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Neue Erkenntnisse zum SUV-UnfallDer Fall ist noch nicht aufgeklärt

Gereon Asmuth
Kommentar von Gereon Asmuth

Der schreckliche SUV-Unfall mit vier Todesopfern soll auf einen Krampfanfall zurückzuführen sein. Doch bleiben viele Fragen offen.

Immer noch stilles Gedenken an der Unfallstelle (ein aktuelles Foto) Foto: Gereon Asmuth

E s war ein Krampf. Sechs Wochen nach dem schweren Unfall an der Invalidenstraße, ist der Fall aufgeklärt. Das zumindest war der Tenor der Berichterstattung, nachdem die Generalstaatsanwaltschaft am Mittwoch per Twitter bekannt gegeben hatte, dass nach derzeitigem Ermittlungsstand der Crash, bei dem es vier Todesopfer gab, „auf einen Krampfanfall zurückzuführen“ sein soll. Kein technischer Defekt am Wagen. Kein krasser Fehler des Fahrers. Sondern einfach nur eine fatale körperliche Reaktion? Schicksal also?

So einfach kann man das sehen – vor allem wenn man die heftige Kritik an den übermotorisierten SUV abwürgen will. Tatsächlich ist der Hergang des Unfalls alles andere als klar. Darauf weist nicht nur die Staatsanwaltschaft hin: „Die Ermittlungen dauern an.“

Da ist zum einen die Frage, ob der Fahrer sich überhaupt hinters Steuer hätte setzen dürfen. Ob ihm, da er regelmäßig Medikamente einnehmen musste, nicht hätte bewusst sein müssen, welche Gefahr wegen seines Gesundheitszustands bestand? Und ob die Regelung, wonach auch Epileptiker in bestimmten Fällen Auto fahren dürfen, nicht dringend überdacht werden muss.

Ungeklärt ist auch der genaue Unfallverlauf. Die vielleicht entscheidende Frage ist: Wann genau setzte der Krampf ein, sodass der Fahrer seinen Fuß nicht mehr vom Gaspedal bekam?

Beantwortung aller Fragen ist wichtig

Im einzig bekannten Video von dem Unfall sieht man folgende Situation: Die Fußgängerampel hinter der Kreuzung mit der Ackerstraße zeigte Rot für Fahrzeuge. Auf der Invalidenstraße warten daher mehrere Autos, als der Porsche von hinten auf der Gegenfahrbahn Richtung Ampel rast. Zuvor soll das Unfallfahrzeug laut Zeugenaussagen weiter hinten an der Invalidenstraße gestanden haben.

Hätte der Fahrer den Krampf erlitten, während er sich ordnungsgemäß in den Stau vor der Ampel eingereiht hätte, wäre er nach wenigen Metern auf ein vor ihm stehendes Fahrzeug gekracht – mit deutlich geringerer Geschwindigkeit. Ortskundige Anwohner, die immer noch an der mit Trauerblumen zur Gedenkstätte umfunktionierte Kreuzungsecke diskutieren, vermuten einen anderen Ablauf: Hat der Porschefahrer versucht, sich am Stau vorbeizumogeln, um vor der Ampel in die Ackerstraße abzubiegen? Hat er sich beeilen müssen, weil die Ampel auf Grün umsprang und wieder Gegenverkehr anrückte? Hat er dabei den Krampf erlitten und deshalb die Kurve nicht gekriegt? Stress gilt als ein Faktor, der epileptische Anfälle verursachen kann.

Die Beantwortung all dieser Fragen ist wichtig. Denn es geht keineswegs nur um Schuld und Sühne. Sondern um die Frage, welche Konsequenzen man aus dem Unfallgeschehen ziehen muss.

Mörderisches Tempo

Der Senat hat bereits angekündigt, bis Jahresende eine Tempo-30-Zone und Fahrradstreifen einzurichten. Beides ist absolut zu begrüßen. Doch beides hätte nach derzeitigem Erkenntnisstand den Unfall nicht verhindern können.

Der Porsche Macan, auch das haben die Ermittler jetzt berechnet, ist mit 104 Stundenkilometern gegen die Ampel und die dort stehenden Fußgänger gekracht. Nicht weil ein Tempo-30-Schild fehlt, sondern weil er es kann. Dank der wahnsinnigen Beschleunigung brauchte er genau 7 Sekunden – gut 100 Meter – um aus dem Stand auf dieses mörderische Tempo zu kommen.

Tatsächlich ist der Hergang des Unfalls alles andere als klar

Als im Frühjahr eine Boeing-Maschine wegen technischer Mängel abstürzte, wurde der Typ vom Markt genommen – aus Sicherheitsgründen. Aber, werden viele sagen, das ist ja ganz was anderes. Ist es das wirklich?

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Gereon Asmuth
Ressortleiter taz-Regie
Leiter des Regie-Ressorts, das die zentrale Planung der taz-Themen für Online und Print koordiniert. Seit 1995 bei der taz als Autor, CvD und ab 2005 Leiter der Berlin-Redaktion. 2012 bis 2019 Leiter der taz.eins-Redaktion, die die ersten fünf Seiten der gedruckten taz produziert. Hat in Bochum, Berlin und Barcelona Wirtschaft, Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation und ein wenig Kunst studiert. Mehr unter gereonasmuth.de. Bluesky:@gereonas.bsky.social Mastodon: @gereonas@social.anoxinon.de ex-Twitter: @gereonas Foto: Anke Phoebe Peters
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7 Kommentare

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  • „Und ob die Regelung, wonach auch Epileptiker in bestimmten Fällen Auto fahren dürfen, nicht dringend überdacht werden muss.“

    M. E. Sollte dringend überdacht werden, wer für die Tat schreiben darf. Einen schrecklichen Unfall zu instrumentalisieren, um gegen SUVs zu polemisieren ist schon sehr fragwürdig. Aber wegen eines Einzelfalls allen an Epilepsie erkrankten grundsätzlich das Autofahren abzusprechen, ist unterste Schublade.

    • 6G
      68514 (Profil gelöscht)
      @Tabus überall:

      Mmmh, aus meiner Sicht steht SUV platzhaltend für übermotorisierte Autos. Ist es wirklich sinnvoll, mit solchen boliden in Städten unterwegs zu sein? Viel Power verleitet durchaus dazu, diese auch zu nutzen, bzw. mit einer minimalen Bewegung des Fußes kann man große Energiemengen freisetzen, wobei sich mancher schon überschätzt hat. Letztlich ist in solchen Fällen immer der Mensch das Problem, sei es aus Unvermögen, Ignoranz, Selbsüberschätzung, Eitelkeit oder wie auch immer. Und mal ganz davon abgesehen, allgemeines tempolimit in Städten sollte 30 km/h betragen, auf zentralen Hauptstraßen kann ja durchaus auch mehr zugelassen werden. Aber realistisch betrachtet ist auf fast allen Nebenstraße heutzutage eh nicht mehr als 30 km/h möglich - vor allem in städtischen Wohngebieten. Aber auch in ländlichen Siedlungen ist es kaum anders.

    • @Tabus überall:

      Genauso ist es. Deutsche Hysterie.



      Und jetzt sind auch noch SUV (gefühlt allein) am Klimawandel Schuld. Mein SUV verbraucht 8,5l Normalbenzin auf 100km (als Hybrid). Die BMW Diesel SUV liegen bei vernünftiger Fahrweise deutlich unter 10l/100km. Da kann sich so manche alte Dreckschleudern hinten anstellen.

      • 6G
        68514 (Profil gelöscht)
        @MartinKlarblick:

        Ich hatte früher mal 'nen Citroen AX, den bin ich selbst im dicksten Stadtverhehr mit Stop&Go mit max. 6 l/100 km gefahren. Das Ding hatte aber auch nur 680 kg Leergewicht, also kein Vergleich zu den jetzigen Kisten. Und mit 'nem Dacia 1.6 16V bin ich heutzutage im dicksten Stadtverkehr mit 8 l / 100 km unterwegs, bei gleicher fahrweise wie mit dem AX früher. Also immer noch günstiger als mit dem von Ihnen erwähnten Hybrid-SUV. Von 'nem Hybrid-Fahrzeug hätte ich da bessere Werte erwartet. Aber da zeigt sich wieder die Auswirkung des großen Gewichtes.

  • 8G
    83492 (Profil gelöscht)

    "Sondern um die Frage, welche Konsequenzen man aus dem Unfallgeschehen ziehen muss."

    Es tut sich ja etwas.

    "Neuwagen sollen ab 2022 automatisch Geschwindigkeitsbegrenzungen erkennen und selbsttätig abbremsen. Unterhändler des Europaparlaments und der EU-Staaten einigten sich darauf, bestimmte Kontrollsysteme verpflichtend zu machen. Damit ebneten sie den Einstieg ins autonome Fahren. Eins der Systeme heißt „Intelligent Speed Assistance“ (ISA, Intelligente Geschwindigkeits-Assistenz). Durch eine Kombination aus Kameras und GPS erkennt das System Geschwindigkeitsbeschränkungen. Wenn der Fahrer nicht darauf reagiert, bremste es automatisch ab."



    (Genaugenommen soll nicht gebremst, sondern die Motorleistung reduziert werden.)

    Einen Unfall wie den hier beschrieben hätte das System aber wahrscheinlich nicht verhindert

    "Das System kann manuell abgeschaltet werden, indem der Fahrer das Gaspedal durchtritt, etwa im Überholvorgang."

    [1] www.haz.de/Nachric...-bremsen-Autos-aus

    • @83492 (Profil gelöscht):

      Die Erklärung geht schon in die richtige Richtung.

      Der Unfall hat mit SUV primär nichts zu tun.

      1. Grund: epileptischer Krampf des Fahrers, der Wagen stand, volles Durchtreten des Gaspedals



      2. Grund: Porsche Macan mit ca. 250-400PS und Automatik, 0-100 in 4-7 Sekunden je nach Variante

      Früher wäre der Fahrer mit 40 km/h im ersten gang gegen eine Laterne geprallt.

      Heute schaltet ist die Leistung so hoch, daß innerhalb von 90m von 0 auf 104 beschleunigt wird, die Automatik schaltet einfach hoch.

      Anderes Beispiel: Frau stirbt bei Fahrübungen mit einem Motorrad auf einem Privatparkplatz, nach "Drehen des Gasgriffs".



      Erklärung: von 0 km/h im Stand beschleunigen heutige Motorräder innerhalb von 30m auf über 100 km/h. Ein Schalten ist nicht notwendig, alles im ersten Gang.

      Sind solche Fahrzeuge noch beherrschbar?

      • @Claas Potthoff:

        Tool, was Sie so alles über Autos glauben zu wissen:



        "...mit 40 km/h im ersten gang(sic!)... " Selbst mein alter Fiesta 1.0 BJ 1985 fuhr im ersten Gang bid zu 50 km/h.



        "...innerhalb von 90m von 0 auf 104 beschleunigt..." ist eine Beschleunigung von 0,5g. Funktioniert nur unter idealen Bedingungen



        "...beschleunigen heutige Motorräder innerhalb von 30m auf über 100 km/h...", also mit 1,5g wie ein Formel 1 Rennwagen. Klar, dass sich da keiner mehr festhalten kann.



        Die Motoren/ Getriebe möchte ich mal sehen die dieses Drehmoment über diesen Drehzahlbereich zusammenbringen.