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Neue Vorgaben für ÖkowaschmittelKipp mehr rein, Vati, kipp mehr rein!

Der Bio-Naturwarenhandel hat sich einen höheren Standard für Wasch- und Reinigungsmittel auferlegt. Doch das bringt neue Probleme.

Mit den neuen Anforderungen an Ökowaschmittel gehen auch Nachteile einher – für die Verbraucher und auch für die Umwelt. Foto: dpa

Es riecht so gut, aber wäscht es auch schön? Biologische Waschmittel gelten im Supermarkt noch immer als die Exoten. Für sie gilt: Nur weil Bio drauf steht, muss noch lang kein Bio drin sein. Bislang gibt es für diesen kleinen Nischenmarkt zwar einige Zertifizierungen, doch die kennt auch noch kaum jemand. Ein einheitlicher Öko-Standard, wie es ihn für ökologische Lebensmittel gibt, fehlt. Der Bundesverband Naturkost Naturwaren (BNN), dem insgesamt mehr als 200 Einzelhändler, Großhändler und Hersteller angehören, will nun Abhilfe schaffen und einen neuen Standard für Wasch-, Putz- und Reinigungsmittel schaffen.

Hersteller, die ihre Produkte weiterhin in vom BNN zertifizierten Naturkostregalen gelistet sehen wollen, müssen sich bis Ende 2018 nach den neuen Richtlinien zertifizieren lassen. Alle pflanzlichen Inhaltsstoffe müssen dann aus kontrolliert biologischem Anbau stammen. Chemikalien auf Erdölbasis sind verboten, genauso wie Gentechnik. Bisher kommen gentechnisch veränderte Enzyme wie Proteasen, Amylasen und Lipasen bei der Herstellung von Bio-Reinigungsprodukten oder Kosmetikartikeln noch zum Einsatz. Sie verleihen den Waschmitteln die Reinigungskraft, indem sie organische Substanzen wie Proteine, Stärke oder Fette abbauen. Sie ermöglichen so eine hohe Waschleistung bei niedrigen Temperaturen.

Damit soll nun Schluss sein – zumindest in den entsprechenden Bioregalen. „Es gibt auch heute schon zahlreiche Produkte, die die neuen Kriterien bereits erfüllen“, sagt Carolin Dressler, diplomierte Ernährungswissenschaftlerin des BNN, und führt etwa Produkte der Marken Sodasan und Sonett an. „Unser Ziel ist es, Verbrauchern wie Einzelhändlern Orientierung bei der Suche nach wirklich nachhaltigen und grünen Reinigungsmitteln zu geben“, erklärt sie. „Hersteller wissen nun, was der Fachhandel fordert, und Einzelhändler haben im Kundengespräch nachvollziehbare Argumente für ihre Produkte.“

Einzel- und Großhändler des Naturkostverbandes nehmen die Regelungen bislang positiv auf, heißt es. Alnatura-Sprecherin Stefanie Kaufmann sagt etwa: „Wir begrüßen die neuen Richtlinien, da sie Verbrauchern eine wirklich verlässliche Orientierung bieten.“ Die Sprecherin der Bio-Supermarktkette basic, Carolin Breul, sagt: „Wir möchten unseren Kunden in allen Sortimentskategorien möglichst umweltschonende und natürliche Produkte anbieten.“

Anpassungen angekündigt

Auch bei Öko-Herstellern zeigt die Richtlinie offenbar schon Wirkung. Ecover hat als einer der Öko-Marktführer im Wasch-, Reinigungs- und Putzmittelsegment bereits Anpassungen angekündigt. In Zukunft soll es eine gentechnikfreie Produktionslinie für den deutschen Markt geben, versichert Monique Klebsattel, Vertriebsleiterin von Ecover Deutschland. Gleichwohl müssten sich VerbraucherInnen vorerst auf „Leistungseinbußen“ einstellen. Denn siehe da: Mit den neuen Anforderungen gehen auch Nachteile einher – für die Verbraucher und auch für die Umwelt.

Vorerst müssten sich VerbraucherInnen auf höhere Waschtemperaturen oder auf eine höhere Konzentration pflanzenbasierter Reinigungsstoffe einstellen, heißt es etwa bei Ecover. Beides, eine schlechtere Energiebilanz und der zunehmende Bedarf an Anbauflächen, Dünger und Transportmitteln, um den steigenden Rohstoffbedarf zu decken, vergrößere aber den ökologischen Fußabdruck.

VerbraucherInnen vorerst auf Leistungseinbußen einstellen.

Das bestätigt auch Benjamin Bongardt, Leiter der Ressourcenpolitik beim Naturschutzbund (NABU). Grundsätzlich finde er die Richtlinien des BNN zwar „gut“, aber falls alle Hersteller nun schlagartig auf Naturstoffe umstiegen, sagt er, gäbe es auch einen stark steigenden Rohstoffbedarf. „Dann hätten wir zwar ein Problem gelöst, aber ein neues geschaffen.“

Wofür also sollen sich KundInnen nun entscheiden? Sollen sie den neuen Standard durch eine Kaufentscheidung bestätigen und damit hinnehmen, das für die Produktion der Inhaltsstoffe und das Erreichen der Waschleistung wieder mehr Ressourcen verbraucht werden? Oder dann doch lieber bei den alten Reinigungsmitteln bleiben – inklusive Gentechnik und Inhaltsstoffen auf Erdölbasis? Vielleicht hilft ein Blick auf das eigene Waschverhalten. Schließlich wird die Ökobilanz davon maßgeblich mitbestimmt. Ökostandards allein helfen nicht – wenn Vati immer viel zu viel von dem schönen Waschpulver reinkippt.

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10 Kommentare

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  • Ich wasch meine Sachen mit dem Waschbrett und Kernseife, unten am Fluss.

  • Übrigens: Wer mehr Wasser verwendet, braucht weniger Waschmittel.

  • Bin auch Vati, kippe nicht mehr rein.

  • Na bitte, Vati war's! Vielleicht sollte ich mir den Namen Daniel Albrecht merken. Gut möglich, dass er als taz-ler demnächst auch über Geschlechterrollen und Stereotypen schreibt. Dann würde ich ihn gern erinnern an diesen Text.

     

    Übrigens: Die "Ökobilanz" wird nicht nur davon bestimmt, wie "viel von dem schönen Waschpulver" jemand reinkippt in eine Waschmaschine. Sie hängt auch davon ab, wie oft wir unsere Sachen waschen. Verstehen kann ich, wenn man Babylätzchen ständig wäscht. Wieso sich allerdings Erwachsene dreimal täglich umziehen müssen, wenn sie sich nicht bekleckert haben, ist mir nicht so ganz klar. Womöglich lässt sich der verzichtbedingte Mehrverbrauch ja auch durch eine Zügelung der Eitelkeit auffangen. Man wird uns schon nicht fristlos kündigen, wenn wir nicht jeden Tag von früh bis spät wie eine Blumenwiese duften.

    • @mowgli:

      mir scheint aber in letzter Zeit die Zahl der Menschen eher zuzunehmen, die nicht 3 x täglich, sondern 3 x monatlich die Kleidung wechseln und das riecht man leider. Im Winter kann man schnell ins Schwitzen geraten, draußen kalt, drinnen warm, aber könnte man auch zum Anlass nehmen, Deo zu benutzen oder etwas häufiger die Wäsche zu wechseln.

    • @mowgli:

      Waschen, ohne als Resultat saubere Wäsche zu haben, ist Verschwendung von Energie, Wasser und Waschmittel.

    • @mowgli:

      Das ist sehr richtig. Natürlich fängt die Ökologie bei der Lebensweise des Verbrauchers an. Richtig idiotisch wird das Ganze, wenn die Extrem-Sauberfrauen und -männer dann auf der anderen Seite militant dem Öko-/Bio-Konsum fröhnen und nach der dritten Dusche und T-Shirt des Tages ihr nobles Bio-Fleisch in die Pfanne hauen. ;)

      • @EDL:

        "Natürlich fängt die Ökologie bei der Lebensweise des Verbrauchers an."

         

        Nein. Sie fängt bei den Produkten an, die man ihm vorsetzt und bei der Ideologie, die man ihm eintrichtert.

  • Wieder mal gilt der alte Satz: man kann nicht alles haben. Die Vorteile auf der einen Seite sind mit Einbußen woanders verbunden.

     

    Mich persönlich stört es nicht, wenn in Waschpulver gentechnische erzeugte Enzyme sind, wenn dadurch die Energiebilanz besser wird und die Wäsche trotzdem sauber.

    • @Dr. McSchreck:

      Ich kaufe Marke Frosch.