Neue Vorwürfe im Abgasskandal: Umwelthilfe greift BMW an
Bei Tests entdeckt die Organisation Abschalteinrichtungen in der Software von älteren Dieselautos. Der Hersteller weist die Anschuldigungen zurück.
„Wir haben Abschalteinrichtungen gefunden, die bei Geschwindigkeiten von mehr als Tempo 120 greifen, bei Temperaturen unterhalb von zehn Grad, bei stärkerer Beschleunigung, bei höheren Drehzahlen oder auch, wenn die Klimaanlage angeschaltet wird“, sagt Jürgen Resch, Hauptgeschäftsführer der Umwelthilfe in Berlin. Und wenn das Fahrzeug einmal im Schmutzmodus sei, bleibe es dort auch.
Betroffen sind vor allem ältere Fahrzeuge der Abgasnormen Euro 5 und 6. Die Umwelthilfe schätzt, dass davon noch mehrere Hunderttausend in Deutschland unterwegs sind.
Resch wirft BMW vorsätzliche schwere Körperverletzung mit Todesfolge in Tausenden Fällen vor sowie millionenfachen Betrug an den Autofahrern. Das Kraftfahrtbundesamt (KBA) müsse als Aufsichtsbehörde eine Nachrüstung verlangen oder die Fahrzeuge stilllegen. BMW müsse Schadenersatz an die Kunden zahlen.
Autokonzern verteidigt sich
BMW wehrt sich: „Die DUH hat heute altbekannte Vorwürfe wiederholt. Ähnliche Anschuldigungen konnten in der Vergangenheit klar widerlegt werden“, sagt ein Sprecher. „Wie darüber hinaus hinlänglich bekannt ist, arbeitet die Abgasreinigung moderner Motoren in Abhängigkeit vom aktuellen Betriebszustand und den jeweiligen Rahmenbedingungen. Das dient der Funktionssicherheit relevanter Bauteile.“
Der Streit läuft seit September 2015. Die US-Umweltbehörde EPA veröffentlichte damals, dass die eingebaute Software von VW-Dieselfahrzeugen den Motor so steuerte, dass er auf dem Prüfstand saubere Abgaswerte lieferte, im Straßenverkehr aber deutlich mehr Stickoxid ausstieß als erlaubt.
Der Skandal weitete sich auch auf andere Hersteller aus. Betroffen waren weltweit gut 11 Millionen Fahrzeuge. Der Konzernchef musste gehen, zahlreiche Ingenieure und der ehemalige Audi-Chef mussten und müssen sich vor Gericht verantworten.
Fahrzeuge übertreffen Grenzwerte um Vielfaches
Schon damals prüfte die Umwelthilfe auch Dieselfahrzeuge von Mercedes und BMW. Auch sie rissen die Grenzwerte für Stickoxide. Bei Mercedes wurden auch Fahrzeuge zurückgerufen. BMW kam mit freiwilligen Software-Updates davon.
2017 sagte Harald Krüger, damals Konzernchef in München, BMW habe nicht manipuliert. Heute sagt der Sprecher: „Die BMW Group verwendet keine das Emissionsverhalten beeinflussende Erkennung von Abgas-Rollenprüfständen.“ Und: „Es ist für uns[…] weder nachvollziehbar noch zielführend, dass immer wieder versucht wird, mit unrealistischen Fahrsituationen vorsätzlich extreme Messwerte zu provozieren.“
Die Umwelthilfe testet im Straßenbetrieb auf einem Rundkurs im Nordwesten Berlins. Mehr als 30 BMW-Modelle hat Axel Friedrich, der die Tests leitet, inzwischen geprüft, er spricht von 280 bis 300 Einzeltests. Das Ergebnis bisher: Die Fahrzeuge übertreffen die zulässigen Grenzwerte zum Teil um ein Vielfaches. Nach dem Fund der Abschaltautomatiken wurde nachgetestet.
So lag ein BMW 525d, Euro 5, im Normalbetrieb bei 1.226 Milligramm Stickoxid pro Kilometer, erlaubt sind 180. Bei Tempo 130 auf der Autobahn stieß das Fahrzeug 2.036 Milligramm aus, bei einer größeren Steigung waren es 5.847. Ein Wert so hoch, dass Friedrich dachte, „wir können solche Werte gar nicht messen“.
Ein BMW 318d, Euro 6, erwies sich als deutlich sauberer, lag aber noch über dem für die Norm strengeren Grenzwert von 80 Milligramm je Kilometer. Der neuere X5 xDrive40d, Euro 6, hielt die Grenzwerte außer unter Last ein.
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