piwik no script img

Neue WohngemeinnützigkeitSoziale Vermieter bekommen Steuervorteile

Die neue Wohngemeinnützigkeit kommt: Sie soll dauerhaft für bezahlbare Mieten sorgen. Die Linke sieht darin aber einen „Etikettenschwindel“.

Mietenprotest im Juni 2024 in Berlin: Rund 10.000 Menschen demonstrierten für bezahlbaren Wohnraum Foto: AdoraPress/M. Golejewski

Berlin taz | Am Freitag hat der Bundestag eine neue Wohngemeinnützigkeit beschlossen. Im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2024 wurde die „Förderung wohngemeinnütziger Zwecke“ in die Abgabenordnung aufgenommen. Mit dem Wiedereinstieg in die Wohngemeinnützigkeit entstehe „Wohnraum für kleine und mittlere Einkommen ohne zeitliche Befristung“, erklärte Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD). Sie hoffe nun, „dass möglichst viele Investoren diese Möglichkeit nutzen, langfristig und sinnvoll in Wohnraum zu investieren“.

Diese Möglichkeit können zum Beispiel sozial orientierte Stiftungen, Vereine, kommunale Unternehmen oder Unternehmen der Sozialwirtschaft nutzen. Das Prinzip ist einfach: Wer bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung stellt, bekommt Steuervorteile. Nach Schätzungen des Bauministeriums könnten sich die Steuererleichterungen „auf ein- bis zweitausend Euro pro Wohnung und Jahr belaufen“. Die angebotene Miete muss aber dauerhaft unter der marktüblichen Miete liegen.

Laut Gesetzentwurf soll gezielt an Menschen vermietet werden, deren Einkommen nicht mehr als das Fünffache, bei Alleinstehenden und Alleinerziehenden mehr als das Sechsfache der Sozialhilfe beträgt. Die Hilfebedürftigkeit muss nur „zu Beginn des jeweiligen Mietverhältnisses vorliegen“. Laut Bundesbauministerium können durch diese festgelegten Einkommensgrenzen rund 60 Prozent der Haushalte in Deutschland von der neuen Wohngemeinnützigkeit profitieren.

Das Besondere ist: Mit der Wohngemeinnützigkeit sollen Wohnungen dauerhaft bezahlbar bleiben. Beim sozialen Wohnungsbau ist eine reduzierte Miete je nach Förderprogramm immer nur für einen bestimmten Zeitraum vereinbart. Danach darf nach den Regeln des freien Marktes vermietet werden. Die neue Wohngemeinnützigkeit ersetzt aber nicht den sozialen Wohnungsbau, es ist lediglich eine weitere Möglichkeit.

Die Investitionszulagen fehlen

Die Einführung der neuen Wohngemeinnützigkeit ist ein vereinbartes Vorhaben der Ampelregierung – doch es wird nur teilweise umgesetzt. Im Koalitionsvertrag hieß es, man werde „zeitnah eine neue Wohngemeinnützigkeit mit steuerlicher Förderung und Investitionszulagen auf den Weg bringen.“ Die Investitionszulagen, also staatliche Subventionen, sind nun aber nicht vorgesehen. Das ist nicht nur der schwierigen Haushaltslage geschuldet. Die FDP ist grundsätzlich kein großer Befürworter einer Wohngemeinnützigkeit. Ihr war wichtig, dass die etablierte Wohnungswirtschaft durch die Einführung nicht benachteiligt wird.

Die Bundestagsabgeordnete und Wohnungspolitikerin Hanna Steinmüller (Grüne) begrüßte deshalb zwar die Einführung, sprach aber von einer „Spar-Version der Wohngemeinnützigkeit.“ Um einen „schlagkräftigen gemeinnützigen Sektor auf dem Wohnungsmarkt“ zu etablieren, brauche es „unbedingt Investitionszulagen für die berechtigten Unternehmen.“

Die Bundestagsabgeordnete Caren Lay (Linke) bezeichnete die neue Wohngemeinnützigkeit als „Etikettenschwindel“. Es sei nicht zu erwarten, „dass kommunale Wohnungsunternehmen oder Genossenschaften angesichts der spärlichen Steueranreize und ohne ein begleitendes Investitionsprogramm unter das Dach der Gemeinnützigkeit schlüpfen werden“, kritisierte sie.

Auch der Deutsche Mieterbund, der seit Langem eine Wiedereinführung der Wohngemeinnützigkeit fordert, ist nicht überzeugt. Die Regelung werde „nach Ansicht von Fachleuten nur den Unternehmen helfen, die bereits gemeinnützig sind“, kritisierte Mieterbund-Präsident Lukas Siebenkotten schon im Juni.

Bis 1990 gab es in der Bundesrepublik eine Wohngemeinnützigkeit. Diese wurde unter der damaligen schwarz-gelben Regierung abgeschafft, die auf die Kräfte des Marktes setzen wollte. Dem vorangegangen war auch ein Korruptionsskandal des gemeinnützigen Wohnungsbauunternehmens „Neue Heimat“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • Das führt doch auch wieder nur zu einer Förderung für die Falschen.



    Wenn nur am Anfang eine Bedürftigkeit nachgewiesen werden muss.



    Bsp: Zwei Medizinstudenten (bedürftig) ziehen ein und nach 5 Jahren sitzen in der geförderten Wohnung 12.000 Eur Monatseinkommen....da müsste eigentlich die Miete angepasst werden.



    Das würde dazu führen, sie machen die Wohnung frei oder leisten einen Beitrag zum Bau neuer geförderter Wohnungen

  • Das wird nicht helfen, denn was sind 2000 Euro max pro Wohnung pro Jahr an Steuererleichterung, das gleicht noch nicht einmal die enorm gestiegen Materialkosten und Zinskosten aus. UndGleichzeitig schlägt die SDP vor den Mindestlohn auf 15 Euro anzuheben, was für die Betroffen gut ist, hat aber im im Wohnungsbau einen negativen Effekt, der Bau wird noch teurer. Steuererleichterungen wirken ja auch nur wenn ich als Vermieter Gewinne mache wenn aber gleichzeitig die Mieteinnahmen gedeckelt sind, die Kosten steigen, werde ich keinen Gewinn machen. Ohne Gewinne kann ich die Steuererleichterung nicht anwenden.....



    Also wird diese Massnahme meiner Meinung nach nicht die Wohnungsnot mindern oder den steigenden Mietpreisen entgegenwirken.

  • Auf dem Plakat auf dem Bild über dem Artikel steht schon geschrieben, was wirklich geändert werden müßte:

    "Wohnraum ist keine Ware" !!!

    Es ist doch ganz einfach:

    - Abschaffung von privatem Bodenrecht in hochverdichteten urbanen Gebieten.

    - die entschädigungslose Rekommunalisierung von börsennotierten Wohnungskonzernen

    - Verbot von renditeorientierten Aktiengesellschaften im Bereich Wohnungsbau, Wohnraumbewirtschaftung und Immobilienhandel.

    Als Gesetzesgrundlage gilt der Artikel 15 GG in der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland:

    www.nachrichtenlei...-erklaert-100.html

    Müssen nur wollen... . :-)

    • @Goldi:

      Ja, Privateigentum ist schon nervig, und wenn sich Behörden um das zuteilen von Wohnraum kümmern würden wäre auch viel effektiver....müssen nur wollen ;-)

  • Diese wurde unter der damaligen schwarz-gelben Regierung abgeschafft, die auf die Kräfte des Marktes setzen wollte.

    Die taz hat "die Wohnungskonzernen und anderen Investoren obszöne Gewinne auf Kosten der Allgemeinheit sichern wollte" falsch geschrieben.

  • "Bis 1990 gab es in der Bundesrepublik eine Wohngemeinnützigkeit."

    Mir ist über das letzte Jahrzehnt welches diese Debatte jetzt auch schon geht, entfallen ob der Bestand von 1990 der sich schon vor Corona mehr als halbiert hatte, nur Wohnungen auf dem Gebiet der ex-BRD oder auch der ex-DRR umfasste?

  • Na wunderbar.



    Ein erster, kleiner Schritt in die richtige Richtung.



    Der nächste sogar kostenneutrale Schritt sind Stockhiebe für Wuchervermieter und Mietzinsüberzieher.