Neue Senatoren in Berlin: Personal von drüben
Michael Müller holt Lichtenbergs Bürgermeister für das Ressort Stadtentwicklung. Seinen neuen Finanzsenator hat er in Hessen gefunden.
Michael Müller bekommt das Grinsen gar nicht mehr aus dem Gesicht. Über Wochen hatten all die Journalisten, die jetzt im Presseraum des Abgeordnetenhauses sind, gesucht, telefoniert, spekuliert. Umsonst. Nichts war nach außen gedrungen, wer im Senat künftig für Finanzen und für Stadtentwicklung zuständig sein soll.
Erst als der designierte neue Regierungschef zur offiziellen Vorstellung einlud, sickerten die Namen durch. Ein bisheriger Berater und Banker sowie ein Ossi sollen es machen: Matthias Kollatz-Ahnen (57), derzeit noch bei der Unternehmensberatung PriceWaterhouse Coopers (PWC), und Andreas Geisel (48), Bezirksbürgermeister von Lichtenberg.
Er habe das Gefühl, jetzt mit den Journalisten Erbarmen haben zu müssen, sagt Müller. Dabei gibt es noch auf den letzten Drücker ein verwirrendes Element: Das ist doch Dilek Kolat, die neben ihm die rot bedeckten Treppenstufen zum Presseraum herunterkommt? Sollte also die Arbeitssenatorin doch das Finanzressort übernehmen, wie oft gemutmaßt?
Doch nein, Müller will im Pressesaal nur die komplette SPD-Seite im künftigen Senat präsentieren, also auch Kolat, die wie Bildungssenatorin Sandra Scheeres ihr Ressort behält. Für beide gibt es warme Worte und Lob, bis es schließlich doch um die beiden Männer geht, die auf Müllers anderer Seite Platz genommen haben.
Unterschiedliche Typen
Es sind unterschiedlich Typen, die der designierte Regierende in den Senat holt. Kollatz-Ahnen arbeitete zuletzt vor 18 Jahren in einem Ministerium; danach war er, bis er 2012 zu PWC kam, vorwiegend als Banker unterwegs, wenn auch in politisch geprägten Bereichen wie der Förderpolitik. Es ist bei der ersten Begegnung kein Was-kostet-die-Welt-Typ, der da neben Müller sitzt; keiner wie der weltläufig wirkende Nochfinanzsenator Nußbaum oder dessen knorrig-direkter Vorgänger Sarrazin. Etwas ziellos wirken seine Gesten, dürr fallen einige Antworten aus. Es gebe eine aktive SPD-Vergangenheit, sagt er, bis 2001 war er laut Lebenslauf Unterbezirkschef der Partei in Wiesbaden, 2013 gehörte er zum Schattenkabinett der hessischen SPD im nicht erfolgreichen Landtagswahlkampf.
Ganz anders Geisel. Der strahlt übers ganze Gesicht, der steht so unter Dampf, versprüht so viel Energie, dass es wirkt, als wolle er nach 19 Jahren als Bezirksstadtrat am liebsten gleich nach der Pressekonferenz rüber in die Chefetage der Stadtentwicklungsverwaltung am Fehrbelliner Platz. Doch das kommt erst am 11. Dezember, wenn Geisel wie alle bisherigen und neuen Senatoren nach Müllers Wahl vereidigt werden.
Er habe mit Andreas Geisel in unterschiedlichen Funktionen zusammengearbeitet, sagt Müller, und ihn vor allem in den letzten drei Jahren, in denen Müller Senator war, schätzen gelernt. Er lobt Geisels Initiative zu einem Wohnungsbündnis auch mit privaten Wohnungsbaufirmen in Lichtenberg, er sieht ihn sehr nahe bei sich, was Inhalte angeht. Die Botschaft ist klar: Mit Geisel soll kein abgehobener Planer kommen, sondern einer, für den Stadtentwicklung heißt, jetzige und künftige Berliner mit Wohnungen zu versorgen. Und der wie Müller bereit ist, dafür Brachen zu bebauen.
Erster Senats-Ossi seit 2001
Geisel ist auf SPD-Seite zudem der erste ostdeutsche Senator seit Beginn der Ära Wowereit im Jahr 2001. Scheeres hat zwar ihren Wahlkreis in Pankow, ist aber in Düsseldorf geboren. Müller spricht von der richtigen Mischung, die er im Senat haben wolle. Geisels Erfahrung im Ostbezirk sei dabei wichtig für seine Entscheidung gewesen: „Das ist etwas, was nur er mitbringen konnte.“ Deshalb soll seine Berufung auch keine Herabsetzung seiner Staatssekretäre Christian Gaebler und Engelbert Lütke-Daldrup bedeuten, die ebenfalls als neuer Stadtentwicklungssenator im Gespräch waren.
Beim Finanzressort setzt Müller die seit 2001 bewährte SPD-Praxis fort fort, den Posten nicht aus der eigenen Fraktion oder der örtlichen Partei zu besetzen. „Das hat bei mir eine Rolle gespielt“, räumt er ein. „Es ist ganz gut, wenn ein Finanzsenator ein bisschen Distanz hat.“ Kollatz-Ahnen selbst deutet Investitionen an, wo sich Möglichkeiten dazu bieten. Wenig später wird der Fraktionschef des Koalitionspartners CDU, Florian Graf, erklären, man werde den Neuen „auf den erfolgreichen Konsolidierungskurs der Großen Koalition einschwören“.
Geisel als erster Ossi seit 2001 ist nicht das einzige Novum des neuen SPD-Teams. Was Müller nicht zu erwähnen vergisst: Weil er seine Sprecherin in der Stadtentwicklungsverwaltung, Daniela Augenstein, in gleicher Funktion als Staatssekretärin ins Rote Rathaus mitnimmt, hat Berlin ab Mitte Dezember erstmals eine Regierungssprecherin.
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