talk of the town
: Schlecht verbunden

Ist das Internet langsamer, als der Provider versprochen hat, darf man den Preis mindern. Das ist gar nicht so selten der Fall, meldet jetzt die Bundesnetzagentur

Nichts lädt, nichts funktioniert – da kann man schon einmal durchdrehen Foto: Petra Herbert/Plainpicture

Von Svenja Bergt

Für die meisten Ver­brau­che­r:in­nen dürfte es Alltag sein: Internet, das hakt, zwischenzeitlich komplett ausfällt, deutlich langsamer ist als versprochen, und das Einzige, was zuverlässig funktioniert, ist die Warteschleifenmusik des Anbieters. Den Erste-Hilfe-Kasten haben die Betroffenen direkt griffbereit: Router neu starten, Netzwerkkabel rein statt WLAN an, Videokonferenzen nicht auf Abende legen, wenn die Nachbarn streamen und viel, viel fluchen. Der Effekt ist bei den meisten der Maßnahmen überschaubar, aber man hat zumindest das Gefühl, etwas getan zu haben.

Aber nun gibt es seit Dezember ein neues Mittel im Erste-Hilfe-Kasten: ein Minderungsrecht. Klingt profan, heißt aber im Detail: Ist das Internet langsamer, als der Provider in seiner unendlichen Bis-zu-Großzügigkeit versprochen hat, haben Nut­ze­r:in­nen das Recht, den zu zahlenden Preis zu mindern. Alternativ dürfen sie kündigen – was natürlich für Genugtuung sorgen kann, aber nicht unbedingt für einen besseren Internetanschluss.

Wer den Verdacht hat, selbst von zu schlechtem Netz betroffen zu sein, geht also folgendermaßen vor: Auf der Seite breitbandmessung.de der Bundesnetzagentur die Software herunterladen und losmessen. Wenn sich der Verdacht bestätigt, kann man eine Messkampagne starten: Nötig sind dafür jeweils zehn Messungen an drei unterschiedlichen Tagen, dazwischen muss es mindestens einen Tag Abstand geben, aber längstens darf sich alles auf 14 Tage verteilen. Zwischen den einzelnen Messungen sind mindestens 5 Minuten Abstand nötig und zwischen Messung 5 und 6 mindestens 3 Stunden.

Ja, das ist Aufwand. Und das heißt: Die knapp 15.000 Mess­protokolle, die die Bundesnetzagentur seit Dezember gezählt hat und von denen fast alle einen Minderungsanspruch begründen, sind nicht Ergebnis beiläufigen Ausprobierens. Da sind wirklich Kun­d:in­nen nachhaltig unzufrieden und investieren einiges an Zeit und Energie für einen ungewissen Ausgang. Denn dann kommt noch die Rechenaufgabe: herausfinden, ob ein Minderungsrecht besteht. Auch das definiert die Bundesnetzagentur. Und zwar: Wenn bei einem Festnetz-Breitbandanschluss an zwei der Mess­tage jeweils mindestens einmal 90 Prozent der im Vertrag zugesagten Maximalgeschwindigkeit nicht erreicht werden; wenn die normalerweise verfügbare Geschwindigkeit nicht in 90 Prozent der Messungen erreicht wird; oder wenn die vertraglich vereinbarte Mindestgeschwindigkeit an zwei Messtagen unterschritten wird.

Für einen ungewissen Ausgang muss Zeit und Energie investiert werden

Mit den Messwerten kann man beim eigenen Provider vorstellig werden. Der bietet dann ein paar Euro Rabatt. Und der:­die Kun­d:in muss sich über­legen: Nehme ich, was er mir anbietet? Oder ist das zu wenig? Denn das Minderungsrecht hängt prozentual an der Leistung: Erreicht die beispielsweise nur 70 Prozent des vertraglich Zugesagten, müsste es 30 Prozent Nachlass geben. Noch eine Rechenaufgabe. Und der Klageweg, falls der Provider sich querstellt. Die meisten Nut­ze­r:in­nen werden also den Kulanzrabatt nehmen und auch davon absehen, Schadensersatz zu verlangen. Das wäre etwa dann denkbar, wenn Zusatzkosten entstanden sind, weil man auf mobiles Internet ausweichen musste.

Nun sind ein paar Euro mehr jeden Monat nicht schlecht. Allerdings: Davon wird die Verbindung nicht weniger ruckelig oder schneller oder zuverlässiger. Die Netzanbindung bleibt so grottig bis mittelmäßig wie zuvor, nur ist das Preis-Leistungs-Verhältnis dann etwas weniger mies. Dafür, dass das Gesetz einst aus der Union als „Zaubertrank für den Ausbau der digitalen Infrastruktur“ gepriesen wurde, ist das allerdings ziemlich mau.