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Neue SPÖ-Chefin Pamela Rendi-WagnerIn anderthalb Jahren an die Spitze

Rendi-Wagner ist erst seit 2017 in der Partei – jetzt wurde sie zur Vorsitzenden designiert. Die Medizinerin steht vor einer Herkulesaufgabe.

Sollte mit dem Bihänder üben: Pamela Rendi-Wagner Foto: dpa

„Das ist nicht mein Stil, mit dem Bihänder auf Leute einzudreschen.“ Mit diesen Worten erklärte SPÖ-Chef Christian Kern vor wenigen Tagen seinen geplanten Wechsel von der Oppositionsbank in Wien ins Europaparlament. Wenn es die Job-Beschreibung für den Vorsitz der SPÖ ist, mit zweihändig zu führenden Waffen anzugreifen, dann ist Pamela Rendi-Wagner mit Sicherheit die falsche Wahl. Doch – oh Wunder! – die 1971 in Wien geborene Medizinerin konnte binnen kürzester Zeit die gesamte Partei hinter sich vereinigen. Das Parteipräsidium designierte die ehemalige Gesundheitsministerin zur Vorsitzenden.

In den Wochenendzeitungen überschlagen sich die Kommentatoren vor Begeisterung: Von einem „telegenen, smarten, sympathischen und superklugen Marketingstar“ schwärmt Wolfgang Fellner von Österreich. Der Karikaturist Michael Pammesberger zeichnet sie im Kurier als „Super-Pam“ im roten Cape mit Putzzeug zum Aufräumen in der SPÖ.

In Wahrheit ist der Putzfetzen wohl genauso wenig das Arbeitsgerät der Hoffnungsträgerin, wie der Bihänder. Erstmals aufgefallen war sie als Sektionschefin für Gesundheit, als sie die Auswirkungen des Fukushima-GAUs unaufgeregt erklären und Präventivmaßnahmen für die Vogelgrippe anordnen musste. Beide Male zeichnete sie sich durch hohe Kompetenz aus. Der damalige Kanzler Kern beförderte sie dann 2017 zur Ministerin.

Einen Tag vor ihrer Vereidigung trat sie der SPÖ bei, ist also erst seit eineinhalb Jahren Mitglied. Sozialisiert wurde Rendi-Wagner nicht in einem sozialdemokratischen Proletarierhaushalt, sondern in einer Hippie-Familie, der sie auch ihre ausgefallenen Vornamen Joy Pamela verdankt. Ihre Eltern, eine Kindergärtnerin und ein Sozialpsychologe, ließen sich scheiden, als Pam vier Jahre alt war.

Nach einem Medizinstudium in Wien spezialisierte sie sich in London auf Infektionskrankheiten und Tropenmedizin. Auf ein kurzes Intermezzo in einem Wiener Spital folgte die Rückkehr an die Uni Wien, 2008 eine Habilitation zum Thema Impfungen.

Ihren Ehemann Michael Rendi lernte sie bei einem Medizinerkongress kennen. Als er Karriere als Diplomat machte, folgte sie ihm nach Tel Aviv. Dort konnte sie sich mit dem langweiligen Dasein der Botschaftergattin nicht anfreunden und organisierte sich einen Lehrauftrag an der Uni. Seit 2017 ordnet Herr Rendi seine Laufbahn der seiner Frau unter.

Die SPÖ ist in einen grün-affinen und einen FPÖ-nahen Flügel gespalten, in einen urban-weltoffenen und einen nationalistisch-ängstlichen. Dass Rendi-Wagner selbst Ersterem zuzuordnen ist, wird von vielen als Ballast gesehen. Die Wiener Parteiorganisation war die letzte, die ihre Kür unterstützte. Die immer freundlich auftretende Nationalratsabgeordnete, die Ende November offiziell zur SPÖ-Chefin gewählt werden soll, steht vor der Herkulesaufgabe, die Partei zu einen und den populären Bundeskanzler Sebastian Kurz herauszufordern. Vielleicht sollte sie doch den Umgang mit dem Bihänder üben.

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