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Neue SPD-Landeschefin über ihre Pläne„Mehr Teamwork, mehr Debatten“

Serpil Midyatli, erste Frau und Muslima als Landesvorsitzende der SPD in Schleswig-Holstein, möchte verstärkt Kompetenzen zusammenbringen.

Nach der Wahl: Serpil Midyatli umarmt Kiels Oberbürgermeister Ulf Kämpfer Foto: dpa
Interview von Sven-Michael Veit

taz: Glückwunsch, Frau Midyatli. 90,1 Prozent ist für Sie …?

Serpil Midyatli: … ein großartiges Ergebnis. Das gibt mir Kraft, das gibt mir Mut.

Warum ist jetzt aus Ihrer Sicht der richtige Zeitpunkt, den langjährigen Landesvorsitzenden Ralf Stegner abzulösen?

Wir haben in der SPD Schleswig-Holstein vor eineinhalb Jahren nach der Niederlage bei der Landtagswahl einen Reformprozess eingeleitet, der jetzt auf diesem Parteitag abgeschlossen wurde. Deshalb ist es auch Zeit für eine Veränderung an der Parteispitze.

Um einen glaubwürdigen personellen Neuanfang zu demonstrieren?

Genau.

Aber Ralf Stegner hätte doch wohl gerne weitergemacht?

Es geht nicht in erster Linie um die Person Ralf Stegner. Ich habe für mich entschieden, dass es der richtige Weg ist, mich zur Wahl zu stellen, um ein sichtbares Zeichen für die Veränderungen in der Partei zu setzen.

Im Interview: Serpil Midyatli

Die 43-jährige Serpil Midyatli wurde am Samstag auf dem Landesparteitag der SPD Schleswig-Holstein mit 191 von 212 Stimmen (90,1 Prozent) zur Landesvorsitzenden gewählt.

Die Gastronomin ist als Tochter türkischer Eltern in Kiel geboren. Sie ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Seit 2009 ist sie Landtagsabgeordnete, seit 2012 Vize-Fraktionschefin, seit 2017 Mitglied im SPD-Bundesvorstand.

Auf welche Änderungen muss sich die SPD unter ihrer neuen Vorsitzenden einstellen?

Wir werden definitiv viel mehr als Team agieren – Landesvorstand, Landtagsfraktion, unsere Bundestagsabgeordneten oder Kommunalpolitiker. Da gibt es viele Kompetenzen, die wir zusammenbringen müssen, um das Profil der Partei zu schärfen. Das schafft nicht eine Person alleine, das schafft man besser gemeinsam.

Also kein Einzelkämpfertum mehr?

Als Landesvorsitzende will ich dafür sorgen, dass mehr Menschen in der Partei sich profilieren können. Wir müssen uns da breiter aufstellen und mit vielen guten Leuten möglichst viele Menschen von unserer Politik überzeugen.

Das klingt so, als ob es künftig mehr Diskussionen geben wird als unter der eher robusten Führung von Ralf Stegner?

Diskussionen sind gut.

Gab es davon bislang zu wenige?

Man darf notwendige Debatten nie unterdrücken. Es ist immer besser, in Diskussionen zu guten Ergebnissen zu kommen. Das stärkt auch das Engagement der vielen Genossinnen und Genossen, die sich einbringen wollen. Menschen wollen an Entscheidungen beteiligt sein, das ist auch gut so.

Und wenn die nächste Landtagswahl schiefgeht, wirft man Ihnen Führungsschwäche vor?

Ich bin ein positiv denkender Mensch und davon überzeugt, dass dieser Weg erfolgreich sein wird. Ich bekomme dafür auch viel Zustimmung aus der Partei signalisiert.

Der Reformprozess hat zu einer Reihe inhaltlicher Anträge geführt, die auf dem Parteitag beschlossen wurden …

Ja. Klima, Mobilität und Energiewende zum Beispiel. Und im Sozialbereich Grundrente und ein Mindestlohn von 12,63 Euro.

Wird die SPD in Schleswig-Holstein doch noch zu einer sozialen und ökologischen Partei?

Das waren wir schon immer. Aber dieses Profil – links, dickschädelig und frei – wird in Zukunft noch deutlicher und für alle sichtbarer vertreten werden.

Sie sind die erste Muslima als Vorsitzende des Landesverbandes einer deutschen Partei. Hat das heute noch etwas Exotisches?

Das Großartige ist, dass es in der SPD überhaupt kein Thema ist. Ich bin darauf noch kein einziges Mal angesprochen worden. Niemand hat damit ein Problem. Das zeigt, wie selbstverständlich meine Kandidatur ist.

Wollen Sie jetzt auch anstelle von Ralf Stegner SPD-Fraktionsvorsitzende und Oppositionsführerin im Landtag werden?

Ich bin gerade als Landesvorsitzende gewählt worden, da schiele ich nicht sofort auf weitere Ämter.

Warum nicht?

Ich meine das sehr ernst, was ich vorhin über die Teambildung sagte. Wir werden Aufgaben auf mehrere Schultern verteilen. Alle, die daran konstruktiv mitwirken, sind willkommen.

Wollen Sie Spitzenkandidatin bei der Landtagswahl 2022 werden?

Das ist jetzt viel zu früh, sich darüber Gedanken zu machen.

Landesvorsitzende haben üblicherweise den ersten Zugriff auf diese Kandidatur.

Das ist richtig. Aber soweit sind wir noch lange nicht. Wenn es mehrere Kandidaturen geben sollte, werden wir wie 2011 einen Mitgliederentscheid durchführen. Das ist bereits klar.

Dürfen wir davon ausgehen, dass die SPD gerne wieder regieren möchte?

Richtig.

Bloß mit wem?

Wir als SPD haben viele Schnittmengen mit den Grünen, das ist bekannt. Das gilt auch für den SSW. Und auch mit der FDP, die hier im Land eher sozialliberal ist, gibt es Übereinstimmungen. Da sehe ich schon mögliche Konstellationen.

Die CDU haben Sie jetzt nicht erwähnt.

Ich bin keine Freundin von Großen Koalitionen.

Dabei ist es doch fraglich, ob nach der nächsten Landtagswahl die SPD noch eine der beiden größten Parteien sein wird?

Das wird sie definitiv sein.

Sie sind wirklich ein optimistischer Mensch.

Unbedingt.

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