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Neue Musik aus BerlinDen Kampffisch an der Strippe

Als Quartett Rumble Phone Fisch spielen sich Anna Kaluza, Flo Müller, Ben Lehmann und Martial Frenzel in rasante und facettenreiche Free-Jazz-Sphären.

Film noir affines Free-Jazz-Quartett: Rumble Phone Fish (Martial Frenzel, Ben Lehmann, Anna Kaluza, Flo Müller, v. l. n. r.)

I n Schwarz-Weiß gehalten ist das Plattencover, das die Künstlerin Joni Marriott für die LP des Free-Jazz-Quartetts Rumble Phone Fish gezeichnet hat. Anna Kaluza (Altsaxofon), Florian Müller (E-Gitarre), Ben Lehmann (Kontrabass) und Martial Frenzel (Schlagzeug und Zigaretten) spielen darauf eine facettenreiche Musik, die ein seltenes Privileg verschafft, ähnlich dem, als würde man einem Bild beim Entstehen zusehen dürfen.

Dunkel grundiert ist der Einstieg auf der achtminütigen Eröffnung „Magic Breakfast“: Klopfzeichen des Schlagzeugs und gestrichener Bass, dann klart es mit Saxofon- und Gitarreneinsprengseln auf. Frenzel wechselt von den Fellen zum Metall, das Ganze wird verdichtet und gewinnt an Rasanz.

Fast als Noir-Filmstill – bläst Frenzel Rauchringe? – beginnt „Der menschliche Fleischball“ mit einem dezentem Gitarre-Bass-Interplay, aber darunter brodelt es. Die B-Seite gerät dann jazziger, „Epiplatys Annulatus“ zeigt Kaluza und Müller liedhaft. „Vollprofi“ ist ein Kontrastspiel zwischen Bassdrones und minimalistischen Seufzern und Pfiffen. So vor- und umsichtig kann Free Jazz sein!

Die LP

Rumble Phone Fish: s/t (Gligg Music)

Live: 11.7., Kühlspot: Anna Kaluza und Martial Frenzel mit Tomas Becket (Piano); 18.7., Beach Neukölln: Florian Müller und Ben Lehmann mit dem Berlin Master Club im Rahmen von Rettet das Peppi!; 25.7., Terzo Mondo: Martial Frenzel mit Quartetto Pazo

Am Ende der Platte ist ein Impro-Panorama entstanden, funkeln Sounds wie Lichter auf einer Leinwand. Rumble Phone Fish – der Bandname erinnert an Francis Ford Coppolas fast vollständig in Schwarz-Weiß gehaltenes Brüderdrama „Rumble Fish“ – schließen ihr Album mit dem Titel „Religion als Hobby“. Etwas anderes sollte sie um Gotteswillen auch nicht sein. Das schließt nicht aus, sie ernst zu nehmen.

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Robert Mießner
Robert Mießner, geboren 1973 in Ost-Berlin. Studium der Neueren und Neuesten Geschichte, Philosophie und Bibliothekswissenschaft. Flaniert und notiert, hört zu und schreibt auf. Herausgeber (mit Alexander Pehlemann und Ronald Galenza) von „Magnetizdat DDR. Magnetbanduntergrund Ost 1979–1990“, Buch und LP, Berlin, Leipzig und Barreiro 2023.
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