Neue Unterhaltungsdoku auf ZDFneo: Lebenshilfe für Turnschuhträger

ZDFneo startet mit „Wie werd ich ?“ ein kindlich-lehrreiches Doku-Unterhaltungsformat. Zielgruppe sind alle, die nie, nie, nie so richtig erwachsen werden wollen.

Die zwei Moderatoren Lutz van der Horst aus der „heute-show“ und Christiane Stenger, Siegerin der Junioren-Gedächtnis-Weltmeisterschaften. Bild: ZDF / Frank W. Hempel

Eine junge Frau und ein nicht mehr ganz so junger Mann stehen auf dem weiten Feld des Flughafens Tempelhof und spielen Freiluftschach. Sie gewinnt, er sagt, er habe sie trotzdem lieb. Sie setzt sich mit Spielkarten in die Sauna, er lässt sich Elektroschocks geben. Sie soll einen IQ von 145 haben, er heißt tatsächlich Horst: das Moderatorenpaar der neuen ZDFneo-Reihe „Wie werd’ ich...?“.

Lutz van der Horst, den man aus dem Nachrichtencomedy-Format „heute-show“ kennen kann, ist ein Typ, der einen seiner Gesprächspartner möglicherweise auswählte, weil dieser Horst Lutz heißt und beide das so lustig finden. Seine Moderationspartnerin Christiane Stenger verdankt ihrem IQ den mehrfachen Sieg bei den Junioren-Gedächtnis-Weltmeisterschaften. Wer hat diese beiden Menschen zusammengebracht?

Der Sender ZDFneo war es – der versteht sich als „öffentlich-rechtliche Programmalternative für 25- bis 49-Jährige“ und ist damit nach Maßstäben des vergreisten Muttersenders ZDF ein Jugendkanal. ZDFneo will gern komisch sein, muss aber auf irgendwie erbauliche Weise wertvoll und lehrreich sein, irgendwo dahin geht der öffentlich-rechtliche Programmauftrag.

Der durchschnittliche ZDF-Zuschauer hat Komik bei Heinz Erhardt und Peter Frankenfeld gelernt. Der von ZDFneo umworbene Zuschauer hingegen ist mit dem „feuerroten Spielmobil“ und „Löwenzahn“ aufgewachsen und hat Komik bei Hape Kerkeling und Olli Dittrich gelernt.

Humorvolle Lebenshilfe

Das also ist die Ausgangslage, müssen sich die Programmgestalter bei ZDFneo gedacht haben, als sie „Wie werd’ ich …?“ konzipierten, „eine humorvolle Lebenshilfe mit zwei neugierigen und kreativen Präsentatoren“. Zielgruppe: eine Generation, deren Vertreter bekanntlich nicht erwachsen werden wollen und noch Jahre nach Abschluss der Pubertät in Shorts und Turnschuhen durchs Leben gehen.

Diese bis zu 49 Jahre alten Berufsjugendlichen, so das Kalkül, sollten sich durch eine an Peter Lustig und Ralph Caspers geschulte pseudonaive Grundhaltung angesprochen fühlen. Gleichwohl treiben sie heute nicht mehr die gleichen Kinderfragen um wie noch vor 30 oder 40 Jahren (Warum ist der Himmel blau, das Meerwasser auch? Warum die Banane krumm?).

Heute lauten die Fragen: Wie werde ich schlanker? Wie werde ich ein guter Liebhaber? Wie werde ich Hausbesitzer? Wie werde ich stylisher? Oder einfach: Wie werde ich effektiv? In neun Folgen gehen Stenger und van der Horst diesen und weiteren Fragen nach. Er wird fürs Fernsehen onanieren, sie wird die Wirkung von Sperma prüfen, alles im Dienste der Aufklärung der lebenslang pubertierenden Zuschauer, versteht sich.

In der ersten Sendung geht es noch jugendfrei ums Genialerwerden. Zum Beispiel so genial wie Orlando Serrell. Der wurde als Kind von einem Baseball getroffen und kann seither von jedem beliebigen Datum sagen, um welchen Wochentag es sich handelt. Genialität, wie sie hier verstanden wird, kann offenbar ziemlich zweckfrei sein.

So atmet die Sendung den Geist des humboldtschen Bildungsideals, und auch die größte Albernheit erscheint in milderem Licht. Denn ja: Jugendlich ist das Format natürlich auf eine sehr angestrengte, wenn nicht penetrante Weise. Aber nein: Es ist damit lange nicht so infantil wie der größte Teil des ZDF-Hauptprogramms.

„Wie werd´ich?“, Start Donnerstag, 3. Januar, 21 Uhr auf ZFDneo.
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