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Neue EnergiespeicherBetonfässer am Kranseil

Die Schweizer Firma Energy Vault nutzt ein ganz simples Prinzip für ihre Erfindung zur Stromspeicherung. Dafür ist viel Platz erforderlich.

Wenn es mit dem Stromspeichern klappt, macht erneuerbare Energie noch viel mehr Spaß Foto: dpa

Berlin taz | Aus physikalischer Sicht ist das Konzept banal: Hat man Strom im Überfluss, betreibt man einen Elektromotor, der mittels Seilwinde ein Gewicht emporzieht. Braucht man später Strom, lässt man die Masse wieder herunter, und der Elektromotor wird zum Generator.

Einen Stromspeicher nach diesem Prinzip hat die Schweizer Firma Energy Vault entwickelt. Das Unternehmen will wahlweise Stahlfässer, befüllt mit Bauschutt, oder auch Betonquader auf- und wieder abstapeln. Dies soll mit einem sechsarmigen Kran geschehen, der mehr als 100 Meter hoch ist – wie ein 35-stöckiges Hochhaus. Pendelbewegungen der Last bei Wind würden durch die Steuerung der Laufkatze vermieden, heißt es. So könne die Anlage bei Windgeschwindigkeiten bis 80 Kilometer pro Stunde arbeiten.

35 Tonnen soll jedes der Gewichte wiegen. Je nach Anzahl soll der Speicher eine elektrische Leistung von 2 bis 5 Megawatt und eine Speicherkapazität von 10 bis 35 Megawattstunden erreichen. Für 10 Megawattstunden seien 4.500 Betonquader nötig, rechnet die Firma vor. Sie preist das Verfahren auch als energetisch effizient: 90 Prozent der zuvor aufgenommenen Energie bekomme man wieder zurück. Um 10 Megawattstunden zu speichern, benötige man eine Fläche von 5.000 Quadratmetern.

Der in Berlin ansässige Bundesverband Energiespeicher (BVES) steht dem Konzept grundsätzlich positiv gegenüber: „Der mechanische Schwerkraftspeicher von Energy Vault ist ein weiteres gutes Beispiel für die Innovationskraft der Energiespeicherbranche und zur effizienten Stromspeicherung generell geeignet“, sagt eine Sprecherin. Ein Vorteil von Schwerkraftspeichern liege in der theoretisch beliebig großen Skalierung sowie der hohen Anzahl von Ladezyklen. Batteriespeicher hingegen verlieren im Laufe der Nutzung an Kapazität.

Konkurrierende Systeme

Über Schwerkraftspeicher denken auch andere Forscher nach. Ein alternatives Konzept (genannt: Lageenergiespeicher) beruht darauf, dass ein riesiger Felsblock durch Wasserdruck, den man mit Überschussstrom erzeugt, angehoben wird. Bei späterem Strombedarf wird der Wasserdruck genutzt, um Turbinen und damit Generatoren zu betreiben.

Trotz der theoretischen Machbarkeit solcher Schwerkraftspeicher weist der BVES dar­auf hin, dass sich „die Technologie noch in der Konzeptionsphase“ befinde und dass daher „konkrete Kosten noch nicht bezifferbar“ seien.

90 Prozent der zuvor aufgenommenen Energie soll man wieder zurück­bekommen

Gleichwohl verkündet die Firma Energy Vault bereits vollmundig, ihre Technik koste pro Kilowattstunde weniger als die Hälfte, verglichen mit konkurrierenden Speichersystemen. Sie wirbt damit, dass ihr Speicher unabhängig von Topografie und Rohstoffvorkommen auf der ganzen Welt eingesetzt werden könne.

Vor großen Ankündigungen schreckt das Unternehmen ­Energy Vault ohnehin nicht zurück. Firmenchef Robert Allen Piconi lässt sich mit der Aussage zitieren, er wolle mit der Firma an die US-Börse Nasdaq, „und das in nicht allzu ferner Zukunft“.

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15 Kommentare

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  • Endlich mal was innovatives. Die Aktionäre werden sicherlich ihre Freude dran haben.



    Wenn so etwas auch für den hausgebrauch gibt, kann sich jeder so ein Ding in den Garten stellen.



    Genial

    • @Demokrat:

      Die nutzbaren Energiemengen sind relativ klein und der Seilverschleiß ist zu groß. Hinzu kommt das teure Turmbauwerk - in natürlicher Berglandschaft ohnehin eine unnötige Investition.

  • 8G
    80576 (Profil gelöscht)

    Wow, sehr innovativ, ein Feststoffpumpspeicherwerk.

  • 9G
    90857 (Profil gelöscht)

    Ernst gemeint?

    [...] Vorgezogener Aprilscherz?

    Nach eher ernsthafter, an schnöder Physik und Ökonomie orientierten Analyse scheint die Sonne wohl nicht immer, und auch mit dem Wind ist es so eine Sache ...

    Mehr als 50 Prozent aus erneuerbaren Quellen sind nach ebenso ernsthaften Analysen (wer bietet mehr?) kaum möglich; über das Jahr gesehen; hierzulande.

    Der "Rest" bleibt dreckig ...

    Insofern ist das Thema der Speicherung in Überschusszeiten ein großes; nicht für Stunden oder Tage, sondern eher für das gesamte Winterhalbjahr.

    Kommentar gekürzt. Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen. Danke, die Moderation

    • @90857 (Profil gelöscht):

      KOmmt mir auch wie ein Vorgezogener Aprilscherz vor.

      Anders dazu gibt es ernstzunehmende, wirtschaftlich tragfähige Lösungen für die Energiespeicherung, teils erprobt, teil noch in der Entwicklung. Diese benötigt man, um 100% erneuerbare Energien zu erreichen.



      Eine einfache Art der Energiespeicherung besteht übrigens darin, bei Stommangel gewisse Produktionen (z.B. von Aluminium) zu unterbrechen, und das Endprodukt (Aluminium) aus dem Lager zu entnehmen.

      • 9G
        90857 (Profil gelöscht)
        @meerwind7:

        Klar, bestimmte Produktionen nur im Sommer -mit dann überschüssigem Solarstrom zuzulassen wäre eine theoretisch denkbare Möglichkeit;

        praktisch eher nicht, weil dies und abgesehen von der dann nötigen Strominfrastruktur wohl eine massive Einschränkung in diverse Freiheitsrechte bedeuten dürfte.

        Ernstzunehmende Lösungen zur Speicherung von Energie über ein ganzes Halbjahr dürften aktuell und primär Pumpspeicherwerke sein, die mit überschüssigem Strom Talsperren füllen.

        Dumm nur, wenn wie aktuell auch das Wasser in Teilen Deutschlands knapp ist.

  • Das ist aber nichts neues, und sicher nicht patentierbar.



    Das konnten schon Kuckucksuhren.



    Wie ist da wohl die Energieeffiezenz.



    Auch verglichen mit z.B. Bleiakkus, die in großen Hallen als Stromspeicher eingesetzt werden.



    Und Lithium.



    Vanadium-Redox-Akkumulatoren.



    Große Tanks mit Flüssigkeiten.



    Groß, schwer (Flüssigkeit)



    Also eher was für Hauskeller.



    Dafür aber sehr robust und relativ billig.

    Und wie viel Effizienz hätte man bei Druckluft. Es gab ja sogar mal eine Firma die ein Auto anbieten wollte.



    Mobil evtl. nicht so gut, aber als stationärer Speicher evtl. lohnend.

    Oder sogar einer mechanischen "Feder" (wie bei Uhren).



    Da vermute Ich eher keine hohe Effizienz.

  • Power2gas hat eine Reihe von Vorteilen, unter anderem, weniger Energie für Netzwerke zu verschlingen, als ein elektrischer Transport. Der große Haken bleibt die Effizienz. Ein Windrad produziert in seiner Lebenszeit netto vier weitere Windräder (laut neuesten Studien ein EROI von 4), das bedeutet, wenn Sie von 3 Windrädern ausgehen und für die Umwandlung in Gas 50% abziehen, produziert ein Windrad in seiner Lebenszeit 1,5 weitere. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es dafür genügen Standfläche und Wartungspersonal gibt. Wind kann auch mit Power2gas Öl nicht substituieren. Natürlich, es reicht am Anfang, die Rückgänge der Ölförderung auszugleichen, allerdings gewinnt man damit nur Zeit - und etliche Studien sehen im zweiten Teil nach Peak-Oil keine sanft auslaufende Glockenkurve sondern einen senkrechten Abfall.

    • @EricB:

      Ich habe mich auch mal ein wenig mit Power2gas beschäftigt und fand das Konzept zunächst durchaus attraktiv, da mir Ihre Windrad-Rechnung nicht bekannt war. Nur damit ich es richtig verstanden habe: Ein Windrad erzeugt in seiner Nutzungsdauer von typischerweise 20 Jahren ausreichend Energie, um 4 andere Windräder zu produzieren. Woher sind diese Zahlen? Das wäre in der Tat verheerend schlecht.

  • Der Primärenergieverbrauch Deutschland belief sich 2017 auf 13.525 Petajoule, das sind 3.756.966.444 Megawattstunden. Um diese Menge zu speichern, wären 4.500 x 277779 = 1.250.007.319, in Worten einemilliardezweihunderfünfzigmillionen, Betonquader à 35 Tonnen notwendig und 1.388.895.000qm oder 1.389qkm Fläche, ein 257stel der Fläche der Bundesrepublik. Für die Produktion der Quader alleine (ohne Gestelle, Wartung und Transport) würden 2.751 Megajoule x 1.250.007.319 Quader x 35 Tonnen notwendig, das sind 120.356.954.709.915 Megajoule oder 120.356 Petajoule also circa der zehnfache Primärenergieverbrauch der Bundesrepublik eines Jahres. [...]

    Kommentar entfernt, bitte bleiben Sie sachlich. Danke, die Moderation

    • @EricB:

      Es geht ja auch gar nicht darum den kompletten Primärenergieverbrauch, der sich auf den Verbrauch eines Jahres bezieht, in Form von Lageenergie zu speichern. Wozu auch? Sondern darum Überschüsse kurzfristig (eher Stunden als Tage) zu speichern um die nächste Lastspitze nicht mit fossiler Energie ausgleichen zu müssen. Um die benötigte Regelenergie in Beton zu speichern sollten eine drei- bis vierstellige Größenordnung an Quadern locker ausreichend sein.

    • @EricB:

      Etwas handlicher ausgedrückt: Eine Tonne in hundert Metern Höhe speichert die Energie von neun Gramm Wasserstoff.

  • Übrig bleibt das Energie-Transportproblem. Speicherung und Transport löst nur power2gas in seinen verschiedenen Varianten.

    • @Gregor Tobias:

      Allerdings bisher bei überaus schlechtem Wirkungsgrad.

  • Also erstmal, die hydraulischen Energiespeicher gibts schon seit mehr als hundert Jahren, das ist absolut kein Neuland. Genau wie mechanische Potenzialenergiespeicher ist allerdings das Speichevolumen begrenzt, ein 35 to Block speichert bei 100 m Höhe gerade mal 9,5 kWh., entsprechend etwa 1 Euro Strom. Die Rückgewinnung der Energie wird auch Schwierigkeiten bereiten da Anfahren und Abbremsen notwendig sind und die Fallgeschwindigkeit begrenzt werden muss. Ich glaube nicht dass das wirtschaftlich realisiert werden kann. Und dann sollte man mal an die globale Energiebilanz einer solchen Anlage nachdenken.



    Aber, warum schreibe ich das eigentlich. Die Leser und die Redakteure der taz glauben dass man Braunkohle durch Wind- und Solarenergie ersetzen kann was eigentlich nur zeigt dass da ein erheblicher Nachholbedarf im Bereich Physik und INgenieurwissenschaft besteht. Beides Bereiche, in denen Linke und Grüne sehr stark unterrepräsentiert sind.