piwik no script img

Neue Intendanz beim RBBKeine Ruhe beim RBB

Vor der Wahl der neuen Intendanz gibt es beim RBB Irritationen über die Bewerbungen. Zugleich kritisieren Rechnungshöfe Mängel beim Sender.

Auf die neue Intendanz wartet viel Arbeit Foto: Fabian Sommer/ dpa

Der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) kommt nicht zur Ruhe. Eigentlich sollte kommenden Freitag die Wahl einer neuen Intendanz den Auftakt bieten für eine neue Ära nach den Skandalen um die entlassene ehemalige Intendantin Patricia Schlesinger. Doch im Vorfeld der Wahl ist es bereits zu Turbulenzen gekommen, die darauf hinweisen, dass es beim Sender nicht so schnell rund laufen wird.

Vergangene Woche veröffentlichte der Rundfunkrat des RBB vier Tage früher als ursprünglich angekündigt die Liste der ausgesuchten Kan­di­da­t:in­nen für die Intendanz. Eingegangen waren 50 Bewerbungen. Interimsintendantin Katrin Vernau, deren Einjahresvertrag im Herbst endet, hatte sich nicht um den Posten beworben. Im Berliner Tagesspiegel hatte sie jedoch in einem Interview verlautbart, dass sie trotzdem zur Verfügung stehe, falls sie gewählt würde. Dieses Spiel über die Bande sorgte bereits zu Beginn des Auswahlprozesses für Irritationen. Doch als der Rundfunkrat die offizielle Liste der Kan­di­da­t:in­nen vorstellte, folgten weitere Unstimmigkeiten.

Auf der Liste waren drei Namen: Die Digitalisierungs-Managerin Heide Baumann, Juliane Leo­pold, Chefredakteurin Digitales bei ARD-aktuell (und einzige Kandidatin mit Ostbezug), sowie Ulrike Demmer. Demmers Kandidatur ist nicht unproblematisch, denn sie war stellvertretende Sprecherin der Regierung Merkel, was Fragen nach der Abgrenzung zwischen Politik und öffentlich-rechtlichem Rundfunk aufwirft. Auf der Liste fehlte jedoch ein Name, der davor vom Tagesspiegel als Favorit kolportiert worden war: Jan Weyrauch, gebürtiger Berliner und Programmdirektor von Radio Bremen.

Ein Tag nach der Bekanntgabe der Kan­di­da­t:in­nen feuerten Personalrat und Freienvertretung eine Salve ab: In einem offenen Brief kritisierten sie, der „qualifizierteste Bewerber“ – Weyrauch – sei von der Liste verschwunden. Der Verwaltungsrat habe in einer Überschreitung seiner Kompetenzen eine Gehaltsobergrenze beschlossen. Weyrauch war offenbar nicht gewillt, zu solchen Konditionen zu arbeiten.

Die Gehaltsfrage

Das Gehalt soll bei 180.000 Euro gedeckelt werden, Schlesinger verdiente noch 300.000 Euro plus vielerlei Boni. Das ist auch weniger als der am schlechtesten bezahlte Intendanz-Posten beim Saarländischen Rundfunk mit 245.000 Euro, wo jedoch auch eine Obergrenze von 180.000 im Spiel ist. Spitzenverdiener Tom Buhrow vom WDR verdient über 400.000 Euro und damit mehr als der Bundeskanzler.

Vor diesem Hintergrund hatte der Rückzug Weyrauchs einen schalen Beigeschmack. Offenbar so schal, dass er nur einen Tag nach dem offenen Brief dem Rundfunkrat mitteilte, dass er „trotz unveränderter Rahmenbedingungen“ doch für eine Kandidatur zur Verfügung stehe. Falls er den Posten bekommt, müsste der Verwaltungsrat dann den Vertrag verhandeln.

Doch damit nicht genug des Hin und Hers: Am vergangenen Donnerstag kam es an der teils öffentlichen Sitzung des Rundfunkrates zu einem weiteren Manöver. Manche Teil­neh­me­r:in­nen kritisierten in scharfen Worten, dass die anwesende Interimsintendantin Katrin Vernau nicht auf der Liste der Kan­di­da­t:in­nen erscheine, obwohl sie einen sehr guten Job mache.

Als der Vorstand des Rundfunkrates darauf aufmerksam machte, dass sich Vernau nicht offiziell beworben hatte, antwortete diese einerseits, dass sie erwartet habe, als aktuelle Intendantin automatisch auf der Liste zu sein, und andererseits, dass sie darauf gewartet habe, dass man sie einlade, sich zu bewerben. Um diese Situation auszuräumen, sollte der Rundfunkrat entscheiden, ob man Vernaus Kandidatur in letzter Minute doch noch zulässt. Die Wahl fiel zu Ungunsten Vernaus aus, ihre nachträgliche Bewerbung ist vom Tisch.

Als wäre dieses Personalchaos nicht genug, stellten die Rechnungshöfe der Länder Brandenburg und Berlin dem RBB Ende der Woche ein vernichtendes Zeugnis aus: Es gebe gravierende „systemische Mängel“, ein „Liquiditätsdefizit“ und „Mängel bei der Dokumentation von Unterlagen und Verträgen sowie der Erfassung von Zahlungen.“ Auch die Affäre Schlesinger ist nicht ausgestanden. Samstag meldete T-Online, dass ein an die Plattform durchgestochener Compliance-Bericht von November 2022 den Anfangsverdacht auf Korruption um die Berliner Messe ausräume. Ein Manöver von Team Schlesinger? Die neue Intendanz hat also viel Arbeit vor sich.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!