Neue Partei Bündnis Sahra Wagenknecht: Die große Unbekannte
Bisher weiß das BSW nur, wogegen es ist. Doch jetzt müssen schlüssige Konzepte für Klimaschutz, Zuwanderung, Außen- und Sozialpolitik her.
E inen großen Dienst hat das Bündnis Sahra Wagenknecht(BSW) der Demokratie schon erwiesen: Es weckt Interesse an Politik. Das mediale Echo auf die Neugründung ist gewaltig, die 1,4 Millionen Euro an gesammeltem Gründungskapital zeugen von einem Vertrauensvorschuss in Wagenknechts Politik-Start-up.
Das ist was in Zeiten, in denen sich Menschen von demokratischen Parteien ab- und rechtsextremen Bauernfängern zuwenden. Doch den Nachweis, dass es Menschen auch langfristig politisch binden kann, muss das Bündnis erst noch erbringen. Misstrauen ist angebracht, hat Wagenknecht mit der von ihr mitgegründeten Bewegung Aufstehen doch schon einmal eine Bruchlandung hingelegt.
Aber offenbar haben sie und ihr Team daraus gelernt. Anders als bei Aufstehen, steckten sie von Anfang an viel Kraft und Geld in Organisation und Aufbau und gehen die Mitgliedergewinnung vorsichtig an. Wer rein will, muss sich zunächst als Förderer oder Unterstützer beweisen. Das soll einer Unterwanderung von rechts vorbeugen.
Der Herbst wird ein Kraftakt
Der weitere Weg ist jedoch steinig. Ein Erfolg bei der Europawahl im Juni wird noch relativ einfach, wird die Wagenknecht-Partei doch vom Nimbus des Neuen zehren und kann auf Fabio De Masi, einst kompetentester Europapolitiker der Linken, als Spitzenkandidaten bauen. Doch schon die Landtagswahlen im Herbst in Sachsen, Brandenburg und Thüringen werden ein Kraftakt. Hier hat die Wagenknecht-Partei bislang kaum Personal und konkurriert sozialpolitisch mit der Linken und gesellschaftspolitisch mit der AfD.
Derzeit wissen Wagenknecht und Co. zwar sehr genau, wogegen sie sind: ein Verbot von Verbrennerautos, unkontrollierte Migration, Russlandsanktionen. Aber entscheidend wird das „wofür“, und da gibt es allenfalls vage Vorstellungen: irgendwie Frieden mit Russland schließen, Migrant:innen abschrecken und viel für soziale Gerechtigkeit tun. Doch erst mit schlüssigen Konzepten für Klimaschutz, Zuwanderung, Außen- und Sozialpolitik wird BSW die politische Landschaft nachhaltig bereichern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen