Neue Musik aus Berlin: Fluss ohne Tanzufer

Der in Berlin lebende britische Produzent Sam Shackleton legt nach einigen Jahren Pause nun wieder ein Soloalbum vor.

Der britische Musiker und Produzent Sam Shackleton

Der britische Musiker und Produzent Sam Shackleton lebt in Berlin Foto: Shackleton

Apokalyptische Zeiten erfordern apokalyptische Musiker? Oder bringen apokalyptische Zeiten apokalyptische Musiker erst hervor? Bei Sam Shackleton spricht einiges dafür, dass er schon lange eine wenig optimistische Weltsicht pflegt und davon in seiner Musik einiges, aber nicht bloß das anklingen lässt. Die Lage der Welt passt sich anscheinend seiner Musik an.

Bandnamen wie Tunes of Negation, ein Projekt, mit dem der in Berlin lebende britische Produzent Shackleton in der jüngeren Vergangenheit sehr aktiv war, lassen andererseits nicht allein an den Weltuntergang denken, sondern auch an Sigmund Freud. Jetzt hat Shackleton nach einigen Jahren Pause wieder ein Soloalbum veröffentlicht, und auch hier gibt es einigen Interpretationsspielraum.

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Shackleton: „Departing Like Rivers“ (Woe To The Septic Heart!)

Bekannt geworden ist Shackleton zu Beginn des Jahrtausends mit Musik, bei der sich darüber streiten ließe, ob sie wegen einiger Ähnlichkeiten zu Dubstep durch Verwendung von Hall, Bass und schlackerigen Rhythmen mit Clubmusik verwechselt wurde. Man könnte sie allemal als seltsame Clubmusik bezeichnen.

Seit einigen Jahren haben die Klänge und Rhythmen, mit denen sich Shackleton beschäftigt, allerdings nichts mehr mit Tanzen zu tun. Am häufigsten fällt in Beschreibungen seiner Musik das Wort „psychedelisch“, auch auf sein Album „Departing Like Rivers“ dürfte das zutreffen. Wobei er weiter Bässe, Hall und schlackerige Rhythmen verwendet, er bindet sie aber einerseits loser zusammen, andererseits ist die gesamte Bewegung in einen ruhigeren Fluss geraten.

Viele Sprachsamples kommen auf der Platte hinzu, einige erzählen von der Unordnung, in der die Welt ist: „Even the stars here in the sky look like a mess“, sagt eine Stimme. Man sollte vermutlich in einer einigermaßen guten Verfassung sein, um vom uferlosen Strom dieser Langformstücke nicht auf eine dunkle Reise geschickt zu werden.

Meditieren, wie Shackleton es anregt, kann man dazu wohl ganz gut. Die Aufgabe wird sein, etwaige apokalyptische Gedanken zur Kenntnis zu nehmen, zu betrachten und dann im Fluss des Was-auch-immer weiterziehen zu lassen.

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Jahrgang 1971, arbeitet in der Kulturredaktion der taz. Boehme studierte Philosophie in Hamburg, New York, Frankfurt und Düsseldorf. Sein Buch „Ethik und Genießen. Kant und Lacan“ erschien 2005.

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