Neue alternative Privatschule: Freie Schule im Endspurt
Mit der Freien Gemeinschaftsschule wird die erste unabhängige alternative Privatschule Bremens eröffnen. Eigentlich fehlen nur noch ein paar SchülerInnen.
Am Ende waren sie dann selbst ein bisschen überrascht darüber, dass es diesmal geklappt hat: die Elterninitiative hinter der „Freien Gemeinschaftsschule Bremen“ (FGS) freut sich über das Okay aus der Bildungsbehörde. An der FGS sollen Jugendliche „selbstbestimmt und demokratisch lernen“, sagt Mit-Initiator Martin Wandelt. Selbst über ihre Lehrpläne entscheiden die Jugendlichen im Plenum. Rund 50 SchülerInnen der Jahrgänge fünf bis zehn sollen im alten Postamt am Sebaldsbrücker Bahnhof die erweiterte Berufsbildungsreife oder einen mittleren Schulabschluss erwerben.
Die FGS wird Bremens erste freie allgemeinbildende Privatschule. Die anderen sind entweder an Waldorfpädagogik oder kirchlich ausgerichtet – oder sie haben eine spezielle Zielgruppe wie die englischsprachige „International School“. Alternative Gründungsversuche gab es allerdings auch in der Vergangenheit. Aus Sorge um soziale Segregation und die Aushöhlung des staatlichen Schulsystems hat Bremens ehemalige Bildungssenatorin Renate Jürgens-Pieper (SPD) alternative Projekte auch vor Gericht bekämpft.
Obwohl die FGS mit nur 16 SchülerInnen startet, gibt es mittlerweile wieder freie Plätze. Denn als sich die Wartezeit auf die Zulassung in die Länge zog, seien einige Interessierte wieder abgesprungen, sagt Nicole Weydmann vom Elternverein. Sie hätten dann Verträge etwa beim Konkurrenten Waldorf unterschrieben. Am kommenden Sonntag findet ein Informationsnachmittag für interessierte Eltern statt. Für die folgenden Jahrgänge hingegen sollen bereits viele Zusagen vorliegen.
Nicht alle der über 200 FGS-UnterstützerInnen haben noch selbst Kinder im schulfähigen Alter. Weydmann nennt sie die „politische Unterstützung“ – WegbegleiterInnen vorheriger Gründungsversuche und der Auseinandersetzungen mit der Bildungsbehörde. Auch Wandelt stand 2012 noch gegen die Behörde vor Gericht. Damals ging es um eine freie Grundschule. Für diese Schulform gelten schärfere Bedingungen an das pädagogische Konzept als bei Oberschulen. Auf Nachfrage der taz hatte Behördensprecherin Christina Selzer versichert, diesmal handle es sich nicht um eine politische Entscheidung, sondern um einen Verwaltungsakt.
Mit dieser Trennschärfe allerdings hat es die Behörde zumindest aus Sicht der verhinderten SchulgründerInnen nicht immer so genau genommen. Die Eltern hatten der Verwaltung vorgeworfen, ihre Anträge aus politischen Motiven verschleppt zu haben . Ein paar Monate hat es dann auch diesmal gedauert. Laut Wandelt lief es ansonsten aber problemlos. „Die Behörde wirkt wie ausgetauscht“, sagt er. Heute seien viele neue Gesichter dort und die Gespräche seien durchweg freundlich und verständig verlaufen.
Den bundesweiten Trend zu mehr Privatschulen konnte der frühere Widerstand ohnehin nicht aufhalten. Das Statistische Bundesamt verbucht seit Jahren mehr an Privatschulen Unterrichtete. Mit rund 10,4 Prozent liegt Bremen sogar über dem Bundesdurchschnitt.
An der FGS möchte man nun nicht nur pädagogisch alles anders machen. So sollen etwa auch unter den „LehrbegleiterInnen“ Hierarchien abgebaut und LehrerInnen und „Hortkräfte“ gleich bezahlt werden. Nur leisten kann sich der Elternverein das noch nicht. In den ersten drei Jahren müssen Privatschulen ohne öffentliche Fördermittel auskommen und allein das Schulgeld von durchschnittlich 170 Euro reicht für diese geplante Gleichbehandlung noch nicht aus. Die Perspektive sei langfristig aber da, so Weydmann.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste