Netzspionage durch die USA: Doch nicht besser als die Chinesen

Regelmäßig werfen die USA China Netzspionage vor. Nach dem Überwachungsskandal wird nun eine NSA-Einheit bekannt, die sich jahrelang in chinesische Netze hackte.

Wer hat mehr E-Mails mitgelesen? Chinas Präsident Xi und US-Präsident Obama Bild: reuters

PEKING dpa | Sollte die chinesische First Lady Peng Liyuan aufhören, ihr iPhone zu benutzen? Die Frau des neuen chinesischen Staats- und Parteichefs Xi Jinping, die jüngst beim Staatsbesuch in Mexiko mit einem iPhone fotografierend gesehen wurde, könnte damit eine großes Sicherheitsrisiko eingehen. Nach den Berichten über massive amerikanische Computerspionage warnen chinesische Internetnutzer, dass private Fotos der Präsidentengattin und alle Informationen, die über Apples Server laufen, direkt beim amerikanischen Abhördienst NSA landen könnten.

Seit Jahren werfen die USA chinesischen Hackern und Spezialisten der Volksbefreiungsarmee vor, in US-Computersysteme einzubrechen, um geheime Informationen oder gar Blaupausen von US-Waffensystemen auszuspionieren. Chinas Regierung beklagt umgekehrt, selbst Opfer von Computerattacken zu sein. „Wir haben massenweise Daten, um den USA Vorwürfe zu machen. Aber das wäre nicht hilfreich, um das Problem zu lösen“, sagte vor den Enthüllungen vergangene Woche der Spitzenbeamte der chinesischen Internetverwaltung, Huang Chengqing, vielsagend.

Die chinesische These, dass die USA auch Täter seien, stützte der ehemalige amerikanische Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden, als er eine weitreichende Computerspionage der USA beschrieb: „Wir hacken jeden überall.“ Mit geheimen Dokumenten über das NSA-Programm „PRISM“ zur Sammlung von Daten direkt bei den Internet-Firmen flüchtete der 29-Jährige ausgerechnet in die chinesische Sonderverwaltungsregion Hongkong.

Wie der amerikanische Geheimdienst die Chinesen ausspioniere, beschrieb am Dienstag auch das US-Magazin Foreign Policy in einem Bericht über eine mysteriöse NSA-Einheit namens „Office of Tailored Access Operations“, übersetzt etwa „Büro für zugeschnittene Zugriffe“, oder kurz TAO. Die Spezialtruppe „ist seit fast 15 Jahren erfolgreich in chinesische Computer- und Telekommunikationssysteme eingedrungen und hat einige der besten und verlässlichsten Geheimdienstinformationen darüber hervorgebracht, was innerhalb der Volksrepublik vorgeht“, schreibt das Blatt.

Mehr als 1.000 NSA-Hacker

Die TAO-Hacker klauten nicht nur Passwörter, Daten von Festplatten und E-Mails, sondern könnten auch ausländische Computer- und Telekom-Netze komplett lahmgelegen, wenn US-Präsident Barack Obama den Befehl zum Angriff gebe, schreibt Foreign Policy. Mehr als 1.000 zivile und militärische Hacker, Spezialisten, Ingenieure und Techniker arbeiteten in der Abteilung, die sich „zum wichtigsten Teil“ des riesigen Abhördienstes NSA entwickelt habe.

Chinas Regierung dürften die Cyber-Aktivitäten der Amerikaner nicht verborgen geblieben sein. Doch kann sich Peking gelassen zurückhalten, während der Spionage-Skandal weltweit Empörung auslöst und dunkle Schatten auf das Weiße Haus und die amerikanische Demokratie wirft. Ironie des Schicksals ist, dass die USA jetzt ausgerechnet von Hongkong und indirekt auch von Peking eine Auslieferung des Informanten Snowden beantragen müssten.

Chinesische Internetnutzer witzelten, dass früher politisch verfolgte Chinesen in den USA um Asyl gebeten hätten, aber jetzt auf einmal ein US-Bürger unter dem Dach chinesischer Souveränität Schutz vor Verfolgung suche. Da die Chinesen in der Volksrepublik selbst unter ständiger Bespitzelung durch die allgegenwärtigen Sicherheitsorgane leiden, wird Snowden im Internet als „Held“ und wahrer Patriot gefeiert. „Was er getan hat, zeigt, dass er sich wirklich um sein Land und seine Mitbürger sorgt. Jedes Land braucht so jemanden!“, schreibt ein Nutzer.

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