz und in der Breiten Straße bis zu einer derart veränderten Finanzlage durchhalten.
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