Neue Staffel „Dexter“ auf Sky: Lieblingsmörder zurück
Nach einem missglückten Finale im Jahr 2013 schafft es die Neuauflage „Dexter: New Blood“ zu überzeugen. Selbst Debra ist wieder dabei.
![Episodenstill Episodenstill](https://taz.de/picture/5237142/14/Dexter-Sky-1.jpeg)
„Bin ich ein guter Kerl, der Böses tut – oder ein böser Kerl, der Gutes tut?“, fragte sich der ausschließlich Mörder mordende Mörder Dexter (Michael C. Hall) an einer Stelle des einstigen Prestigeprojekts von „Showtime“.
Die ethischen Fragen, die die ursprünglich acht Staffeln umfassende Serie „Dexter“ aufwarf, waren weder sehr nuanciert noch wirklichkeitsnah. Dennoch haben sie dem Publikum vergegenwärtigt, wie schnell sich moralische Urteile preisgeben lassen: Hat man sich doch regelmäßig beim Mitfiebern mit einem – zugegebenermaßen sehr sympathischen – Serienkiller ertappt.
Rechtfertigende Zuflucht bot der strenge Code, nach dem der titelgebende Antiheld seine Opfer auserkor: Nur solche, die der Rechtsprechung entgingen, durften, zur einfacheren Spurenbeseitigung feinsäuberlich in Frischhaltefolie verpackt, auf seinem Tisch respektive unter seinem Messer landen.
Der Reiz, den die zwischen Drama, Krimi und dunklem Humor changierenden Folgen entwickelten, bestand ursprünglich im Neuigkeitswert des Protagonisten, der die nicht minder originelle Mischung zusammenhielt. Bei der Erstausstrahlung im Jahr 2006 hatte die TV-Landschaft mit „Die Sopranos“ und „The Wire“ den Typus der „Difficult Men“, wie ihn Brett Martin in seinem gleichnamigen Buch beschrieb, bereits kennengelernt. Mit Walter White („Breaking Bad“) und Don Draper („Mad Men“) standen ihr die besonders herrlich-streitbaren Exemplare allerdings noch bevor.
Neues Leben in der Blockhütte
Ihren ganz eigenen Tonfall hat die nun auf Sky erscheinende Neuauflage „Dexter: New Blood“ übernommen. Sie ist ein Versöhnungsversuch, nachdem die Serie nach fast 100 Episoden in einem erzählerischen Fiasko mündete. Anstatt Dexter selbst nach bereits mehreren unerhörten Wendungen konsequent zur Rechenschaft zu ziehen, sei es durch Tod oder Jurisdiktion, opferte man überraschend seine Schwester Debra (Jennifer Carpenter), deren Ableben unverhältnismäßig lieblos inszeniert wurde. Gebrochen durch die Erkenntnis, dass all seine Lieben an seinem Doppelleben zugrunde gehen müssen, entschied sich Dexter wiederum für ein anonymes Eremitendasein als Holzfäller in Oregon.
Unter der Leitung von Clyde Phillips, der mit den ersten vier Staffeln zur Hochzeit der Serie als Showrunner fungierte, setzt „New Blood“ zehn Jahre später an. Nicht mehr als Holzfäller, dafür in einem Laden für Jagdzubehör tätig, hat sich Dexter – der sich nun Jimmy Lindsay nennt – in einer Blockhütte im verschneiten Wald bei dem fiktiven Städtchen Iron Lake, New York, eingerichtet. Obwohl das sonnige Miami und damit auch sein Job als Forensiker hinter ihm liegen, strahlen die neuen Folgen keine Aura von Fremdartigkeit aus, trotz neuem Setting fühlt sich alles erstaunlich vertraut an.
„Dexter – New Blood“ auf Sky
Das liegt vermutlich daran, dass man sich ansonsten sehr um Kontinuität bemüht: Über seine Partnerin Angela (Julia Jones) ist Dexter weiterhin mit dem Polizeikosmos verbunden und schließlich ist auch sein „dunkler Begleiter“, der die Mordlust in ihm entfacht, nicht von seiner Seite gewichen. Sein inneres Zwiegespräch führt er jetzt statt mit seinem Vater mit der dauerfluchenden Debra, wodurch der Serie eine besonders markige Frauenfigur erhalten bleibt.
Der gleiche Gestus
Doch auch ihre Mahnungen können ihn nicht von seinen Taten abhalten, sodass es schnell mit der fast zehnjährigen Mordenthaltsamkeit vorbei ist. Die Verbindung zur Vergangenheit ist in „New Blood“ also keinesfalls gekappt, im Gegenteil: Mit dem Auftauchen seines nun jugendlichen Sohns Harrison (Jack Alcott) muss sich Dexter erst recht seinen alten Dämonen stellen.
Den Neuigkeitswert von damals lassen die vorab zur Sichtung zur Verfügung gestellten Episoden vermissen. Auch wenn man sich durch einige Verweise – mal protestiert Fridays for Future, mal erlaubt man sich einen schnellen Blick auf die Diskriminierung der indigenen US-Bevölkerung – in der Gegenwart verankern möchte, fühlt es sich doch so an, als wäre der Gestus der Serie der Gleiche geblieben.
Ironischerweise sticht „Dexter: New Blood“ damit acht Jahre nach dem ursprünglichen Finale wieder hervor. Im diverseren Streaming-Zeitalter sind die „Difficult Men“ weitgehend aus dem Rampenlicht verschwunden. Dass Raum für Neues geschaffen wurde, ist begrüßenswert. Für so gute Unterhaltung und den sympathischen Dexter macht man gerne eine Ausnahme.
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