Neue Osteuropa-Eingreiftruppe: Nato will Russland abschrecken
Mit 5.000 rasch verlegbaren Soldaten will die Nato auf die Ukrainekrise reagieren. Zehn Staaten haben sich zudem auf eine Allianz gegen den IS verständigt.
GENF taz | Um Russland von Übergriffen auf die osteuropäischen Nato-Staaten abzuschrecken, verstärkt die westliche Militärallianz ihre logistische und personelle Präsenz in diesen Ländern und stellt eine neue schnelle Eingreiftruppe von bis zu 5.000 Soldaten auf. Einen entsprechenden „Aktionsplan für erhöhte Bereitschaft“ beschlossen die Regierungschefs der 28 Nato-Mitglieder am Freitag zum Abschluss ihres Gipfeltreffens im walisischen Newport. Zehn Nato-Staaten – darunter Deutschland – verständigten sich zudem im Grundsatz auf eine Zusammenarbeit im Kampf gegen die Milizen der Organisation „Islamischer Staat“ (IS) im Irak und in Syrien.
Die Nato hatte bereits im Zuge der Eskalation des Konflikts mit Russland über die Ukraine seit dem vergangenen Dezember ihre Luftraumüberwachung über Polen, Rumänien sowie den drei baltischen Staaten Estland, Litauen und Lettland ständig verstärkt. Zudem erhöhte das Militärbündnis seine militärische Präsenz und Manövertätigkeit im Schwarzen Meer.
Der nun beschlossene Aktionsplan sieht vermehrte Übungen von Kampftruppen wechselnder Länder auf den Territorien der osteuropäischen Mitgliedstaaten vor. Zudem sollen neue und permanente Stützpunkte mit Führungs- und Logistikexperten eingerichtet werden. Diese werden wahrscheinlich in den drei baltischen Staaten sowie in Polen und Rumänien aufgebaut werden.
Sicher ist, dass die Einsatzbereitschaft des von Polen, Deutschland und Dänemark geführten Stützpunktes im polnischen Stettin erhöht wird. Ferner sind die Modernisierung von Häfen und Flughäfen sowie die ständige Stationierung von Waffen, Munition und sonstiger militärischer Ausrüstung in der Region vorgesehen.
Diese militärische Logistik und Ausrüstung vor Ort soll im Fall einer Bedrohung durch Russland von der künftigen neuen Eingreiftruppe genutzt werden. Diese bis zu 5.000 Soldaten der Boden-, Luft- und Marinestreitkräfte sollen „innerhalb von zwei bis fünf Tagen einsatzbereit sein“, erklärte der zum Monatsende aus dem Amt scheidende Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen. Er bezeichnete die neue Einsatztruppe als „Speerspitze“ der bereits 2007 gegründeten , aber bislang noch nie eingesetzten Nato Response Force (NRF).
Ukrainische Armee wird modernisiert
Für die zunächst von Polen und den drei baltischen Staaten geforderte Stationierung ständiger „substanzieller Truppen“ der Nato auf ihrem Territorium gab es auf dem Gipfel lediglich die Unterstützung durch Kanada. Eine solche ständige Truppenstationierung wäre ein Verstoß gegen die im Jahr 1997 zwischen der Nato und Russland vereinbarten Grundakte. An dieser Vereinbarung will die große Mehrheit der Nato-Staaten zunächst festhalten, wie Bundeskanzlerin Merkel in Wales unterstrich.
Der Ukraine versprach die Nato Hilfe bei der Modernisierung ihrer Armee. Diese Unterstützung betrifft die Bereiche Logistik, Kommando- und Kommunikationsstrukturen sowie die Abwehr von Cyberattacken. Zudem will die Nato die Ukraine bei der Versorgung verwundeter Soldaten unterstützen. Die von der Regierung in Kiew geforderte Waffenhilfe bleibt den einzelnen Mitgliedstaaten überlassen.
Auf die in Newport zwischen zehn Nato-Staaten vereinbarte grundsätzlich Kooperation in der Bekämpfung der terroristischen IS im Nahen Osten hatten vor allem US-Präsident Barak Obama und der britische Premier David Cameron gedrängt.
„Diese zehn Nationen, die diese Bereitschaft gezeigt haben, haben hier verabredet, dass sie in Kontakt bleiben, um die weiteren Maßnahmen miteinander zu besprechen“, erklärte Kanzlerin Merkel. Erwogen wird neben den angelaufenen Waffenlieferungen an die gegen die IS kämpfenden Kurden eine Ausbildungshilfe für die irakischen Streitkräfte, falls die Regierung in Bagdad darum ersuchen sollte.
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