Neue Rechte an der Bundeswehr-Uni: Lufthoheit über den Seminaren
Die Studentenzeitung der Bundeswehruniversität München wird von einem bekennenden neu-rechten Offizier verantwortet. Die Uni-Präsidentin zeigt sich "alarmiert".
HAMBURG taz | Funktionen besetzen, Diskurse bestimmen - die Strategie des "Institut für Staatspolitik" (IfS) ist an der Universität der Bundeswehr München aufgegangen. Auf ihrem Portal "Sezession im Netz" (SZN) veröffentlichte das neu-rechte IfS Ende Juni stolz, dass einem der Ihren die "neue Offenheit" in der Studierendenzeitung "Campus" geschuldet sei: Martin Böcker. Böcker, Chefredakteur des "Campus", Autor der SZN und Gast bei IfS-Veranstaltungen, befeuert in der aktuellen Ausgabe die Debatte um Frauen in der Bundeswehr.
Im Editorial nennt Böcker den "Dienst" der Frauen "dankenswert, edel und gut", schreibt aber zugleich von "der misslungenen Integration der Frau in den Streitkräften". Diese These führt im Heft der Redakteur und Leutnant zur See, Felix Springer, weiter aus: "Unbestritten ist, dass sich die körperlichen Anlagen männlicher und weiblicher Soldaten grundlegend unterscheiden, damit auch die reale Leistungsfähigkeit. (...) In der militärischen Ausbildung sind entweder doppelte Maßstäbe oder eine Absenkung des allgemeinen Leistungsniveaus die Folge. Beides wirkt negativ auf den Kampfwert". Und er wird noch deutlicher: "Niemand käme auf die Idee, Frauen im Kampfsport gegen Männer antreten zu lassen - aber im Krieg?"
"Wir sind alarmiert" sagt die Präsidentin der Bundeswehruniversität, Merith Niehuss, zu der Entwicklung beim "Campus". Eine politische Nähe zum Rechtsradikalismus möchte sie nicht ausschließen. Sie erwartet, dass das Verteidigungsministerium den Vorfall überprüft.
Böcker, der auch für die Junge Freiheit schreibt, streitet die Nähe zur Neuen Rechten nicht ab. Gegenüber der taz beteuert der Oberleutnant: "Ich bin katholisch-konservativ". Frauen spreche er "nicht grundsätzlich ab, Soldatinnen werden zu können". Aber: "Frauen als Kämpfer einzusetzen, bedeutet einen strukturellen Kampfwertverlust".
Die Nähe zwischen dem Chefredakteur Böcker und dem Redakteur ist übrigens kein Zufall. Springer schreibt ebenso für SZN und wirkt bei dem von Böcker verantworteten "dasgespraech.de" mit. Auf diesem Portal führt beispielsweise der IfS-Mitgründer Karlheinz Weißmann seine Bemühungen zum "Überleben des deutschen Volkes" aus.
Im Mai 2000 gründete Weißmann das IfS, das in der antidemokratischen Tradition der "Konservativen Revolution" der Zwanziger Jahre um Oswald Spengler und Arthur Moller van den Bruck steht. In der rechtslastigen "Jungen Freiheit" (JF) legte Weißmann 2001 dar: "Uns geht es um geistigen Einfluss, nicht die intellektuelle Lufthoheit über Stammtische, sondern über Hörsälen und Seminarräumen interessiert uns".
Im vorpolitischen Raum der Bundeswehruniversitäten scheint die Neue Rechte anzukommen. 2010 offenbarte eine Studie des Sozialwissenschaftlichen Instituts der Bundeswehr bei 13 Prozent der deutschen Offiziersanwärter eindeutige Sympathien zur Neuen Rechten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was