Neue Erkenntnisse zum SUV-Unfall: Der Fall ist noch nicht aufgeklärt
Der schreckliche SUV-Unfall mit vier Todesopfern soll auf einen Krampfanfall zurückzuführen sein. Doch bleiben viele Fragen offen.
E s war ein Krampf. Sechs Wochen nach dem schweren Unfall an der Invalidenstraße, ist der Fall aufgeklärt. Das zumindest war der Tenor der Berichterstattung, nachdem die Generalstaatsanwaltschaft am Mittwoch per Twitter bekannt gegeben hatte, dass nach derzeitigem Ermittlungsstand der Crash, bei dem es vier Todesopfer gab, „auf einen Krampfanfall zurückzuführen“ sein soll. Kein technischer Defekt am Wagen. Kein krasser Fehler des Fahrers. Sondern einfach nur eine fatale körperliche Reaktion? Schicksal also?
So einfach kann man das sehen – vor allem wenn man die heftige Kritik an den übermotorisierten SUV abwürgen will. Tatsächlich ist der Hergang des Unfalls alles andere als klar. Darauf weist nicht nur die Staatsanwaltschaft hin: „Die Ermittlungen dauern an.“
Da ist zum einen die Frage, ob der Fahrer sich überhaupt hinters Steuer hätte setzen dürfen. Ob ihm, da er regelmäßig Medikamente einnehmen musste, nicht hätte bewusst sein müssen, welche Gefahr wegen seines Gesundheitszustands bestand? Und ob die Regelung, wonach auch Epileptiker in bestimmten Fällen Auto fahren dürfen, nicht dringend überdacht werden muss.
Ungeklärt ist auch der genaue Unfallverlauf. Die vielleicht entscheidende Frage ist: Wann genau setzte der Krampf ein, sodass der Fahrer seinen Fuß nicht mehr vom Gaspedal bekam?
Beantwortung aller Fragen ist wichtig
Im einzig bekannten Video von dem Unfall sieht man folgende Situation: Die Fußgängerampel hinter der Kreuzung mit der Ackerstraße zeigte Rot für Fahrzeuge. Auf der Invalidenstraße warten daher mehrere Autos, als der Porsche von hinten auf der Gegenfahrbahn Richtung Ampel rast. Zuvor soll das Unfallfahrzeug laut Zeugenaussagen weiter hinten an der Invalidenstraße gestanden haben.
Hätte der Fahrer den Krampf erlitten, während er sich ordnungsgemäß in den Stau vor der Ampel eingereiht hätte, wäre er nach wenigen Metern auf ein vor ihm stehendes Fahrzeug gekracht – mit deutlich geringerer Geschwindigkeit. Ortskundige Anwohner, die immer noch an der mit Trauerblumen zur Gedenkstätte umfunktionierte Kreuzungsecke diskutieren, vermuten einen anderen Ablauf: Hat der Porschefahrer versucht, sich am Stau vorbeizumogeln, um vor der Ampel in die Ackerstraße abzubiegen? Hat er sich beeilen müssen, weil die Ampel auf Grün umsprang und wieder Gegenverkehr anrückte? Hat er dabei den Krampf erlitten und deshalb die Kurve nicht gekriegt? Stress gilt als ein Faktor, der epileptische Anfälle verursachen kann.
Die Beantwortung all dieser Fragen ist wichtig. Denn es geht keineswegs nur um Schuld und Sühne. Sondern um die Frage, welche Konsequenzen man aus dem Unfallgeschehen ziehen muss.
Mörderisches Tempo
Der Senat hat bereits angekündigt, bis Jahresende eine Tempo-30-Zone und Fahrradstreifen einzurichten. Beides ist absolut zu begrüßen. Doch beides hätte nach derzeitigem Erkenntnisstand den Unfall nicht verhindern können.
Der Porsche Macan, auch das haben die Ermittler jetzt berechnet, ist mit 104 Stundenkilometern gegen die Ampel und die dort stehenden Fußgänger gekracht. Nicht weil ein Tempo-30-Schild fehlt, sondern weil er es kann. Dank der wahnsinnigen Beschleunigung brauchte er genau 7 Sekunden – gut 100 Meter – um aus dem Stand auf dieses mörderische Tempo zu kommen.
Als im Frühjahr eine Boeing-Maschine wegen technischer Mängel abstürzte, wurde der Typ vom Markt genommen – aus Sicherheitsgründen. Aber, werden viele sagen, das ist ja ganz was anderes. Ist es das wirklich?
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