Neue App für Geflüchtete: Suchthilfe in fünf Sprachen
Die App „Guidance“ soll Geflüchteten helfen, Wege aus der Drogenabhängigkeit zu finden. Die Kassen zahlen auch teure Maßnahmen wie Substitution.
Der Name „Guidance“ ist Programm: Die kostenlose App, die am Freitag vorgestellt wurde, soll eine Art Wegweiser für Berliner Geflüchtete zu Hilfs- und Beratungsangeboten für Suchtmittelgefährdete und -abhängige sein. „Wir erhoffen uns dadurch einen leichteren Einstieg für Betroffene, aber auch für Personal etwa in den Wohnheimen, die mit Betroffenen zu tun haben“, erklärte Panagiotis Stylianopoulos, Projektleiter der gleichnamigen Beratungsstelle für Geflüchtete unter dem Dach des Notdiensts Berlin.
Die Beratungsstelle gibt es seit Oktober, der Andrang sei enorm, berichtete Stylianopoulos. Mit 170 Geflüchteten habe man 2017 insgesamt 1.530 Gespräche geführt, in über 50 Prozent der Fälle gehe es um Heroin, gefolgt von Cannabis und Haschisch. Aber auch Partydrogen und Alkohol seien Thema. Die meisten Betreuten kämen aus dem Iran (31 Prozent), aus Syrien (23) und Afghanistan (19).
Sucht ist schambelastet
Guidance bietet Beratungsgespräche mit Dolmetschern, aber auch Gruppengespräche an. Bedürftigen werden zudem medizinische Hilfen vermittelt wie Entgiftung, Substitution, Therapie. Dass es solche weitreichenden, teuren Angebote für Geflüchtete überhaupt gibt, ist nicht selbstverständlich: Asylbewerber bekommen laut Gesetz nur akute, medizinisch notwendige Behandlungen von der Krankenkasse bezahlt, alles Weitergehende muss vom Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) extra genehmigt werden. „Aber das hat immer geklappt“, freut sich Stylianopoulos, das LAF habe bislang alle Anträge bewilligt.
Schwieriger sei es mit der Hilfe für Geflüchtete, die keine Papiere haben oder ausreisepflichtig sind – oder bei EU-Bürgern, die keinen Anspruch auf Kassenleistungen haben. „Hier gibt es meistens keine Therapie- oder Substitutionsmöglichkeit“, gibt Stylianopoulos zu, da könnten sie nur weitervermitteln, etwa an das Medi Büro, das eigens Hilfen für Papierlose organisiert.
Bislang ist Guidance in den Heimen durch Poster und Flyer bekannt geworden. Stylianopoulos hat zudem die üblichen Institutionen auf das Projekt aufmerksam gemacht. Die neue Suchthilfe-App in fünf Sprachen (Persisch, Arabisch, Englisch, Französisch, Deutsch) soll ein weiterer Zugangsweg sein. „Das ist ja ein schambelastetes Thema, da will mancher vielleicht erst mal, ohne zu reden, ran.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pro und Contra Letzte Generation
Ist die Letzte Generation gescheitert?
Elon Musk torpediert Haushaltseinigung
Schützt die Demokratien vor den Superreichen!
Die Linke im Bundestagswahlkampf
Kleine Partei, großer Anspruch
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Studie zum Tempolimit
Es könnte so einfach sein
Fragestunde mit Wladimir Putin
Ein Krieg aus Langeweile?