Erzkonservative Burschenschaften: Der Putschplan steht
Rechte Burschenschaften wollen in der "Deutschen Burschenschaft" die Macht übernehmen. Niemand sollte davon erfahren. Doch die Mails wurden öffentlich.
HAMBURG taz | Von diesem Plan sollten die "Liberalinskis" nichts erfahren: In der "Deutschen Burschenschaft" (DB) wollen erzkonservative Burschenschaften die Macht an sich ziehen. Vor allem die "Karlsruher Burschenschaft Tuiskonia" und die "Alte Breslauer Burschenschaft der Raczeks zu Bonn" tauschen deswegen Putschgedanken aus.
"Diskutiert die Punkte ruhig mal bei Euch auf dem Haus", heißt es in einer Mail, die der taz vorliegt, und es wird zugleich gewarnt: "aber schaut das die Gedanken nicht zu unseren Liberalinskis im Verband kommen". Am 21. Juni 2011 leitete "Ruzi", wie sich Rudolf Sch. von der Tuiskonia nennt, die Mail mit dem Putschplan an Christopher M. weiter, den bereits die Raczeks gesendet bekommen hatten.
Gleich einen Tag nach dem "Burschentag" (BT) der Deutschen Burschenschaft (DB) betonte Sch. am 20. Juni in einer Mail: "übernehmen wir halt den Laden". Auf dem Burschentag in Eisenach vom 6. bis 19. Juni hatte die extrem rechte Burschenschaftliche Gemeinschaft, zu der die Tuiskonia und die Raczeks gehören, jedoch eine empfindliche Niederlage hinnehmen müssen.
Erfolglos hatten die Raczeks versucht, die "Burschenschaft Hansea zu Mannheim" ausschließen zu lassen mit der Begründung, der Sprecher der Hansea, Kai Ming Au, sei nicht deutscher Abstammung. Der Eklat über die Frage der Abstammung als Kriterium für die Mitgliedschaft konnte mittlerweile beigelegt werden, zumindest nach außen hin.
Nun befürchten sie, dass Au gar 2012 für ein Verbandsamt kandidieren könnte. In dem Putschplan, der der taz zugespielt wurde, schreibt Sch. , dass sie eine "klare Strategie" bräuchten "wenn 'Vbr.' Au" antreten sollte. Die Gänsefüße um das Kürzel für Verbandsbruder drücken aus, wie wenig er als solcher hier gesehen wird.
Einblicke in interne Debatten
Nach dem Plan soll eine "monatsgenaue Roadmap" bis zum kommenden Burschentag erstellt werden. "Da wir erlebt haben, dass der linke Mob die Diskussion gar nicht annimmt (...) müssen wir davon ausgehen, dass wir 2012 (...) alle Ämter besetzen müssen/werden" heißt es in der Mail vom 20. Juni.
Die Dokumente, die der taz vorliegen, geben auch einen tiefen Einblick in die internen Debatten um das zukünftige Strategieprogramm der Deutschen Burschenschaft, in der rund 120 Burschenschaften vereint sind. Hier scheinen die extrem rechten Burschenschaften schon längst Positionen zu besetzen.
So wird unter anderem beklagt: "Durch die von den Siegermächten eingesetzten Medien-Macher (....) und durch den von den 68ern erfolgten Umdeutungsversuch aller traditionellen Werte soll gerade beim deutschen Volk erreicht werden, daß es statt natürlichem Stolz und nationalbewusstsein (...) Schuld- und Scham-Gefühle entwickelt". Es würde versucht, dem "deutschen Volk" "immer wieder mit Faschismus-Keule (...) eine Dauer-Demütigung aufzuzwingen". Sie meinen zudem, dass Einwanderer "hauptsächlich" wegen der "sozialen Sicherungssysteme" kämen.
Über die Mails und den Putschplan möchte Sch. mit der taz nicht lange reden. "Das ist alles ein Fake, die Mails sind von einer privaten Adresse gehackt worden", sagt er. Den Widerspruch - Fake oder Hack - will Sch. nicht beantworten.
Leser*innenkommentare
Der Sizilianer
Gast
Die Abspaltung der "Neuen" DB von der "Deutschen Burschenschaft" (DB) vor 15 Jahren empfand ich als positiv und notwendigen Schritt, um zu den extrem rechten Vorstellungen und Positionen, die zahlreich durch die DB geisterten und - wie man mal wieder anhand der aktuellen Ereignisse sehen kann - immer noch geistern, eine Alternative zu schaffen.
Es bleiben aber auch bei den liberaleren Burschenschaften in der NDB wesentliche Kritikpunkte, die sich mit meinem Verständnis von Demokratie nur schwer in Einklang bringen lassen:
- Hierarchische Strukturen
- Diskriminierung nach Geschlecht (i.d.R. von Frauen)
- "Lebensbund"prinzip und darüber Bildung von "Eliten"seilschaften und
- Nationalismus (wie von "Renegade" schon angesprochen).
Renegade
Gast
Guter Artikel, peinliche Kommentare. Bevor man sich zu diesem Thema äußert, sollte man vielleicht mal ne neutralere und differenzierendere Quelle als den Burschi-Reader des AStA lesen. Und egal, was man heute zu den Bursche schaften sagt und wo sie stehe , sie wurden damals mit revolutionärem Auftrag gegründet und haben zusammen mit den Corps maßgeblich zur deutschen Einigung beigetragen. Dass natürlich Nationalismus damals en vogue war und heute eher reaktionär ist, ist ein anderes Thema.
Aber "krank" oder "NSDAP" etc. Unreflektiert in den Raum zu werfen ist einfach nur peinlich, traurig und genauso bedauernswert wie die Verirrungen der Rechten in der BG.
NDB-Buxe
Gast
Wir beobachten die Deutsche Burschenschaft mit großem Interesse und sehen den wachsenden Einfluss der BG sehr kritisch.
Nachfolgeorganisation der NSDAP? Hackts!? Die Burschenschaften stammen aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts! Die Burschenschafter haben damals Revolution gemacht, gekämpft für das Erste demokratische Parlaments Deutschlands, die Paulskirche. Das hieß nicht umsonst Burschenschafterparlament. Im 3. Reich haben sich bei weitem nicht alle Burschenschaften mit den Nazis anfreunden können und diese ständigen Unterstellungen sind krank!
Die Abkürzung Vbr. oder gar Bbr. (Bundesbruder) ist so gängig, dass es nicht als wertend gesehen werden darf!
Ansonsten ein guter Artikel.
alcibiades
Gast
Es ist ja nicht so, dass die Burschenschaften eine weltoffene, progressive Bewegung sind, die vor den rechten Übernahmefantasien geschützt werden müsste. Burschenschaft an sich ist ein merkwürdiges Konzept, reaktionäre und nationalistische Ideen gehören von Anfang an zu diesen seltsamen Vereinen. Das dieser Sch. die nicht rechtsextremen Teile der Burschenschaftler gleich für "Liberalinskis" hält, spricht Bände über seinen Geisteszustand.
@deviant: Bevor man andere "krank" nennt, könnt' man ja einfach den Artikel nochmal gründlicher lesen?
Verfasser
Gast
Ehre ,Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit, Konsequenz , Anständigkeit und Freiheit bedeutet ,
gegen eine Asoziale Politik ,dem
Wiederstand beizupflichten .
Mayla
Gast
Einerseits berichtet die TAZ positiv über WIkiLeaks, bei andere Projekte verschweigt sie anscheinen lieber.
All die internen Dokumente sind auf http://linksunten.indymedia.org/de/node/42899 abzurufen.
pussy
Gast
Kleiner Zwerg, großer Riese, rechte Burschenschaft ...
stefan seither
Gast
Lieber ein Geschwür am After
als ein deutscher Burschenschafter.
Weiße Rose
Gast
Sind diese Nachfolgeorganisationen der NSDAP nicht strikt verboten? Ist die deutsche Justiz "nur" einmal mehr auf dem rechten Auge blind oder kann sie nicht anders, weil sie selbst schließlich aus der Asche brauner Robenträger hervorgegangen ist?
deviant
Gast
Als ich gelesen habe, die rechten Burschenschaften wollen die Macht übernehmen, dachte ich erst "Deutsche Burschenschaften rücken nach links?"...Rechte sind immerhin besser als Rechtsradikale und links davon...und dann musste ich feststellen, dass die taz die Rechtsextremen der Deutschen Burschenschaften offenbar irgendwo in der Mitte verortet...dabei galt die taz doch vielen bisher noch als links...krank...